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Ein Zug, der an...

Ausgabe Nummer 16 vom 19. April 2009

Ein Zug, der an verschiedenen Stationen Halt macht

Pfarrer in der Diaspora: Dr. Christof May Foto: privat

„Bereitschaft zur Bewegung“: Pilotraum Wetzlar-Süd trifft sich am 7. Mai zum „großen Ratschlag“

Geistliche Gemeinschaft, Katechese, Caritas, Glaubensbiotope, Ämter, Dienste, Charismen, synodales Miteinander, Verwaltung: Um dieses Themenspektrum geht es bei dem Bistumsprozess „Bereitschaft zur Bewegung“. Wie gehen Katholiken in der Diaspora damit um? Fragen an Dr. Christof May, priesterlicher Leiter des Pastoralen Raums Wetzlar-Süd.

Frage: Pfarrer Dr. May, der Pastorale Raum Wetzlar-Süd ist einer von sechs Piloträumen, die im Bistum Limburg neue Wege in der Seelsorge erkunden. In einer „Zukunftswerkstatt“ haben Sie sich Gedanken gemacht um Daten, Fakten und Schritte der nächsten Jahre. Lassen sich daraus bereits Leitbilder für die zukünftige Pastoral ableiten?

May: Damit wäre die „Zukunftswerkstatt“ überfordert gewesen. Konkrete Leitbilder lassen sich gewiss noch nicht ableiten. Nach diesem Treffen hat die Wallfahrt nach Israel stattgefunden („Der Sonntag“ berichtete). Ich meine, dass sich aus den dort gemachten Erfahrungen und den Ideen, die bereits in der Zukunftswerkstatt aufkamen, eine ungefähre Fahrtrichtung für unser Pilotprojekt ergibt. Interessanterweise scheint es einen großen Bedarf an einer persönlichen Glaubensvertiefung und einem intensivierten Glaubensaustausch zu geben.

Vorrangig steht nicht die Frage, wie viele Katholiken wir in unserem Pastoralen Raum in zehn oder 15 Jahren haben werden. Vielmehr geht es darum, wie diejenigen, die katholisch sind, ihren Glauben verstehen und im Alltag leben.

Die Katholiken in der Region Wetzlar leben in einer Diaspora- Situation. Ist es da schwieriger als anderswo, Ehrenamtliche zu gewinnen?

Die Diaspora-Situation scheint mir kein Alleinstellungsmerkmal unseres Pastoralen Raums zu sein. Selbst jene Gegenden, die man als katholisch geprägt bezeichnen würde, fi nden sich in Diaspora-ähnlichen Kontexten vor. Gewiss konnte man vor einigen Jahrzehnten noch von einer typischen Diasporagegend reden, in der die Katholiken gegenüber den evangelischen Christen eine verschwindend kleine Minderheit bildeten. Ich denke und vermute, dass katholische Christen damals mit einer Haltung des „jetzt erst recht“ ehrenamtlich tätig wurden. Der Glaube musste behauptet und gezeigt werden.

Heute wird von vielen die Diaspora als solche nicht erkannt. Überspitzt formuliert, scheinen wir uns immer mehr auf eine ökumenische Haltung des gegenseitigen „laisser faire“ zuzubewegen.

Vielleicht ist es vor der Frage der Gewinnung von Ehrenamtlichen wichtiger, zu schauen, wie Menschen wieder vom katholischen Glauben berührt und angesprochen werden. Anders ausgedrückt: Ich meine, wenn jemand von seinem Glauben fest überzeugt ist, dann wird er auch gerne bereit, dafür etwas zu investieren.

Wie gelingt es Ihnen, Menschen für den Bistumsprozess „Bereitschaft zur Bewegung“ zu interessieren?

Natürlich haben wir mit unserem Pastoralteam und der Lenkungsgruppe zunächst die verschiedenen Ehrenamtlichen unseres Raums gezielt angesprochen, ob sie sich vorstellen, am Pilotprojekt teilzunehmen. Das haben wir mit einem großen Treffen aller Gremien am 31. Januar begonnen. Einige waren spontan interessiert, andere argumentierten zu Recht damit, dass sie bereits einige Aufgaben im pfarrlichen Alltag wahrnehmen.

