Franziskanerpater
Max Rademacher zu Verstocktheit und Plagen – in biblischen Zeiten und heute
Gott schickt zur Strafe für die Verstocktheit des Pharaos Plagen. Ein strafender Gott, das macht Menschen Angst. Wie passt dieses Gottesbild zum liebenden Vater, den uns Jesus verkündet? Fragen an Franziskanerpater Max Rademacher, Fulda, Exerzitien- und Beichtseelsorger sowie Gemeindemissionar.
Frage: Was ist so schlimm an der Verstocktheit des Pharao?
Pater Max: Dass der Pharao nicht offen ist für Gott und die unterdrückten Hebräer, dass er „zumacht“. Es ist wie in einer menschlichen Beziehung. Wenn die Partner aufeinander hin orientiert sind, gelingt das Leben besser, wenn einer zumacht, wird es problematisch. Das Gleiche gilt auch in der Beziehung zu Gott. Der verstockte Mensch löst sich aus der Verbindung mit Gott, aus der Liebesbeziehung mit Gott.
Und dann straft Gott den Pharao?
Nicht Gott straft. Die Bibel fasst das Geschehen in Bilder. Die Verstocktheit des Pharaos hat eine Konsequenz: im Bild gesprochen Plagen. Wenn heute Staaten den Dialog einstellen, sprechen die Waffen, Blut fließt, wie in einer der Plagen.
Wenn nicht Gott, wer straft dann?
Der Mensch straft sich selbst, wenn er sich aus der Beziehung mit Gott löst.
Martin Luther fragt: Wie finde ich einen gnädigen Gott?
Das heutige Gottesbild eines durchschnittlichen Christen ist eher negativ geprägt. Der Theologe und Psychologe Karl Frielingsdorf unterscheidet vier „dämonische Gottesbilder“: den strafenden Richter-Gott, den Todes-Gott, den Buchhalter-Gott, der alles registriert im großen Buch, und den Leistungs-Gott, bei dem ich etwas leisten muss, um in den Himmel zu kommen. Die vier Gottesbilder gibt es allerdings nicht jeweils in Reinkultur.
Wo sind die Wurzeln für diese Gottesbilder?
Sie sind ganz tief in uns drin und prägen uns. Erfahrungen, die Menschen mit Vater und Mutter machen, übertragen sich auf das Gottesbild. Menschen, die in ihrer Kindheit durch das Bild des strafenden Gottes geprägt wurden, sind später oft ängstlich. Ein Mensch, der sich ständig – in diesem Fall – von Gott beobachtet fühlt, wird neurotisch. Oder: Wer ständig etwas leisten muss für den Himmel, wird verzweifelt und ruhelos.
Wie können die Menschen von einem negativen zu einem positiven Gottesbild finden?
Wichtig ist, sich die Frage zu stellen: Welche negativen Schlüsselerfahrungen habe ich im Leben gemacht?
Beispielsweise hat ein Erwachsener als Kind immer wieder erlebt: Ich bin wertlos, unerwünscht. Ich frage ihn dann: Wo gibt es das Gegenteil in deinem Leben? Wo hast du erfahren: Ich bin erwünscht. Wenn ich diese gute Erfahrung dann verinnerliche, kann ich zu einem neuen Gottesbild finden.
Wer von Angst geprägt ist, dem rate ich, die Angst anzunehmen, sie zu benennen, sich hineinzubegeben. Nur so kann er zu einem Gottesbild finden, das ihn von der Angst löst. Verdrängen hilft nicht.
Menschen, die meinen, sie müssten sich den Himmel durch Leistung verdienen, verweise ich auf das Gleichnis Jesu von den Arbeitern im Weinberg. Jeder, auch der zuletzt gekommene Arbeiter, bekommt denselben Lohn. Da geht es nicht um die Leistung.
Sich an den biblischen Gottesbildern vor allem auch des Neuen Testaments zu orientieren, befreit den Menschen.
Interview: Hans-Joachim Stoehr