Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Wie gut, katholisch zu sein!

Szenen des Alltags: Gewissensfragen für „praktizierende“ Christenmenschen – „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!“

Von Johannes Becher

Nein, es ist nicht egal, wie sich ein Christ im Alltag verhält. Ob er schweigt oder den Mund aufmacht, ob er feiert oder fastet, einkauft oder nicht… Sieben Alltagsszenen zur Gewissenserforschung. Lesen, den eigenen Standort klären, entscheiden. Und vielleicht sagen Sie zum Schluss: „Wie gut, katholisch zu sein!“

Zehn Gebote. Tradition der Kirche. Lehramt. Pfarrer. Religionsunterricht. Christliche Erziehung. Der Werte sind genug gewechselt. Nun lasst uns Taten sehen. „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Spricht die Bibel. Und im Alltag? Ein kleiner Test zum Schluss der Jahresserie. Eine gedruckte Gewissenserforschung – ohne Auflösung. Geben Sie sich selbst Ihre Antwort. Und hoffentlich kommen Sie zum Ergebnis: „Mein christliches Weltverständnis gibt mir eine gute Orientierung im Alltag. Wie gut, katholisch zu sein!“

Szene 1: Sonntagseinkauf

„Ungestörtes Probeliegen“ verheißt die Werbung. Und allerlei „Events“ in der Fußgängerzone. Familiengerecht. Na, wer da zu Hause bleibt, ist doch selber schuld. Es ist Zeit für den Einkaufsbummel am Sonntag. Proppevoll überall. Kein Durchkommen. Ja, haben die alle Geld zuviel? Man kann doch die Euros nur einmal ausgeben. Jedenfalls nicht am Sonntag. Das tue ich mir nicht an. Von wegen „ungestört“.
Wie entscheiden Sie?

  • „Der Sonntag ist für den Menschen da.“ Ich nutze die freie Zeit, um mal ohne Hetze zu shoppen.
  • Ich hänge ein Betttuch ins Fenster mit dem Spruch: „Am Sonntag gehe ich in einen anderen Tempel.“
  • Ich lade Freunde ein, und wir sitzen besinnlich heiter um den Adventskranz.

Szene 2: Fastenzeit

Ihr Sohn kommt vom Fußballtraining mit folgender Geschichte heim: Die Jungs haben darüber diskutiert, wohin sie abends gehen wollen. Zwei muslimische Mannschaftskameraden kommen mit. Ein dritter antwortet auf die Frage, ob er auch mitgehe zum Feiern: „Wenn die beiden sündigen, ist das ihre Sache. Es ist Ramadan. Da bleibe ich zu Hause.“
Ihre Meinung?

  • Kein Wunder, dass die sich hier nicht integrieren können.
  • Hut ab! Die stehen noch zu ihrem Glauben.
  • Eine gute Gelegenheit, um mit meinem Sohn mal über die christliche Fastenzeit zu sprechen…

Szene 3: Esua, der Schwiegersohn

Ihre Tochter kündigt an: „Am Sonntag bringe ich Esua mit. Das ist mein Freund. Er kommt aus Zaire in Afrika, ist katholisch und studiert Germanistik.“ Ihnen verschlägt es kurz die Sprache. Dann sagen Sie:

  • „Sonntag ist schlecht. Der Tag gehört der Familie.“
  • „Sollen wir den jetzt auch noch durchfüttern?“
  • „Da bin ich ja mal gespannt. Sag ihm, er ist herzlich eingeladen!“ (Und heimlich lernen Sie das Vaterunser auf Lingala auswendig – als Tischgebet…)

Szene 4: Politisch Lied…

In der Fußgängerzone sammeln die von „Pax Christi“ Unterschriften. „Deutsche Truppen raus aus Afghanistan“ steht über der Liste. Dazu ein Spruch über die christliche Feindesliebe und der von den „Schwertern zu Pflugscharen“. Dem Angebot, doch auch Ihren Namen drauf zu schreiben, begegnen Sie so:

  • Ich finde, man muss Politik und Religion trennen. Mein Glaube geht niemanden was an.
  • Ich unterschreibe, damit ich meine Ruhe habe.
  • Ich fange eine Diskussion darüber an, dass man guten Gewissens auch als Christ der Ansicht sein kann, dass „Deutschland am Hindukusch verteidigt wird“.
  • Die haben Recht. Gut, dass die sich engagieren. Das unterstütze ich gern!

Szene 4: Gestaltungsspielraum

Die Steuererklärung steht an. Gestern hat ein Nachbar erzählt, er runde seine Fahrtkilometer zur Arbeitsstätte immer großzügig auf. „Macht doch jeder.“ Sie haben mitgelacht. Und jetzt?

