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Wo die Bibel lebendig wird
28.03.10

Wo die Bibel lebendig wird

Geistliche Tage im Heiligen Land: 100 Wallfahrer aus dem Bistum Limburg reisen nach Israel – Bischof Tebartz-van Elst: „Die Wallfahrt war eine Schule des Glaubens, des Gebets und der Gemeinschaft.“

 

Ausgabe 13 vom 28. März

Nach fünf Tagen verlassen die Pilger ihre Unterkünfte am See Gennesaret und fahren hinauf nach Jerusalem. Der Weg führt sie durch das Jordantal, bergauf durch die Wüste, bis sie die goldene Kuppel des Felsendoms am Horizont sehen. In Jerusalem ziehen sie vom Ölberg hinunter in die Stadt, voller Spannung darauf, was sie in den folgenden Tagen erleben werden. Fotos (16): Julia Jendrsczok

Besondere Stimmung während der Fahrt über den See Gennesaret. Pfarrer Bornemann hatte die Bibelstelle vorgelesen, die Teilnehmer lassen die Worte in einem Moment der Stille auf sich wirken.

Bischof Tebartz-van Elst hat immer ein offenes Ohr für die Pilger.

Von Julia Jendrsczok

Das goldene Dach des Felsendoms leuchtet in der Sonne. Ein unvergesslicher Anblick für die Pilger aus dem Bistum Limburg. 2000 Jahre nachdem Jesus jubelnd in Jerusalem empfangen worden ist, gehen sie den Weg vom Ölberg hinunter in die Stadt nach. Sie folgen den Spuren Jesu im Heiligen Land.

Die etwa 100 Teilnehmer an der Bistumswallfahrt „Geistliche Tage im Heiligen Land“ engagieren sich im Bistum Limburg. Die meisten von ihnen ehrenamtlich. Sie haben sich aufgemacht in die Fremde, um die Orte zu entdecken, an denen Jesus gelebt, gepredigt und gebetet hat. Für viele geht mit dieser Reise ein Traum in Erfüllung: „Ich habe immer in der Bibel geschaut, an welchen Plätzen Jesus gewesen ist. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal wirklich hierherkommen werde“, sagt Elsbeth Soeberdt aus Battenberg.

Abstand gewinnen vom Alltag

Die Pilger sind in ihrem Alltag aufgebrochen, auch, um sich auf Ostern vorbereiten zu können. „Für mich ist es eine geschenkte Zeit, um einmal Abstand zu bekommen vom Alltag und mich auf meinen christlichen Glauben zu besinnen“, sagt Regens Dr. Christof Strüder. Auf diese Weise erhofft sich Strüder, das Wichtige vom Unwichtigen trennen zu können.

Zu Beginn der Wallfahrt ermutigt Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst die Pilger, den Anker ihres Glaubens festzumachen in Gott. Drei Ziele hat der Bischof für die Wallfahrt: Das erste Ziel sei es, sich auf den Rhythmus des Ortes einzustimmen und so die Ruhe des Glaubens zu finden. Der zweite Aspekt ist laut Tebartz-van Elst die notwendige Aufmerksamkeit für die Bilder der Bibel. Die Pilger sollen hinschauen und entdecken, dass ihr Leben und sie selbst in den biblischen Bildern vorkommen. Die Gemeinschaft der Pilger soll immer mehr zu einer Gemeinschaft des Glaubens zusammenwachsen. Dies nennt der Bischof als dritten wichtigen Aspekt.

Diese Ziele spiegeln sich im Tagesablauf der Wallfahrer wider. Die Stundenliturgie der Kirche bestimmt die Struktur der zehn Tage. Dazu gehören die Laudes am frühen Morgen, am Nachmittag eine Vesper und am Abend die Komplet. Jeden Tag feiert die Gruppe eine Eucharistiefeier.

