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Taufe - wie neu geboren

„Das macht man nicht einfach so“

Erbittet Gottes Beistand für die Taufbewerberin: Bischof Heinz Josef Algermissen legt Liane Kömpel bei der Zulassungsfeier in der Fuldaer Michaelskirche die Hände auf. Mit der Zulassung zum Sakramentenempfang beginnt der letzte Abschnitt der Taufvorbereitung für Erwachsene, der in der Osternachtsfeier endet. Foto: Erwin Kömpel

Glaubenskurs: Erwachsene Taufbewerber lernen mit Getauften das Christsein kennen – Vorbereitung auf Sakramentenempfang

Von Hans-Joachim Stoehr

„Dieser Schritt ist mutig.“ Dies sagt Marion Hasenauer von ihrer Freundin Annett Weißmüller aus dem Fuldaer Stadtteil Malkes. Weißmüller hat sich entschieden, im Erwachsenenalter die Taufe zu empfangen. Hasenauer ist Weißmüllers Freundin und Taufpatin.

„Annett hat bisher anders gelebt. Der Weg zur Taufe ist einschneidend – nicht nur mal zwei Wochen Vorbereitung und das war’s“, erläutert die 29-jährige Hasenauer aus Fulda. Seit September nehmen Weißmüller (30) und Hasenauer in der Pfarrei Großenlüder an einem wöchentlichen Glaubenskurs teil. „Der ist sehr intensiv“, meint Pfarrer Markus Günther. Der Seelsorger in Großenlüder ist Diözesanbeauftragter für den Erwachsenenkatechumenat. Seit der Zeit der frühen Kirche wird mit Katechumenat die Zeit der Vorbereitung auf die Erwachsenentaufe bezeichnet (siehe „Stichwort“).

Wie Annett Weißmüller bereitet sich auch Liane Kömpel (39, Großenlüder) auf die Taufe vor. Die Mutter von zwei Kindern nimmt mit ihrem Mann Peter (28) und ihrer Patin Evelyn Richter (Haselstein) an dem Glaubenskurs teil. Beide Taufbewerberinnen stammen aus der ehemaligen DDR. Ihre Ehemänner sind katholisch, die Kinder der beiden jungen Frauen wurden getauft. „Das war kein Thema“, sagen Weißmüller und Kömpel (zur Kindertaufe siehe „Hintergrund“).

„In der Nähe unseres Aussiedlerhofs ist eine Mariengrotte. Dorthin bin ich in der Schwangerschaft meiner zweiten Tochter gern hingegangen zum Beten“, berichtet Liane Kömpel. Sie bezeichnet sich als „gläubigen Menschen“ – auch in ihrer Kindheit. Das habe ihr etwa geholfen, aufkommende Ängste zu überwinden.

„Wir tragen dich im Glauben mit. Du bist nicht allein“

Im Elternhaus hätten Glauben und Kirche keine Rolle gespielt, so Liane Kömpel. Ihr Vater und ihre Mutter hätten auch jetzt „wenig Verständnis“ für ihre Entscheidung, sich taufen zu lassen. Ihr ist dies jedoch wichtig. „Das ist ein bedeutender Lebensabschnitt. Das macht man nicht einfach so.“ Manchmal habe sie den Eindruck, sie bleibe hinter dem zurück, was sie in der Taufvorbereitung erreichen will. Anja Frommann, mit Pfarrer Günther Leiterin des Kurses, sagt Kömpel zu: „Wir tragen dich in der Gruppe mit. Du bist nicht allein.“

Mit den Taufbewerbern im Glaubenskurs: Erwin, Mechthild, Peter und Liane Kömpel, Annett Weißmüller, Marion Hasenauer und Pfarrer Markus Günther (von links). Foto: Hans- Joachim Stoehr

An diesem Abend geht es im Glaubenskurs um Auferstehung von den Toten und Erlösung. „Ich habe keine Angst vor dem Tod, nur vor dem Sterben“, sagt Taufbewerberin Annett Weißmüller. Auch glaube sie nicht an Zufälle. Ein „einschneidendes Erlebnis“ war für sie, als sie in der Fuldaer Tageszeitung die Todesanzeige ihres Großvaters entdeckte. „Normalerweise lese ich keine Todesanzeigen. Ich wusste nicht, dass meine Großeltern in Fulda waren“, erinnert sich Weißmüller. Als sie in den Westen gegangen sei, hätten sich die Wege getrennt. „Auf diesem Weg habe ich meine Familie wiedergefunden. Das hat mich nachdenklich gemacht“, fügt sie hinzu.

