Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Taufe – wie neu geboren

Auf der Suche nach dem Sinn

Hätte bis vor Kurzem nie gedacht, dass die Bibel ein so interessantes Buch ist: Kerstin Oder. Foto: Barbara Brüning

Kerstin Oder lässt sich mit 40 Jahren taufen

Von Barbara Brüning

Alles wirkt ruhig und entspannt in der geräumigen Wohnung in Ginnheim jenseits der hektischen Hügelstraße. Ein Kruzifix hängt über der Tür. Schön verzierte Taufkerzen stehen im Regal. Alles deutet auf einen „gut katholischen“ Haushalt.

Aber Kerstin Oder möchte erst noch katholisch werden. Das christliche Ambiente der Wohnung kommt von ihrem Mann, der praktizierender Katholik ist und regelmäßig Gottesdienste „musikalisch umrahmt“. Sie selbst kommt aus „dem Ostteil des Landes“, wie sie sagt. Sie ist völlig ohne Religion groß geworden.

Ja, sagt die 40-jährige Mutter, es sei ihr schon alles sehr merkwürdig vorgekommen, was da in den Gottesdiensten geschieht. Und eigentlich hatte sie auch nicht das Bedürfnis, sich näher damit zu beschäftigen. Es sei immer klar gewesen, dass das die Sache ihres Mannes sei. Er habe sie auch nie gedrängt, sich mit dem Glauben zu beschäftigen.

„Ich bin wie ein Kind da reingewachsen.“
Kerstin Oder

Aber ihre beiden Söhne sind getauft, und als Eric im letzten Jahr zur Kommunion gehen sollte, da ist die ganze Familie häufig mit zu den Kinderwortgottesdiensten gegangen. Schon im Vorfeld hatten sie sich die Gemeinden im Umkreis angesehen und sich für St. Josef in Eschersheim entschieden. „Es sollte zu uns passen, auch von der Stimmung her“, erklärt sie. Das Suchen hat sich gelohnt. „Die Kinderwortgottesdienste und die Familienmessen von Pater Zé Fernando Bonini haben etwas in Bewegung gesetzt“, erzählt die Bankangestellte. Es habe auch etwas mit Sinnsuche zu tun, räumt sie ein, aber der Auslöser war die Begegnung mit Bonini und dieser aktiven Gemeinde. „Ich bin wie ein Kind da reingewachsen. Aber bewusst. Es hat mich niemand gedrängt.“ Es sei eine ganz neue Dimension in ihrem Leben, die sich aufgetan habe. Vorher hätte die 40-Jährige nie geglaubt, dass es so interessant sein könnte, die Bibel zu lesen.

Aber der Reihe nach: Gerade als sie angefangen hatte, ernsthaft darüber nachzudenken, katholisch zu werden, da stand im Pfarrblatt die Ankündigung eines Taufkurses für Erwachsene. Mit Telefonnummer. „Es war Zufall und es kam im rechten Moment.“ Sie hatte noch gar nicht gewusst, dass es so etwas gibt. Rief an und besucht nun seit September im Frankfurter Haus am Dom den Taufkurs. Etwa alle zwei Wochen treffen sich die Taufkandidaten. Vor Ostern kommen noch ein paar Samstage dazu.

„Es löst hauptsächlich Erstaunen aus.“
Kerstin Oder

Einen Samstag hat die Gruppe in Hofheim im Exerzitienhaus St. Josef verbracht. „Es ging um Beten und Meditation. Und wie man sich Bibelgeschichten erschließen kann,“ erzählt Kerstin Oder. „Wir sind etwa 20, die demnächst getauft werden. Manche sind erst Anfang 20, manche älter als ich.“ Die meisten werden in der Osternacht getauft. Kerstin Oder selbst hat sich anders entschieden. Sie wird das Sakrament in kleinem Kreis in Köln empfangen. Der Pfarrer ist ein enger Freund der Familie, der sie schon getraut und auch einen ihrer Söhne getauft hat. Sie möchte, dass die Kinder die Feier intensiv erleben können.

Mit ihren Freunden oder Kolleginnen hat Oder bislang kaum über das bevorstehende Ereignis gesprochen. „Ich habe das bis jetzt eher geheim gehalten. Ich habe es Leuten erzählt, die selber katholisch sind. Und die finden das erstaunlich, dass so was möglich ist. Aber sie freuen sich natürlich darüber.“ Sie berichtet, dass andere aus dem Kurs es im Freundeskreis erzählt hätten und das Gefühl hatten, belächelt zu werden. „Es löst hauptsächlich Erstaunen aus – und dieses Erstaunen scheint sich vor allem auf die Tatsache zu beziehen, dass sie auch noch bereit sind, Kirchensteuer zu zahlen.“

„Es ist für sie so wie für mich am Anfang: eine total fremde Welt.“
Kerstin Oder

Ihre Eltern akzeptieren ihre Entscheidung. „Aber es ist für sie so wie für mich am Anfang: eine total fremde Welt“, berichtet Kerstin Oder. Einer aber freut sich besonders. „Ich bin ganz stolz. Weil es ein Weg ist, den in dieser Konsequenz nicht jeder geht“, sagt ihr Mann. Er entdecke neue Facetten bei seiner Frau, gesteht er. Jetzt ist er froh, dass er ihr jede Freiheit gelassen und sie sich aus eigenem Antrieb auf den Weg gemacht hat.

