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Alt, na und?
26.09.10

Alt, na und?

Provokante Thesen von Soziologe Peter Gross am„Tag der Caritas“

 

Ausgabe 39 vom 26. September

Alte Menschen können noch viel auf die Beine stellen, sagt der Referent am Tag der Caritas, Peter Gross. Der Chor „die Wilden Alten“ zeigte dies eindrücklich. Mit ihrem „Falten-Rock“ begeisterten sie das Publikum in der Limburger Stadthalle. Fotos: (2) Bärbel Faustmann

Das Leben im Alter neu erfinden, sagt der Soziologe Peter Gross

Von Bärbel Faustmann

„Die Sorgen um meine Kinder hörten erst auf, als sie selbst im Altenheim wohnten.“ Der Schweizer Soziologe Peter Gross zitiert eine alte Dame beim „Tag der Caritas“ in der Limburger Stadthalle. „Ist das Alter ein Glücksfall?“, liest er nicht vom Papier ab. „Das macht mir mittlerweile zu viel Mühe.“

Der noch recht jung wirkende 69-jährige Peter Gross hat ein Credo: „Positiv alt werden“, so lautet sein kurzweiliger Vortrag. Der Soziologe kam auf Einladung von Diözesancaritas-Direktor Dr. Hejo Manderscheid, einem früheren Studenten von ihm. „Nach vielen Jahren des Wiedersehens dachte ich: Mann, ist der alt geworden.“

Wie sieht Altsein aus? Gross mag nicht die düsteren Bilder von wackeligen Alten, die planlos durch die Fußgängerzonen tappen oder traurig auf der Friedhofsbank hocken. Provokant stellt er fest: „Wenn ich mich so umschaue, machen die Alten auf mich einen ruhigen und diziplinierten Eindruck. Herumirren tun doch die Jungen.“ Und gerade die könnten von der Lebensweisheit und vom Geld der alten Menschen, die sehr wohl ihren Beitrag leisteten, profitieren.

Es gab nie soviel Freiheit wie heute

Dank gesunder Ernährung und einer deutlich besseren medizinischen Versorgung würden heutzutage die Menschen eben zusehends älter. „Wann gab es je so viele Familien mit drei Generationen, bis hin zur Ur-Oma?“ Der Soziologe sprach die demografische Entwicklung der Gesellschaft an. „Früher kamen die Kinder zahlreich, nicht immer gewollt, manchmal notgedrungen auf die Welt. Heute entscheiden die Paare frei, ob sie Kinder bekommen, und wenn, wie viele.“ Das sieht Gross positiv: Ein oder zwei Kinder können wesentlich mehr Liebe und Aufmerksamkeit erfahren. Er fordert die Alten auf, bereits zu Lebzeiten den Jungen Zeit und Geld zu schenken. Ihnen stünden schwere Zeiten bevor, Karriere, Partnerschaft, Kinder, das sei eine Herausforderung. Und schließlich wollten auch die Jungen alt und immer älter werden. Anschaulich beschreibt Gross den Wandel. „Vor 20 oder 30 Jahren ging kein Mann mit den Kleinen spazieren, das galt als weibisch.“ Jetzt tummelten sich auf den Spielplätzen auch die Opas.

An den Frauen kommen nach Ansicht des Redners die Männer nicht vorbei. „Frauen haben das Altern besser im Griff. Ein Beispiel: Wenn du als Mann morgens fragst, was gibt es heute zu Mittag und darf ich zum Einkaufen mitgehen, dann bist du echt alt.“ Für Gross ist klar, dass die Frauen im Alter das Zepter schwingen. Eine aufkommende Langsamkeit, auch in der Liebe, müsse als Chance begriffen werden. Es stehe die freundschaftliche, die karitative Zuneigung mehr im Vordergrund.

Das Altern als Chance begreifen

Doch ist Alt werden wirklich nur ein Glücksfall? Was ist mit den Dementen, den an Alzheimer erkrankten Senioren? Ausblenden kann das der Soziologe nicht. Seine Botschaft hierzu: „Vergessen kann auch gnädig sein.“ Es sei eher eine List der Natur, von der eigenen Krankheit fast nichts mitzubekommen. „Oder will manch ein Mensch ganz schlicht sein nicht so gut verlaufenes Leben der Vergessenheit anheim geben?“

Ratschläge für positives Altern gibt Gross: Bewusst die Lebensjahre gestalten. Sich einbringen, auch noch in der Arbeitswelt. „Warum gehört mittlerweile die so genannte Generation 50 plus zum alten Eisen? Sie hat im Gegenteil viel an Weisheit und Erfahrung zu bieten.“ Sich körperlich und geistig fit halten, neugierig auf die verbleibende Zeit sein, sich äußerlich nicht verloddern lassen, so lauten die Rezepte des Redners. Er gibt eine Warnung mit auf den Weg: „Alte Menschen sind gefährlich, weil sie keine Angst vor der Zukunft haben.“

Nicht abwarten, was das Alter mit uns macht, sondern es selbst leben und neu erfinden. Diese Aussage von Gross stellte eingangs der gemischte Chor aus Katzenelnbogen „Die wilden Alten“ unter Beweis. Die Sänger und Sängerinnen, geboren zwischen 1928 und 1950, begeisterten mit ihrem ersten öffentlichen „Falten- Rock-Auftrittt“ mit Klassikern aus Pop, Rock und Soul, alles gesungen in deutscher Sprache. Schwungvoll ging es da auf der Bühne zu. So manch ein gekonnter Hüftschwung, frohe Gesichter mit Spaß am Gesang, das brachten diese Alten dem Publikum in der Stadthalle rüber.

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