  • Recht hat er: Der kleine Mann zahlt doch ohnehin die Zeche. Ich runde auch.
  • Ehrlich währt am längsten.
  • Sie schwärzen den Nachbarn beim Finanzamt an.

Szene 5: Zeugen gesucht

Es klingelt an der Tür. Ein Zeuge Jehovas. Er möchte gerne mit Ihnen über den Glauben sprechen.
Ihre Antwort:

  • Sie bitten den Mann herein und sagen ihm in aller Ruhe die Meinung. Getreu dem Motto: „Seid stets bereit, Zeugnis zu geben von der Hoffnung, die euch trägt.“
  • „Mir kaufen nix.“
  • Sie erklären kurz und knapp, Sie hätten für sowas keine Zeit. Und außerdem seien Sie katholisch und zahlten Kirchensteuer.

Szene 6: Vorbilder

Auch das noch: Der Dichter, dessen Gedicht Sie gerahmt überm Schreibtisch hängen haben, wurde nach Jahren als Spitzel eines Geheimdiensts enttarnt. Dabei ist der Text so passend. Doch die Kollegen lassen nicht locker. Dabei haben die doch auch Fotos vom Steuerflüchtling Schumacher oder dem ehrenwerten Golfprofi Tiger Woods aufgehängt…
Sie entscheiden:

  • Man muss das trennen können: hier die Kunst und da der Mensch.
  • Ganz oder gar nicht. „Wenn du lau bist, will ich dich ausspeien“, heißt es in der Bibel. Das Gedicht wird abgehängt.
  • Ich hänge einen Zettel neben-dran: „Ich weiß, dass der Dichter gesündigt hat. Das war nicht richtig. Aber beim Herrn ist Barmherzigkeit. Und der Text ist einfach zu gut.“

Szene 7: Mal ehrlich…

Weihnachtsessen in der Firma.Da gilt es, sich lieb Kind zu machen. Alle Jahre wieder ein fröhliches Gesicht zeigen, obwohl Sie schon ahnen, dass Kollege A wieder den Chef umschmeichelt – an dem er sonst kein gutes Haar lässt. Vielleicht könnte man die besinnliche Atmosphäre ja nutzen für ein „ehrliches Wort“…
Wie verhalten Sie sich?

  • Sie lesen die obligatorische Adventsgeschichte vor und schweigen dann.
  • Sie lesen die obligatorische Adventsgeschichte vor und stören den Feierfrieden, als Sie sagen: „Ich finde, das geht nicht. Das ganze Jahr reden wir hinter dem Rücken schlecht übereinander. Und jetzt machen wir auf beste Freunde.“
  • Sie gehen gar nicht hin.

Promis bekennen: Ich bin Christ, weil…

Handschriftliche Glaubenszeugnisse aus dem „Buch der Bekenntnisse“, einer Aktion im Bistum Mainz

Kardinal Karl Lehmann: „…ich überzeugt bin und fest daran glaube, dass das Gesicht Gottes am tiefsten aufleuchtet im Leben und im Wort Jesu Christi – für die ganze Welt, für mich, aber ganz besonders für die Armen und Bedrängten unserer Erde. Diesen Glauben habe ich von meinen Eltern empfangen und möchte ihn überallhin weitergeben.

Jürgen Klopp, Trainer Borussia Dortmund: „…mein Glaube mein moralischer Leitfaden fürs Leben ist!“

Steffen Seiber, Sprecher der Bundesregierung: „…ich auf meinem Weg durchs Leben dieses Licht brauche. Und weil ich nicht alleine sein will auf diesem Weg, sondern in der Gemeinschaft des Volkes Gottes.“

Kardinal Reinhard Marx: „…ich von Jahr zu Jahr spüre und erfahre, dass das Leben mit Christus in die Weite führt, das Leben aufregender, tiefer, bunter, einfach stärker wird. Das ist wunderbar! P.S.: Noch mehr: Ich bin Christ, weil ich dann ab und zu den Himmel auf Erden habe.“

Peter Kloeppel, Chefredakteur von RTL: „…der Glaube mir ein Kompass ist, der sich von den vielen ,rostigen Nägeln‘ unseres Zeitalters nicht ablenken lässt.“

Kurt Beck, Ministerpräsident Rheinland-Pfalz: „…Hoffnung und Nächstenliebe Orientierung und Zuversicht geben.“

