Leserreise der Kirchenzeitung mit Weihbischof Pieschl führte nach Nordpolen und in die Masuren
Von Heike Kaiser
Ob die Flaschenpost wohl noch in einem der masurischen Seen nahe Nikolaiken schwimmt? Von Bord eines Ausflugsschiffes aus hat der emeritierte Limburger Weihbischof Gerhard Pieschl die „schönen Grüße der Leser der Kirchenzeitung“ dem Wasser übergeben.
Dabei hätte die Flaschenpost so viel mehr zu erzählen von der Leserreise nach Nordpolen, nach Danzig und in die Masuren. Zum Beispiel von dem gebürtigen Oberschlesier Siegfried Strauss (Mainz), der seit 1955 zum ersten Mal wieder hier ist. „Als 20-Jähriger habe ich damals eine Kajaktour auf den masurischen Seen unternommen und täglich 20 Kilometer geschafft“, berichtet er und stellt erfreut fest: „Es ist nahezu alles unverändert geblieben – bis auf die Hotelbauten, die heute da stehen, wo früher Campingplätze waren.“
Wie Siegfried Strauss geht es vielen während dieser Reise: Sie gehen Spuren ihrer persönlichen Vergangenheit nach. Der Vater von Margot Rein (Rüsselsheim) ist im Februar 1945 nahe Stettin gefallen und wurde dort mit mehreren seiner Kameraden bis 1995 in nicht gekennzeichneten Gräbern bestattet. „Die Kriegsgräberfürsorge hat vor 15 Jahren diese Kriegsgefallenen auf den Soldatenfriedhof nach Posen überführt“, berichtet Rein. „Jetzt will ich dort das Grab meines Vaters besuchen.“
Auf der Fahrt durch Stettin erinnert sich Hans-Joachim Jeckel (Limburg) an seine Kindheit: „Ich habe hier oft meine Großeltern besucht, zum letzten Mal als Zehnjähriger im Jahr 1944“, erzählt er und deutet mit ausgestrecktem Finger plötzlich auf eine Kirche: „Hierhin bin ich mit meinem Opa oft gegangen.“
Auf vielen Stationen wird der geistliche Leiter der Reise, der emeritierte Limburger Weihbischof und frühere Vertriebenenbischof Gerhard Pieschl, wie ein alter Bekannter mit offenen Armen herzlich empfangen: Dem Dompfarrer der St. Jakobi-Kathedrale in Stettin ist es „eine große Ehre“, seinem Gast vom Kirchturm aus in einer Höhe von 56 Metern die alte Hanse- und Hafenstadt zeigen zu lassen.
In Allenstein, der Hauptstadt von Ermland-Masuren, wird die Gruppe bereits von Dr. Julian Zolmierkiewicz, Kanonikus an der dortigen Jakobi-Kirche, und Kaplan André Schmeier erwartet. Zolmierkiewicz stammt aus Minsk und ist seit 51 Jahren in Allenstein tätig, hat unter anderem für die Gewerkschaft „Solidarnosc“ gearbeitet – „und bin ihr nach wie vor eng verbunden“, gesteht er. Kaplan André Schmeier ist 1996 von Niedersachsen nach Allenstein gekommen – und geblieben: „Hier bin ich zum Diakon und zum Priester geweiht worden“, berichtet der junge deutsche Seelsorger, dessen Familie aus dem Ermland stammt. Seit 1997 ist Schmeier in der deutschsprachigen Seelsorge tätig, hat in Allenstein eine deutsche „Stammgemeinde“. In den Sommermonaten, wenn viele Touristen ins Ermland kommen, hält er schon mal Reiseandachten im Zug. „Einmal habe ich eine junge Polin mit dem österreichischen Konsul von Marokko verheiratet“, erzählt er vom bislang außergewöhnlichsten Seelsorgsauftrag.