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Ein ganz normaler Alltag
17.04.11

Ein ganz normaler Alltag

Frauen und Männer sollen sich im Dernbacher Seniorenzentrum St. Josef wie zuhause fühlen

 

Ausgabe 16 vom 17. April 2011

Mit einem Hammer kann Horst Hoehn immer noch gut umgehen. Im zur Seite stehen Ulrike Kollhoff, Wohnbereichsleitung (links), und die Sozialarbeiterin Diana Henkes (rechts). Foto: Gundula Stegemann

Von Gundula Stegemann

Eine Werkstatt, eine Skatrunde, ein Tante-Emma-Laden, das gibt es im Seniorenzentrum St. Josef in Dernbach. Hier kann Mann heimwerkeln, tüfteln, Skat kloppen, während Frau in „Jupp‘s Lädchen“ einkaufen geht und einen kleinen Plausch hält.

All das gehört im St. Josef zum Konzept „Aufleben statt Aufheben“, dem psychobiografischen Pflegemodell nach Erwin Böhm. Es wurde für Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten entwickelt und kommt den Bewohnern im Seniorenzentrum zugute. Seit sechs Jahren arbeitet die Einrichtung nach diesem Konzept. „Es geht vor allem darum, Bedingungen zu schaffen, dass die Bewohner das Gefühl haben, daheim zu sein“, sagt Sozialpädagogin Diana Henkes. Sie ist im Sozialen Dienst des Hauses tätig. Sieben Jahre beschäftigt sie sich bereits mit dem psychobiografischen Pflegemodell, ist inzwischen lizensierte Böhm-Lehrerein.

Seinen Platz im Leben finden

„Viele, die ins Heim kommen, erleben einen Verlust ihrer bisherigen Rollen“, erklärt die Sozialpädagogin. „Sie ist nicht mehr Mutter, nicht mehr Hausfrau, und er ist nicht mehr Bauarbeiter, Handwerker, Familienoberhaupt. Unsere Aufgabe besteht darin, mit den Bewohnern eine neue Rolle zu finden, die zu ihnen passt oder eine frühere Rolle wieder aufleben zu lassen.“ Dabei berichtet sie von einer Frau, die als junges Mädchen als Verkäuferin tätig war. Die Demenzerkrankung brachte sie ins St. Josef. Zahlen, früher vertraut, waren ihr nun fremd. Aber wenn sie ihren Kittel anzog und in „Jupp’s Lädchen“ an der Verkaufstheke stand – dann konnte sie rechnen, kassierte ab, preiste Waren aus, sogar in Euro. Zog sie den Kittel wieder aus, konnte sie sich an nichts erinnern.

Besondere Beachtung gilt im Dernbacher Seniorenzentrum verhaltensauffälligen Männern. Für sie etwas Passendes zu finden, damit sie ihren Alltag sinnvoll gestalten und aktiv bleiben, sei gar nicht so einfach, schildert Henkes das Problem. Denn demente Menschen durchlebten oftmals ihre Kinder- und Jugendjahre wieder.

Frauen seien gut mit hauswirtschaftlichen Dingen zu beschäftigen. „Das ist bei den Männern nicht der Fall. Auch Kneipe und Skatspiel setzen in der Biografie erst später ein.“ Hinzu komme, dass Männer schwer über ihre Gefühle reden könnten. „Kommt die Vergangenheit auf den Tisch, ist schnell der Krieg das zentrale Thema. Viele Männer werden dann allerdings noch verschlossener“, so Diana Henkes.

Um ihnen eine gewisse Alltagsnormalität zu bieten, wurden im Seniorenzentrum St. Josef eine Werkstatt eingerichtet, ein Stammtisch ins Leben gerufen, eine Skatrunde gegründet.

Der Mensch muss sich fühlen

Bislang verfügte das Haus über einen Wohnbereich, der entsprechend zertifiziert war. Nun erhielt die Gruppe Georg bereits zum dritten Mal die begehrten Sterne als Auszeichnung. Darüber hinaus wurde jetzt auch erstmals die Gruppe Laurentius mit einem entsprechenden Qualitätssiegel versehen. Kern des Konzepts nach Böhm ist der Gedanke, dass ein Mensch sich nur dort wohl fühlen kann, wo er sich zuhause fühlt. Deshalb müssen sich die Mitarbeiter auf die spannende Suche nach dem Daheimgefühl der Betroffenen begeben. Wichtig sind nicht Daten und Fakten aus dem Lebenslauf, sondern vielmehr prägende Erlebnisse.

Hintergrund

Neues Zuhause

Die Ende 1993 eröffnete Einrichtung liegt im unteren Westerwald. Mit 115 Plätzen bietet sie Ordensschwestern und älteren Menschen aus Dernbach und Umgebung ein neues Zuhause. Informationen: Telefon 02602/67000 (gs)

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