Über den Ehemann besteht der Kontakt Weißmüllers zur katholischen Kirche. „Bei Gottesdiensten blieb ich lieber im hinteren Teil der Kirche. Ich hatte Sorge, etwas falsch zu machen und damit aufzufallen.“ Im Gespräch mit Pfarrer Günther erfuhr sie von der Möglichkeit, im Katechumenat den christlichen Glauben besser kennenzulernen und in das kirchliche Leben hineinzuwachsen.

„Wir sind alle im Katechumenat – nicht nur die beiden Taufbewerber“, sagt Pfarrer Günther. Denn alle Teilnehmer des Glaubenskurses, Getaufte und Ungetaufte, hätten sich „auf den Weg begeben“. „Wir wollen tiefer erkennen, was es bedeutet, Christ zu sein“, so der Geistliche.

Der „Weg“ ist beim Treffen des Glaubenskurses in der Mitte des Raumes symbolisch auf dem Boden mit braunen Tüchern ausgelegt. Auf den Tüchern sind mit Karten die Etappen des Glaubenskurses zu sehen. Die Teilnehmer sitzen im Kreis. Am Beginn lädt Anja Frommann dazu ein, über die Zeit seit dem letzten Treffen vor einer Woche zu besinnen. Dazu erklingt meditative Musik. Danach sprechen die Teilnehmer anhand einer Bildergeschichte über das Thema Erlösung.

„Tunnelblick“ versperrt einfache Antworten

Zu den Treffen des Glaubenskurses gehört auch das Gespräch über eine Bibelstelle. An diesem Abend ist es das 15. Kapitel des 1. Korintherbriefs. Darin geht es um die Auferstehung und die Konsequenzen daraus. Als die Taufbewerberin Liane Kömpel beiläufi g erwähnt, die anderen seien ja schon „viel weiter in diesen Dingen“, widerspricht ihr Erwin Kömpel. Der Onkel und Taufpate von Lianes Ehemann Peter Kömpel betont: „Wir Getaufte sind nicht weiter im Glauben. Wir haben oft einen ,Tunnelblick‘, der uns die einfachen Antworten nicht sehen lässt.“

Der 54-jährige Erwin Kömpel ist stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Pfarrei Großenlüder, seine Frau Regina Lektorin im Gottesdienst. Mit seiner Teilnahme will Erwin Kömpel seinem Patenkind und dessen Frau „den Rücken stärken“. Dass der Glaubenskurs zustande kam, das sei auch Erwin Kömpel zu verdanken. „Von ihm kam die Anregung, einen solchen Glaubenskurs anzubieten“, so Pfarrer Günther. Er ist dankbar, dass er mit der Gruppe diesen „Weg“ gehen darf. „Für den Dienst, Menschen im Glauben zu begleiten, bin ich Priester geworden“, so der Geistliche.

Pfarrer Markus Günther Diözesanbeauftragter für den Erwachsenenkatechumenat Herrengasse 6 36137 Großenlüder Telefon 0 66 48 / 74 61, E-Mail: mcguenther@onlinehome.de

Hintergrund

Mit Chrisamöl: Pfarrer Markus Günther salbt die fünf Monate alte Soraya. Mit dabei sind Peter, Catharina und Liane Kömpel (von links). Foto: privat