Die Pilger üben sich im Gebet der Psalmen. Stefan Herok vom Referat Schulpastoral gibt ihnen dazu eine Einführung: „Die Worte leben vom Klang der Stimme. Es geht darum, die Worte klingen zu lassen mit den Saiten der Seele.“

Auch die Betrachtung biblischer Bilder hat ihren Platz. Dazu suchen die Pilger die Orte auf, an denen Jesus gelebt und gewirkt hat, und lesen dort die jeweiligen Bibelstellen. Sie gehen den Lebensweg Jesu nach, beginnend mit einer Fahrt nach Nazaret. Dort besuchen sie die orthodoxe Verkündigungskirche mit dem Marienbrunnen. Am Nachmittag erreichen sie Kana, wo Jesus sein erstes Zeichen gegeben hat. Die religiösen Betrachtungen werden ergänzt durch Wanderungen, die den Reisenden die Möglichkeit geben, das Gehörte zu verinnerlichen und über die Worte nachzudenken. Zum Beispiel der Gang durch das Taubental, durch das Jesus nach Kafarnaum gezogen ist.

Am See Gennesaret wohnen die Pilger im Pilgerhaus Tabgha direkt am Seeufer oder auf dem Berg der Seligpreisungen mit Blick auf den See. Sie besuchen Kafarnaum, die Brotvermehrungskirche und den Ort, wo Jesus nach seiner Auferstehung Petrus erschienen sein soll. Auch heute noch fischen Männer an dieser Stelle des Sees.

An den Orten wird Jesus besser vorstellbar

Immer wieder machen die Pilger die gleiche Erfahrung: Sie ziehen zu den historischen Orten, an denen Jesus gelebt hat, und müssen feststellen, dass diese Orte sehr wahrscheinlich nicht mehr so aussehen wie einst. Oder dass es nicht sicher ist, ob Jesus wirklich an dieser Stelle gewesen ist. Trotzdem prägen sich die Orte sehr stark ein und erlauben es, sich Jesus besser vorstellen zu können. „Es ist toll, die Bibelstellen an den Orten zu lesen, mit denen sie verbunden sind. Dadurch wird die Bibel einmal ganz anders lebendig“, sagt Sabine Noppeney aus dem Pastoralen Raum Schloßborn-Schmitten.

Nach fünf Tagen in der Idylle am See Gennesaret brechen die Pilger auf nach Jerusalem. Am See ist es frühlingshaft, alles grünt und blüht. Die Temperaturen steigen tagsüber auf 30 Grad Celsius. Auf der Fahrt nach Jerusalem führt der Weg durch das Jordantal. Dann wird die Landschaft karg und die Reisenden fahren durch die Wüste hinauf in die Heilige Stadt.

Auf nach Jerusalem, dem Ort des Leidens Jesu

„Wir sind in Jerusalem!“, begrüßt Regens Strüder die Pilger. Der Felsendom glänzt in der Sonne, Händler preisen ihre Waren in den engen Gassen der Altstadt an. Mit der Beschaulichkeit am See Gennesaret ist es vorbei. In der Eucharistiefeier in der Sankt-Petrus- Kirche in Gallicantu gedenken die Pilger der Verleugnung Jesu durch Petrus. „In Caesarea Philippi konnte Petrus sich noch hinauswagen und vollmundig bekennen: Du bist der Messias“, sagt Strüder. „Hier in Jerusalem, der Hauptstadt der Juden, herrschten andere Umstände, die eine andere Antwort hervorbrachten.“

Bei der Vigil am Abend im Garten Gethsemane spüren die Menschen der ausweglosen Situation Jesu kurz vor seiner Festnahme nach. Schweigend gehen sie am folgenden Tag den Kreuzweg zur Grabeskirche nach. Am selben Tag fährt die Gruppe nach Emmaus- Qubeibe. Dort gibt es ein freudiges Wiedersehen mit Bischof Tebartzvan Elst, der wegen eines wichtigen Termins für ein paar Tage nach Detuschland musste.