Nachgefragt

Solveig Jungbluth aus Wirges Foto: privat

Fundament für den Glaubensweg

Solveig Jungbluth aus Wirges ist seit 1992 mit ihrem Mann Ulrich verheiratet. Das Ehepaar hat drei Kinder: Sören wurde 1999 geboren, Lasse 2002. Im letzten Dezember kam Malte auf die Welt.

Frage: Warum lassen Sie Ihr Kind taufen, was sind Ihre Beweggründe?

Jungbluth: Die Taufe von Malte ist für uns das Fundament für seinen Lebensweg-Glaubensweg. Wir wünschen uns für Malte, dass er in die Gemeinde aufgenommen wird, indem er Vertrauen und Halt im Glauben findet.

Welche Rolle spielt der Glaube für Sie persönlich?

Der Glaube wurde für uns als Eltern mit den Kindern lebendiger. Wir sammelten Erfahrungen in einem Familienkreis, nehmen an Kinderwortgottesdiensten teil und haben sie auch schon mitgestaltet. 2009 empfing unser Sohn Sören die Erste Heilige Kommunion. Es war für uns als Familie eine sehr intensive Zeit, ihn zu begleiten und zu unterstützen.

Wie bereiten Sie sich auf die Taufe vor? Taufgespräch, Taufgruppe …

In Absprache mit dem Paten wird der Termin festgelegt. Mit dem Pfarrer führen wir ein Taufgespräch. Und wir gestalten die Taufkerze.

Wie nimmt die Gemeinde Anteil an der Taufe eines neuen Gemeindemitglieds?

Indem es im Gottesdienst bekannt gegeben wird durch den Pfarrer, dass ein neues Gemeindemitglied in den Glauben aufgenommen wird.

Gibt es für Sie die Möglichkeit, die Tauffeier selbst mitzugestalten oder einzelne Elemente auszuwählen?

Ja. Die Mitgestaltung des Gottesdienstes wird mit dem Pfarrer abgesprochen: Auswahl eines Leitspruches durch die Eltern, Fürbitten können von Familienmitgliedern gesprochen werden.

Was sind Ihre Kriterien bei der Wahl der Taufpaten? Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem Patenamt?

Bei der Auswahl des Paten ist es uns wichtig, dass eine gute Beziehung/ein guter Bezug zur Familie besteht. Es sollte die Bereitschaft da sein, für das Kind Zeit und Geduld zu haben, zum Beispiel für gemeinsame Unternehmungen und Gespräche. Eine Patenschaft sollte keine materielle Verpflichtung sein. Interview: Gertrud Fritz

Zur Sache

„Sich aufmachen und kommen“

21 Erwachsene aus dem Bistum Limburg feierten am vergangenen Sonntag in Limburger Dom ihre Zulassung zur Taufe. 2008 gab es im Bistum 145 Erwachsenentaufen. Unterstützt werden Taufbewerber auf ihrem Weg zum Glauben durch spezielle Kurse sowie durch eine Initiative der katholischen Kirche: Unter dem Titel „Mach Dich auf und komm!“ bieten die Bistümer Freiburg, Fulda, Limburg, Mainz, Rottenburg-Stuttgart, Speyer und Trier Antworten zu Fragen rund um den Kirchen(wieder)eintritt.

www.mach-dich-auf-und.com
Weitere Information: www.erwachsenentaufe.de; Auskünfte auch unter der Telefonnummer 01801/301010, Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, zum Ortstarif

So gesehen

Zeugnis geben

Für viele Christen ist der Glauben eine reine Privatangelegenheit. Am Arbeitsplatz oder in der Freizeit wird darüber meist wenig gesprochen. Um so mehr Respekt nötigen mir die Erwachsenen ab, die sich taufen lassen. Sie geben öffentlich ein Glaubens-Zeugnis ab, obwohl sie vielleicht auch belächelt werden. Und sie lassen auch mehr oder wenige treue Kirchgänger nachdenklich werden. Ich erinnere mich an eine andere Begebenheit: Als vor gut einem Jahr in meiner Gemeinde eine junge Frau getauft wurde, wurden sogar einige sonst so coole Firmbewerber ganz still. Später sprachen sie von einem besonderen Höhepunkt während ihrer Firmvorbereitung.
Bernhard Perrefort

Stichwort

Sich in die Kirche einleben

Der Katechumenat ist die mehrmonatige Vorbereitungszeit auf die Taufe. Er beschreibt seit den Anfängen des Christentums den Prozess des Kennenlernens und Einlebens in die Kirche. Erwachsene, die im Katechumenat sind, heißen Katechumenen. Das griechische Wort „Katechumenos“ lässt sich mit „Lernender“ übersetzen. Als „erwachsen“ gelten Taufbewerber ab 14 Jahren.

In einer ersten Feier werden die Taufbewerber der jeweiligen Gemeinde vorgestellt und in den Katechumenat aufgenommen. Dabei werden sie mit Katechumenenöl gesalbt – vergleichbar der Salbung mit Chrisam bei Taufe und Firmung. Zudem wird ihnen der Text des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers überreicht.

Ist in den Katechumenen die Entscheidung gereift, sich taufen zu lassen, werden sie zu Beginn der Fastenzeit vom Bischof feierlich zur Taufe zugelassen. Damit beginnt die intensive Phase der Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente der Eingliederung in die Kirche: Neben der Taufe sind dies auch Firmung (Stärkung mit dem Heiligen Geist) und der Eucharistie (Erste Heilige Kommunion). Die Sakramente werden – wenn möglich – in der Feier der Osternacht gespendetl. Der Priester spendet im Auftrag des Diözesanbischofs die drei Sakramente Taufe, Eucharistie und Firmung. (st)