„Kindern den christlichen Glauben nicht vorenthalten“

An die Taufe der acht Monate alten Tochter Soraya erinnern sich Peter Kömpel und seine Frau Liane aus Großenlüder gern. „Sie ist sehr lebensfreudig und hat bei der Taufe gelacht“, sagt Peter Kömpel zur Sakramentenspendung im vergangenen November. Der 28-jährige Landwirt fügt hinzu: „Es war ein schönes Erlebnis. Allerdings war mein Glücksgefühl bei der Geburt von Soraya stärker.“

Wichtig war Kömpel, das Kind möglichst früh taufen zu lassen. „Es soll von Anfang an von Gott beschützt sein – bei einer Krankheit etwa“, erklärt Sorayas Vater. Er fügt hinzu: „Wir wurden in unserer Familie alle im Säuglingsalter getauft.“

Peter Kömpels Taufpate vor 28 Jahren war sein Onkel Erwin Kömpel. Der Vater von zwei erwachsenen Söhnen erklärt zur Taufe der Kinder im Säuglingsalter: „Ich kann ihnen doch nicht die Aufnahme in die Kirche verweigern.“ Er würde den Kindern sonst den Glauben vorenthalten.

Die Taufe ist für Peter Kömpel Ausgangspunkt und Grundlage für eine religiöse Erziehung. Für Sorayas Vater steht fest, dass seine Tochter in den katholischen Kindergarten geht und am Religionsunterricht teilnimmt. „Es wäre auch schön, wenn sie wie ich Messdienerin würde. Das ist aber ihre Entscheidung.“

Für Erwin Kömpel besteht religiöse Erziehung darin, den Kindern ein „gutes Vorbild“ zu geben. „Das kann die regelmäßige Teilnahme am Gottesdienst sein, aber auch das Mitfeiern kirchlicher Familienfeste.“

Der Familienvater ist zuversichtlich, dass er seinen Kindern das nötige „Rüstzeug“ für ein christliches Leben mitgegeben hat. Wenn sie andere Wege einschlagen, müsse er das hinnehmen. Erwin Kömpel: „Ich hoffe, dass die ,gute Saat‘ aufgeht. (st)

Meinung

Klopfen hören

Die Zahl der Katechumenen, der erwachsenen Taufbewerber, ist überschaubar. Gegenüber den Katholiken, die der Kirche durch Austritt den Rücken kehren, sind die Eintretenden eine Minderheit. Und dennoch sind sie Hoffnungszeichen – jeder Einzelne.

Wenn jemand anklopft, kann man die Tür öffnen – oder das Klopfen überhören. Wer öffnet, lädt ein. In Großenlüder hat die Gemeinde zwei Ungetauften geöffnet und sie mit einem Glaubenskurs eingeladen: „Kommt und seht.“ Eingeladene und Einladende merken: Für uns gibt es viel Neues in der Kirche und im Glauben zu entdecken. Wir sind alle „Lernende“ – griechisch Katechumenen.

Hans-Joachim Stoehr

Stichwort

Katechumenat

Der Katechumenat ist die mehrmonatige Vorbereitungszeit auf die Taufe. Er beschreibt seit den Anfängen des Christentums den Prozess des Kennenlernens und Einlebens in die Kirche.

In einer ersten Feier werden die Taufbewerber der Gemeinde vorgestellt und in den Katechumenat aufgenommen. Dabei werden sie mit Katechumenenöl gesalbt – vergleichbar der Salbung mit Chrisam bei Taufe und Firmung. Zudem wird ihnen der Text des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers überreicht.

Ist in den Katechumenen die Entscheidung gereift, sich taufen zu lassen, werden sie zu Beginn der Fastenzeit vom Bischof feierlich zur Taufe zugelassen. Damit beginnt die intensive Phase der Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente der Eingliederung in die Kirche. Neben der Taufe sind dies auch die Sakramente der Firmung (Stärkung mit dem Heiligen Geist) und der Eucharistie (erste heilige Kommunion). Diese drei Sakramente wurden ursprünglich gemeinsam gespendet. Im Lauf der Jahrhunderte verlagerte sich der Empfang von Erstkommunion und Firmung auf das Kindesbeziehungsweise Jugendalter. Die Sakramente werden – wenn möglich – in der Feier der Osternacht gespendet. (st)