Dimo Wache, Ex-Torwart vom 1. FSV Mainz 05: „…ich glaube.“

Erzbischof Piero Marini, Präsident der Internationalen eucharistischen Kongresse: „… ich als Menschengeschöpf geboren und langsam Christ wurde (Übersetzung).“

Walter Hoffmann, Oberbürgermeister von Darmstadt: „Christsein bedeutet für mich Stärke und Stütze in schwierigen Zeiten meines Lebens.“

Felix: „…ich auch zur Gemeinde gehören will.“

Johannes Domnick: „…ich an Gott glaube und er an mich.“

Christa: „…es mir gut geht.“

Pfarrer Johannes Merkel, Mainz „Glaube bedeutet mir, das Dreieck der Liebe ins Gleichgewicht kommen zu lassen.“

Vater Serovpe Wartabed Isakhanyan, Diözese der Armenischen Kirche, Hessen und Rheinland-Pfalz: „…sich durch Jesus Christus Gott sich nicht nur als Herr, sondern als liebevoller Vater offenbart hat.“

Wigbert Baulig, Leiter der JVA, Darmstadt: „…mir das Gebot der Gleichrangigkeit von Gottesliebe und Nächstenliebe es mir leicht macht, täglich in der Begegnung mit gestrauchelten Menschen, Gott zu erfahren.“

Bruder Paulus Terwitte, Kapuziner: „…Christus Jesus mir aufgegangen ist auf meinem Weg, als ich 16 war – da wurde mir mit einem Schlag klar, dass ich nicht zu Mama und Papa gehöre, sondern zum Vater im Himmel, der uns statt im Blut der Evolution im Blut Christi verbindet in der Taufe: Mir ging auf, dass ich kirchenbefreit bin – und in den Kapuzinern von Gott Männer gezeigt bekam, mit denen ich Gottes Ruf zum Freisein leben soll.“

Oxana: „…ich an Gott und Jesus glaube und an die Auferstehung nach dem Tod. Ich froh bin, auf der Erde leben zu dürfen.“

Franz-Peter Tebartz-van Elst, Bischof von Limburg: „…mir in den Sakramenten eine Lebensfülle geschenkt ist, die ich gerne weitergeben möchte in der Verkündigung des Evangeliums und in der Zuwendung zu den Menschen. Das beinhaltet auch mein bischöflicher Wahlspruch ,Ihr alle, die ihr auf Christus Jesus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt‘ (Galater 3,27).“

Kirchenzeitung

Zur Sache

Zehn gute Gründe fürs Bleiben

Wenn jemand überlegt, aus der Kirche auszutreten, ist es wenig sinnvoll, ihm mit dem Glaubensbekenntnis zu kommen. Stattdessen zehn Argumente fürs Bleiben: aus Überzeugung, Wissen, Erfahrung und Hoffnung.

1. Gerade gelesen: Ein Buch über lateinamerikanische (Ordens-) Frauen. Viele von ihnen haben ihr Leben gegeben in der Solidarität mit den Armen, in der Nachfolge Christi. Zum Weiterlesen: Annegret Langenhorst, Johannes Meier, Susanne Reick (Hg.): „Mit Leidenschaft leben und glauben. 12 starke Frauen Lateinamerikas“, Peter Hammer Verlag, 19,90 Euro

2. Pater Mertes. Die Auseinandersetzung mit dem Missbrauch innerhalb der Kirche ist von einem Pater angestoßen worden, dem Jesuiten Klaus Mertes.
Zum Weiterlesen: Klaus Mertes: „Widerspruch aus Loyalität“. Ignatianische Impulse, Echter, 6,90 Euro

3. Dietrich Bonhoeffer. Er war evangelisch, ein christliches Vorbild wie viele andere. Glauben kann helfen, Ideologien zu widerstehen.

4. Selbst erfahren: Als Jugendliche habe ich die Kirche und ihre Botschaft als befreiend erlebt.

5. Beim Tod eines nahen Menschen hat ein Kaplan wirklich Licht ins Dunkel gebracht und Trost. Die Präsenz und Hilfe der Kirche bei Lebenswenden wie Taufe, Hochzeit, Beerdigung.

6. Wer die Kirche verlässt, lässt viele zurück, entmutigt die anderen.

7. Die Bibel als Lebensbuch wird oft erst durch die Kirche erschlossen und zu Gehör gebracht.

8. Eine Welt ohne Kirchen, ohne Kirchengebäude? Sie sind Orte der Gemeinschaft, Rückzugsorte, Zeichen für das Himmlische, auch Orte der Schönheit.

9. Es ist katholisch, an die Reformierbarkeit der Kirche zu glauben.

10. Was würde Jesus dazu sagen?

Ruth Lehnen