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„Unsere Rechte werden respektiert“
02.08.09

„Unsere Rechte werden respektiert“

Paulina Vilca arbeitet auf einer Blumenfarm, der das FLP-Gütesiegel verliehen wurde

Freut sich darüber, dass auf ihrem Arbeitsplatz jetzt internationale Standards gelten: Blumenarbeiterin Paulina Vilca. Foto: FLP

Von Sabine Krüger

Erfolgreiche Bistumskampagne: Seit die Aktion „Eine Welt fairstärken“ im Februar gestartet wurde, achten immer mehr Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen darauf, möglichst fair gehandelte und ökologisch angebaute Produkte zu verwenden. Dies gilt auch für die Blumen.

Verletzungen von Menschenrechten und Umweltverschmutzung sind im internationalen Geschäft mit Blumen keine Seltenheit. Dem will das „Flower Label Program“ (FLP) entgegenwirken: Der gemeinnützige Verein hat sich die Verbesserung der Situation im internationalen Blumenhandel zum Ziel gesetzt und vergibt ein Gütesiegel für die umwelt- und sozialverträgliche Produktion von Blumen.

Die meisten der mehreren hunderttausend Arbeiter auf den Blumenplantagen der Welt sind Frauen. Was das FLP-Gütesiegel vor allem für Arbeiterinnen bedeutet, hat die 25-jährige Rosa Paulina Vilca Chiguano am eigenen Leib erfahren. Seit ihrem 15. Lebensjahr ist sie auf einer Rosenfarm in der ecuadorianischen Provinz Cotopaxi beschäftigt. Sie hat vor acht Jahren das FLP-Zertifikat erhalten.

In den ersten Jahren ihrer Tätigkeit, als die Farm noch nicht FLP-geprüft war, musste Paulina Vilca sieben Tage in der Woche arbeiten, jeweils elf Stunden am Tag. Es gab keine Arbeitskleidung, keine Umkleidekabinen, keine Duschen. Chemikalien wurden gespritzt, noch während die Arbeiter in den Gewächshäusern waren. Mutterschutz gab es nicht. Arbeiterinnen haben versucht, ihre Schwangerschaften zu verheimlichen, aus Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Es gab keinen Arzt und keine Medikamente.

„Heute werden unsere Rechte respektiert. Auf der FLP-Farm habe ich einen sicheren und sauberen Arbeitsplatz“, fasst Paulina Vilca die direkten Auswirkungen der Zertifizierung zusammen. Nun hat sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Sie arbeitet 40 Stunden pro Woche, auf fünfeinhalb Tage verteilt. Den halben Samstag und den Sonntag hat sie frei. „Natürlich fallen auch Überstunden an, aber heute können wir sicher sein, dass sie auch bezahlt werden“, räumt die 25-Jährige ein. „Die erfrischende Dusche nach der Arbeit tut gut. Und wir haben Arbeitskleidung, Handschuhe und Mundschutz. Wir werden geschult, wie wir uns vor den eingesetzten Chemikalien schützen können“, erzählt die Blumenarbeiterin. Ein Arzt sei jeden Tag auf der Farm. Er behandele nicht nur die Arbeiter und ihre Familien, sondern halte auch Vorträge zur Suchtvorbeugung und Familienplanung.

Die Zertifizierung brachte auch einen enormen Fortschritt beim Mutterschutz: FLP-Farmen gewähren drei Monate Mutterschaftsurlaub und täglich zwei Stunden Stillzeit für junge Mütter. „Beim FLP sind in den Prüfer- Teams, die die Betriebe inspizieren, zwingend Frauen dabei. Die Arbeiterinnen sind am Arbeitsplatz oft besonderer Diskriminierung ausgesetzt und öffnen sich mit ihren Problemen eher gegenüber einer Frau“, erläutert FLP-Geschäftsführerin Silke Peters. Diese ausdrückliche Berücksichtigung der Belange von Frauen unterscheidet das FLP auch von fairfleurs, einem seit Herbst 2005 von TransFair und den Fairtrade Labelling Organizations International eingeführten neuen Blumensiegel. Dieses beruht ansonsten auf ähnlichen Standards wie das FLP-Siegel. Während aber die FLP-Blumen im floristischen Fachhandel vertrieben werden, werden die TransFair-Rosen in Supermärkten verkauft.

Die Tätigkeit, die Paulina Vilca am meisten Spaß macht, ist das Beschneiden der Rosen. Ihr Team besteht aus 13 Personen. Ihre Kolleginnen und Kollegen haben sie zu ihrer Sprecherin gewählt. Früher wäre das nicht möglich gewesen, denn die Arbeiter hatten kein Recht, sich zu organisieren. José, ihr Freund, ist der Leiter des Teams. Gemeinsam bemühen sie sich, die Situation der Arbeiter zu verbessern. Paulina Vilca ruft die deutschen Konsumenten dazu auf, FLP-Blumen zu kaufen: „Je besser sich unsere Blumen verkaufen, desto leichter können wir weitere Verbesserungen unserer Arbeitssituation aushandeln.“

Immer mehr Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen sehen die Notwendigkeit, auf diesem Wege Verantwortung für Mensch und Umwelt zu übernehmen. Sie sind wichtige Multiplikatoren. „Verwendet eine Kirche nur noch fair produzierte Blumen, werden sich auch Gemeindemitglieder über die Probleme bewusst und fragen bei der Planung einer Hochzeit oder Taufe nach den Blumen mit dem FLP Siegel.“ So die Hoffnung von Sonja Gündüz, Projektkoordinatorin für öffentliche Beschaffung im FLP. Das FLP stellt Beschlussvorlagen bereit, oder hält Vorträge, um kirchliche oder öffentliche Entscheidungsträger über die Probleme und Alternativen aufzuklären.

Hintergrund

Internationale Standards

1998 haben Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und Vertreter des Blumenhandels das Flower Label Program (FLP) gegründet. Es verleiht ein Gütesiegel an Blumenbetriebe, die internationale Standards für die sozial- und umweltverträgliche Produktion von Schnittblumen einhalten. Dieser Internationale Verhaltenskodex fordert für Blumenbetriebe unter anderem das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie Gewerkschaftsfreiheit, die Gleichbehandlung aller Beschäftigten, Existenz sichernde Löhne und das Verbot, hochgiftige und krebserregende Pestizide einzusetzen.

Deutschlandweit sind beim FLP 1300 Floristen gelistet. Ob auch der eigene Lieblings-Blumenladen dazu gehört, kann auf der FLP-Homepage im Internet recherchiert werden.

Weitere Informationen: Flower Label Program (FLP), Siegfriedstraße 1-3, 50678 Köln, Telefon 0221/3406645, E-Mail: guenduez@fairflowers.de, Internet: www.fairflowers.de

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