Neben der guten Öffentlichkeitsarbeit in der Presse spielt meines Erachtens die persönliche Ansprache eine große Rolle. Wenn wir den Menschen plausibel machen können, dass sie sich durch ihre Mitarbeit nicht „zeitlebens bis in alle Ewigkeit“ an ein Ehrenamt binden, sondern lediglich für 18 Monate in einem der Themenfelder verorten, fällt eine Zusage oftmals leichter. Zum Glück handelt es sich um einen Prozess der Bewegung, gleichsam ein Zug, der an verschiedenen Stationen Halt macht, an denen neue Interessierte einsteigen, gegebenenfalls auch andere aussteigen können, die nicht mehr mitkommen wollen. Im Laufe des Prozesses werden gewiss noch Menschen hinzustoßen, die sich vorstellen können, in einer Projektgruppe mitzuarbeiten, da sie sich von dem jeweiligen Thema angesprochen fühlen. Bereits heute in sich abgeschlossene Projektgruppen würde die Bereitschaft zur Bewegung in sich zu einem Widerspruch machen.

Sie haben bei der Zukunftswerkstatt darum gebeten, Ihnen Hoffnungen und Wünsche für das kirchliche Leben in zehn Jahren zu schreiben. Welche Erwartungen werden da geäußert?

Die Erwartungen und Wünsche bedienen ein weites Spektrum: Einige wünschen sich einen intensiveren Austausch zwischen den Konfessionen; für andere steht eine persönliche Glaubensvertiefung fundamental am Anfang, damit wir für unseren Glauben Rede und Antwort stehen können; andere orientieren sich am Ideal der Urgemeinde, alles miteinander zu haben und alles zu teilen, miteinander und füreinander in den Grundvollzügen des kirchlichen Lebens einzustehen. Ein wichtiges Feld ist die Frage von Familien-, Jugend- und Kinderpastoral. Zudem stellt sich für manche die Frage, welche Rolle zukünftig den Laien in der Kirche zukommen wird.

Jeder der sechs Piloträume – neben Wetzlar-Süd sind dies Dillenburg, Rennerod, Bad Camberg, Wiesbaden-City sowie Frankfurt-City/Ostend/ Nordend – wird in dem Bistumsprozess „Bereitschaft zur Bewegung“ von einem externen Begleiter unterstützt. Was genau ist dessen Aufgabe?

Was auf weltkirchlicher Ebene zwischen Rom und der Ortskirche der Nuntius, ist – etwas salopp formuliert – beim Bistumsprozess „Bereitschaft zur Bewegung“ der externe Begleiter. Seine Hauptaufgabe besteht darin, uns immer wieder an die inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben zu erinnern. Zugleich moderiert er den Prozess. Konkret bedeutet das, dass wir uns momentan cirka alle zwei Wochen mit der Lenkungsgruppe treffen, um das bereits Erarbeitete zu sichten und die nächsten Schritte zu gehen. Als Begleiter ist uns Herr Christoph Diringer an die Seite gestellt, der sich bisher sehr engagiert in die „Bereitschaft zu Bewegung“ eingebracht hat.

Sie haben mit vielen Ehrenamtlichen aus dem Pilotraum Wetzlar-Süd an der Wallfahrt ins Heilige Land mit Bischof Tebartz- van Elst teilgenommen. Mit welchen Erfahrungen, mit welchen Erkenntnissen sind Sie zurückgekommen?

Um es mit einem Satz ins Wort zu heben: Vor dem Tun steht das Gebet, das Hören des Wortes Gottes! Es ging uns nicht darum, mit konkreten Ideen nach Hause zu kommen, wie die Kirche in unserem Pastoralen Raum in eineinhalb Jahren aussehen soll. Indes haben wir wieder neu gelernt, dass es zunächst gilt, auf das zu hören und dem nachzugehen, wie die Zukunftsgestalt der Kirche von der Verheißung Gottes her gedacht werden kann.

Welche konkreten Schritte in der Realität ergeben sich in der nächsten Zukunft daraus?

Wir haben mittlerweile für alle Themenbereiche interessierte Menschen gefunden. Wir werden uns am 7. Mai zum „großen Ratschlag“ treffen, bei dem es vor allem um die Frage gehen wird, wer sich für welche Gruppe verantwortlich zeichnen wird. Nach der Konstituierung der Gruppen geht die Bewegung in zwei Richtungen weiter: Zum einen werden wir versuchen, dem „Gerippe“ der Themen mehr greifbare Inhalte zu geben, indem wir die Themen auf unsere Situation vor Ort hin spezifizieren. Zugleich werden wir weiter nach Menschen suchen, die für die sich konkretisierenden Themenbereiche zur Mitarbeit ansprechbar sind.

Interview: Heike Kaiser

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