Mit dem Thema Schuld und Umkehr beschäftigen sie sich bei einem Besuch in Yad Vashem, der israelischen Gedenkstätte des Holocaust. In einem Bußgottesdienst erkunden sie ihr Gewissen.

Die Tage vergehen wie im Flug. Am letzten Tag der Reise besichtigt die Gruppe den Abendmahlssaal auf dem Zionsberg. Im Abschlussgottesdienst in der Dormitio-Abtei zieht Bischof Tebartz-van Elst sein Fazit: „Von diesem Ort nehmen wir mit, was die Kirche so dringend braucht: den Aufbruch und die Bereitschaft, weiterzugeben, was uns geschenkt wurde.“ Dabei sind dem Bischof drei Elemente besonders wichtig: die Einheit mit dem Auferstandenen im Gebet, die Liebe zur Kirche und die Sendung in die Welt. „Dort kommt es darauf an, dass wir unsere Erfahrungen weitergeben. Wo der Glaube mich persönlich berührt, da kann er auch andere berühren“, sagt der Bischof.

Nachgefragt

Das nehme ich mit nach Hause

Wunderbarer Chorgesang

Ich nehme sehr viele Erlebnisse und Erfahrungen mit nach Hause. Auf der einen Seite das beschauliche Galiläa in blühender Frühlingspracht, wo wir den Spuren Jesu nachgegangen sind. Auf der anderen Seite das begrenzte und spannungsreiche Jerusalem, die Stadt in der Wüste. Ich habe tiefe spirituelle Erfahrungen gemacht, besonders bei den Gottesdiensten. Sie waren auch musikalisch sehr ansprechend gestaltet – mit guten Texten und diesem wunderbaren Chorgesang der Gemeinde. Das Kennenlernen von neuen Gottesdienstformen hat mich sehr erfüllt. Da war zum Beispiel das Erleben des Kreuzweges. Diese Erfahrung war ganz wunderbar, das schweigende Gehen und die besinnlichen Texte zur Einführung. Auch die musikalische Begleitung durch Gitarre und Querflöte hat mir sehr gut gefallen.

Ingeborg Dries (52) aus dem Pastoralen Raum Rüdesheim-Lors

Gemeinschaft von Gleichgesinnten

Was ich von der Wallfahrt mitnehme, sind vertiefte persönliche und in der Gemeinschaft erlebte Glaubenserfahrungen, die ich weitergeben will. Auch meine Ergriffenheit im Glauben hat eine ganz neue Qualität bekommen. Der Glaube will nicht nur begriffen werden, sondern man muss von ihm ergriffen werden. Dazu muss man die Möglichkeit haben, die Orte und den zeitlichen Freiraum, so wie das für uns organisiert wurde. Man brauchte die zehn Tage lange Zeit, um sich mit solchen Fragen und Erlebnissen auseinander zu setzen. Ich nehme eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten mit, die hoffentlich über die Wallfahrtstage hinaus noch lange Bestand hat. Außerdem habe ich noch spannende Tage am Schnittpunkt der großen Religionen in Jerusalem erlebt und Erfahrungen mit verschiedenen Glaubensvollzügen auf engstem Raum gemacht.

Thomas Grohmann (49) aus dem Pastoralen Raum Schloßborn-Schmitt

Ganz anderes Glaubensgefühl

Ich nehme von der Wallfahrt ins Heilige Land ein ganz anderes Glaubensgefühl mit. Ich bete jetzt auch anders, so im Hinblick auf Ostern. Ich bete mit mehr Gefühl und kann das alles viel mehr verinnerlichen durch die Stationen, die wir gemacht haben. Außerdem merke ich, dass wir in unserem Pastoralen Raum noch näher zusammen gekommen sind. Man hat sich näher kennen gelernt, auch durch die Austauschrunden jeden Abend. In kleinen Runden haben wir uns zusammengesetzt und erzählt, wie wir den Tag empfunden haben. Wir haben auch viel über die pastorale Arbeit gesprochen und welche Veränderungen wir da machen können. Am meisten beeindruckt hat mich der Gottesdienst am Jordan mit der Tauferneuerung. Es war sehr emotional und bewegend, an dem Ufer zu stehen, wo Jesus damals auch stand.

