Pfarrer Matthias Krieg: Priesterlicher Dienst am Sterbebett und im Fußballstadion – Bodenhaftung ist ihm wichtig
Von Hans-Joachim Stoehr
Der Geistliche ist dankbar. „Ich habe von den Menschen viel empfangen“, sagt Pfarrer Matthias Krieg. In der Seelsorge sei er immer wieder Menschen begegnet, mit denen er gern gemeinsam ein Stück des Lebenswegs gegangen ist. „Ich war nicht nur Gebender.“
Der 42-jährige Priester nennt ein Beispiel der „Weggemeinschaft“. Einer älteren Frau in seiner Pfarrei ging es sehr schlecht. „Immer wieder sagte sie: Der Matthias soll kommen.“ Nachdem der Geistliche bei ihr war, fand sie ihren Frieden. „Eine Stunde später ist sie ruhig eingeschlafen und gestorben“, erinnert sich Pfarrer Krieg.
Der Seelsorger ist an Multipler Sklerose erkrankt. Weil die Krankheit ihn immer mehr einschränkte, wohnt er seit September 2009 im Fuldaer Priesterseminar. Dort leitet er die Diözesanstelle Berufe der Kirche. Davor war er sieben Jahre Pfarrer im oberhessischen Bauerbach. „Der Abschied aus der Gemeinde fi el mir schwer“, gesteht Krieg. Er fügt hinzu: „Wo ich hingehe, ist der liebe Gott schon da.“ Das zu wissen, mache das Aufbrechen einfacher.
Wunsch seit der Kindheit: Priester werden
Priester werden wollte Krieg seit seiner Kindheit in Kassel. In seiner Heimatgemeinde war er Messdiener. Im Jugendalter traten „andere Interessen“ hinzu. Der Gedanke an den Priesterberuf blieb aber bestehen. Nach zwei Jahren bei der Bundeswehr begann er ein Studium in Würzburg: Germanistik und Theologie. „Das war ein fauler Kompromiss. Ich hatte keinen Mut, den Schritt ins Priesterseminar zu wagen“, sagt er in der Rückschau.
Der Eintritt ins Fuldaer Priesterseminar im Jahr 1991 bedeutete für Krieg das Aufgeben von „lieb gewordenen Freiheiten“. Die Fuldaer Fakultät bot nicht die Weite der Würzburger Universität mit ihren Angeboten – auch in anderen Fächern. Dankbar ist der Seelsorger bis heute für die gute Gemeinschaft der Mitstudenten, die mit ihm ins Priesterseminar eintraten. „Das sind alles normale Typen. Jeder von uns wäre auch in anderen Berufen seinen Weg gegangen“, ist Krieg überzeugt. Diese Bodenhaftung ist ihm wichtig. Die Kontakte zu den Kollegen seines Weihejahrgangs bestehen weiter, obwohl sie im ganzen Bistum verstreut leben. „Wir treffen uns alle zwei Monate.“
Seine „erste Liebe“ nennt Krieg die Pfarrei St. Katharina in Stadtallendorf. Dort war er zunächst Diakon und nach der Priesterweihe 1998 Kaplan. In der Gemeinde traf er auf zahlreiche „fast Gleichaltrige“. „Das war eine tolle Gemeinschaft“, sagt er mit strahlenden Augen. Krieg fügt hinzu, einigen habe er bei der Eheschließung den kirchlichen Segen gegeben.
Der Geistliche ist 1967 in Volkmarsen geboren und in Kassel aufgewachsen. Er gesteht, dass ihm Oberhessen nahezu unbekannt war, als er für das Diakonatspraktikum nach Stadtallendorf „aufbrach“. Im Blick zurück nennt Krieg die Zeit im Stadtallendorfer Pfarrhaus einen Glücksfall. „Damals war Pfarrer Karl-Josef Aschenbach mein Chef. Er ist mir mit viel Vertrauen begegnet. Ich konnte vieles ausprobieren.“
Für den Kaplan kamen auch schwere Stunden. „Die ersten Anzeichen der Multiplen Sklerose machten sich bemerkbar“, sagt Krieg. Er sei damals unsicher gewesen, wie er in der Gemeinde über das körperliche Gebrechen sprechen soll. „Ich hatte Angst, dass ich dann nur mit dieser Krankheit gesehen werde.“
Gemeinde hat mich aufgenommen und getragen
Die Krankheit Kriegs wurde in Marburg behandelt. Deshalb wechselte er nach seiner Kaplanszeit von Stadtallendorf nach Bauerbach, einem Stadtteil Marburgs. „Im Dorf kennen die Menschen sich. Ich kam neu dazu. Sie haben mich aufgenommen und getragen“, beschreibt Krieg jene Zeit. Er sei nie in die Versuchung gekommen, „der große Zampano“ sein zu wollen, nach dem sich alle richten müssen. „Ich will für die Menschen da sein. Deshalb bin ich Priester geworden.“ Dies bedeute im Alltag des Pfarreilebens: „Ich muss als Seelsorger so sprechen, dass die Leute mich verstehen.“
Pfarrer Krieg ist nicht nur für die Gläubigen da. Er hat auch erfahren, dass die Gemeindemitglieder für ihn da waren – nicht nur mit guten Worten. Sie packten auch an. Als es ihm schwerer fi el, zu gehen und am Altar die Stufen hochzusteigen, brachten Helfer aus der Pfarrei zwei Geländer an.
Seelsorge beschränkt sich für Pfarrer Krieg nicht auf die Kirchenwände. Mit den Messdienern machte er einen Ausflug zu einem Fußballspiel nach Kaiserslautern. Gegner war Bayern München. „Ich war der einzige Fan von Kaiserslautern, die Messdiener feuerten Bayern München an. Bayern wurde Meister, Kaiserslautern stieg ab.“ Der Seelsorger erinnert sich gern an die Reaktion eines Ministranten. „Er tröstete mich: Nicht traurig sein, Herr Pfarrer. Die Lauterer steigen bald wieder auf.“
Ein Höhepunkt als Seelsorger war die Israelfahrt mit der Gemeinde Bauerbach. „Die Gottesdienste in dieser Atmosphäre haben die Gruppe besonders verbunden.“ Solche Erfahrungen befruchten nach der Heimkehr auch das Gemeindeleben, so Krieg.
Der Geistliche freut sich im Mai auf eine Fahrt mit der Pfarrei Bauerbach nach Assisi. Es ist das Abschiedsgeschenk der Gemeinde an ihren Seelsorger. „Ich brauche mich um nichts zu kümmern – das übernehmen die Leute der Pfarrei.“ Dass er Franziskus, den Ordensgründer aus Assisi, schätzt, sieht man im Flur seiner Wohnung. Dort hängt der eingerahmte Text des Sonnengesangs des Heiligen an der Wand.
Pfarrer Matthias Krieg Diözesanstelle Berufe der Kirche Telefon 06 61 / 87 - 2 30