Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Fränkisch-schwäbischen Jakobsweg - 2008

Jakobsvirus und Muschelblick

Eine Leserreise auf dem fränkisch-schwäbischen Jakobsweg: Von Würzburg nach Rothenburg

Von Ruth Lehnen

Von Würzburg nach Rothenburg ob der Tauber zu Fuß: Zehn Leser haben sich mit der Kirchenzeitung auf den ersten Teil des fränkisch-schwäbischen Jakobswegs gemacht. Eindrücke von einer wunderbaren Sommerwoche.

Nach 21 Kilometern noch eine kleine Schifffahrt über den Main: Am ersten Tag erreichte die Pilgergruppe Ochsenfurt. Über die Stationen Aub, Uffenheim und Steinsfeld ging es in insgesamt fünf Etappen nach Rothenburg ob der Tauber. Fotos: Ruth Lehnen

Die Gruppe:

Tausende Kilometer haben diese zehn Tapferen insgesamt schon zurückgelegt. Drei sind walldürnwallfahrt- erprobt, eine kennt den Bonifatiusweg, vier waren zu Fuß in Santiago de Compostela. Markus Schmidt, Pfarrer in Hochheim, hat sich 2006 gar von der Heimat aus aufgemacht, das spanische Pilgerziel zu erreichen. Als geistlicher Leiter hielt er bei der Leserreise nicht nur Gottesdienst und segnete die Pilger, er unterhielt sie auch mit nie versiegenden Geschichten von seinen französischen und spanischen Wegerfahrungen. 44 Jahre war die jüngste Teilnehmerin, 71 die Älteste: Wege gemeinsam gehen verbindet.

Der Weg:

Der fränkisch-schwäbische Jakobsweg führt von Würzburg über Rothenburg ob der Tauber und Hohenberg nach Ulm. Die Leserreise umfasste den ersten Teil bis Rothenburg mit Wegstrecken von etwa 15 bis 21 Kilometern am Tag.

Der Experte:

Ferdinand Seehars aus Uffenheim ist Sekretär der fränkischen St. Jakobus- Gesellschaft. Der ehemalige Buchhändler ist ein exzellenter Kenner des Wegs, ein „Jakobsbruder“ ohne übertriebenen Missionierungsdrang, deshalb umso überzeugender. Wer selbst plant, den Weg zu gehen, findet in ihm und seiner Frau Monika kompetente Helfer.

Das Gepäck:

Die erste Lektion des Pilgers: Weniger ist mehr. Was da in fetten Taschen mitgeschleppt wurde, (Gepäcktransport!), hatte Symbolcharakter. Überflüssiges daheim zu lassen ist die Kunst. Lehrmeister Seehars zeigte, wie’s geht mit leichtem Schritt, mit leichtem Gepäck.

Die Kirchen:

Eine Kirchenallergie darf man auf diesem Weg nicht haben: Gezählt (ohne Gewähr) wurden 25 Kirchen, die die Gruppe besucht hat; „gefühlte Kirchen“ waren es noch ein paar mehr. Interessant ist der Übergang von der barocken katholischen Pracht zu den schlichten evangelischen Markgrafenkirchen mit ihren charakteristischen Emporen zwischen Hemmersheim und Uffenheim. Ohne es zu merken, wechselt der Wanderer hier auch vom Bistum Würzburg ins Erzbistum Bamberg. Faszinierend vor allem die evangelische Jakobskirche am Ziel in Rothenburg: Hier ist am Herlinaltar die Legende des heiligen Jakobus dargestellt, hier finden sich der zweifelnde und der ungläubige Engel, und hier bewundern Menschen aus aller Welt den Heilig-Blut-Altar des Timan Riemenschneider.

Die Fülle, die Stille:

Gehen kann so wohltun. Der träge fließende Main, Wege an Apfel-, Nuss- und Birnbäumen, Herbstzeitlose in der Wiese, blauer Himmel, Sonne und Draußensein. Eine Wegstrecke am Tag wurde im Schweigen zurückgelegt, ein freundliches Schweigen.

In Rothenburg empfängt diese Jakobusstatue die Pilger. Jakobus war ein Jünger Jesu, der in Santiago de Compostela beerdigt ist. Die Jakobswege sind Pilgerwege zu seinem Grab.

Unterwegs wie andere:

Nicht nur in Spanien begegnet der Pilger anderen Pilgern. Was Hape Kerkeling in seinem Bestseller „Ich bin dann mal weg“ so charmant geschildert hat, passiert auch auf dem fränkisch-schwäbischen Jakobsweg: Leute, die sich nicht kennen, gehen ein Stück gemeinsam, unterhalten sich über das, was sie erlebt haben, erkennen sich am Zeichen der Muschel.

Jakobsvirus und Muschelblick:

Die Autorin und Pilgerin Elisabeth Alferink diagnostiziert bei Pilgern das „Jakobsvirus“ – ungefährlich, aber unheilbar. Den hiervon Angesteckten plagt die Sehnsucht, auf weiteren Jakobswegen zu gehen; er will in seinem Leben Santiago de Compostela zu Fuß erreichen, er entwickelt einen „Muschelblick“, mit dem er das Kennzeichen der Pilger überall erspäht. Spielart des Virus kann es sein, jede Jakobusfi gur am Weg zu fotografi eren oder stets neuen Stempeln für den Pilgerausweis nachzujagen. Alle zehn Pilger zeigten gegen Ende der Reise eindeutige Symptome: Sie wollen unbedingt den zweiten Teil des Weges bis Ulm gehen.

Von Blasen und Beschwerden:

Ohne Blasen an den Füßen geht es nicht. Als Doc der Gruppe erwies sich Alfred Rompel aus Lindenholzhausen, dem seine Walldürn- Erfahrung zugute kam. Eine nicht entschiedene Glaubensfrage der anderen Art: Müssen Blasen aufgeschnitten und „getaped“ werden oder mit modernem Hightec- Blasenpfl aster verklebt werden? Eine kurze Umfrage ergab, dass zwar die Füße wehtaten, aber nervöse Beschwerden wie Magenweh und Sodbrennen trotz des üppigen fränkischen Essens in diesen Tagen verschwunden waren.

Warum das alles?

Einige Gründe, sich auf den Weg zu machen, zwischendurch notiert: „Gehen ohne Ballast – lernen, wie wenig man braucht.“ – „Spüren, wie viele vor mir diese Wege gegangen sind – dass man nicht allein ist.“ – „Sich festmachen in Gott.“ – „Hier kommen Gespräche zustande, die sonst nie zustande kämen.“ – „Ich kann mal für mich sein, ich kann mal loslassen.“

Fränkische St. Jakobusgesellschaft Würzburg; Sekretär Ferdinand Seehars, Friedrich-Wencker- Straße 3, 97215 Uffenheim. Internet: www.jakobus-gesellschaften.de

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Zitiert

„Sowohl in Moscheen als auch in Kirchen gibt es viele Scharlatane, die Hass predigen und ihre Anhänger anstacheln.“

Matthew Hassan Kukah, neuer Bischof von Sokoto/Nigeria

 

Ja und Amen

„Nachhaltigkeit und Umweltschutz gehören nicht erst seit Fukushima zu den Kernthemen der christlichen Kirchen.“

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Aufruf zur Teilnahme an der ökumenischen „Schöpfungszeit“