Hanna Kohlhaas (17) aus dem Pastoralen Raum Westerbu

Im Bekanntenkreis davon erzählen

Ich nehme alle Erfahrungen mit, die wir an den verschiedenen Orten gemacht haben. Vor allem die spirituellen Erfahrungen mit der Bibel. Das ist für jeden von uns so, dass wir Gotteserfahrungen machen und dass es uns nicht immer leicht fällt, Gottes Wege zu beschreiten. Wir haben nicht immer ein offenes Ohr für Gott, sodass wir manche Verkündigung überhören im Alltag. Die Umsetzung nur auf die Gemeinde zu beschränken, ist mir zu wenig. Ich werde versuchen, meine Familie dafür zu sensibilisieren. Darüber hinaus aber auch in meinem Bekanntenkreis und in meinem Arbeitsumfeld. Das ist ein großes Spektrum, in dem man sich bewegt und in dem man viel Zeit verbringt. Ich habe schon vorher davon erzählt. Jetzt werden die Kollegen fragen, was ich erlebt habe und was mich beeindruckt hat. Meine Kollegen haben ein offenes Ohr dafür.

Christian Janikula (45) aus dem Pastoralen Raum Wetzlar-S

Stationen

„Aufbruch und Segen“

„Wir sind hier, um den Anker unseres Lebens festzumachen in Gott“, sagt Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst am ersten Abend im Heiligen Land. Die Pilger versammeln sich am Ufer des See Gennesaret, um die Komplet zu beten und sich auf die Wallfahrt einzustimmen.

„Immanuel – Gott mit uns“

Am zweiten Tag fahren die Pilger nach Nazaret, um den Ort kennen zu lernen, an dem Jesus seine Kindheit verbracht hat. In Kana feiern die Wallfahrer an diesem Tag die Eucharistie. Nach dem Gottesdienst wandern sie durch das Taubental, durch das auch Jesus auf seinem Weg zum See Gennesaret gelaufen ist.

„Berufung“

Am dritten Tag der Wallfahrt besuchen die Menschen aus dem Bistum Limburg Kafarnaum. Außerdem wandern sie zur Brotvermehrungskirche und zu der Stelle am See, an der Jesus seinen Jüngern nach der Auferstehung erschienen ist und Petrus zu seinem Nachfolger beruft. Dort fischen auch heute noch Männer.

„Verkündigung“

Wanderung auf den Berg der Seligpreisungen. Dort meditieren die Wanderer über die Zeilen der Bergpredigt. Die Wallfahrer zeichnen an unklaren Stellen Frage- und Ausrufezeichen in den Text. Am Nachmittag tauschen sie sich über ihre Fragen aus. Danach fährt die Gruppe in einem Boot über den See Gennesaret.

„Hinter mich!“

Für viele Teilnehmer der Höhepunkt der Wallfahrt: die Feier der Tauferneuerung am Ufer des Jordans. Danach macht die Gruppe eine „geistliche Wanderung“ zu einem Wasserfall in Banjas, Caesarea Philippi.

„Aufbruch nach Jerusalem“

Am sechsten Tag verlassen die Männer und Frauen den See Gennesaret und fahren nach Jerusalem. Dort genießen sie einen Blick vom Ölberg auf die Stadt. Sie besuchen den Garten Gethsemane und die St. Petrus-Kirche in Gallicantu. Am Abend feiern sie die Vigil im Garten Gethsemane und besuchen die Klagemauer.

„Erster Tag der Woche“

In Jerusalem beten die Bistumswallfahrer den Kreuzweg Jesu und gehen ihn schweigend nach. Am Nachmittag fahren sie nach Emmaus Qubeibe. Dort gehen sie gemeinsam mit Schwester Hildegard von den Salvatorianerinnen den Emmaus-Weg.

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