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Aufbruch und Hoffnung
12.12.10

Aufbruch und Hoffnung

Bischof Tebartz-van Elst weiht neue Kirche in Oberursel-Oberstedten

 

Ausgabe 50 vom 12. Dezember

Während der Weihe der neuen kleinen Kirche entzündete Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (Mitte) auf dem Altar Weihrauch. Foto: Jochen Reichwein

Mit einer Umarmung „begrüßte“ die Gemeinde ihre neue Kirche. Mit einer solchen Geste hatte sie sich im Mai 2009 auch vom alten Gotteshaus verabschiedet. Foto: Jochen Reichwein

Renate Kexel hat sich für die neue Kirche eingesetzt. Foto: privat

Von Bernhard Perrefort

Es war ein besonderer Freudentag, dieser zweite Advent, nicht nur für die Gemeinde St. Petrus Canisius in Oberursel-Oberstedten: Auch Pfarrer Andreas Unfried erlebte zum ersten Mal eine Kirchweih-Zeremonie. Und Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst sagte, dass er zuvor noch keine Kirche geweiht habe.

Als Zeichen „der Hoffnung“ und „des Aufbruchs“ bezeichnete er das seltene Ereignis dieser Weihe, das ins benachbarte Gemeindezentrum übertragen wurde und an dem viele Geistliche und pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnahmen. Nach der Schlüsselübergabe an die Gemeinde begann der Bischof zunächst mit der Segnung des Taufwassers, besprengte damit die Wände und die Gottesdienstbesucher und salbte die zwölf Apostelkreuze. Anschließend segnete er als Ort der Verkündigung den Ambo. Zum Weiheritus gehört auch die Beisetzung der Reliquien, in diesem Fall der Heiligen Urbanus, Tarcisius und Coelestina, unten im Altar, dessen Platte Bischof Tebartz-van Elst mit Chrisam salbte. In besonderer Erinnerung wird den Gläubigen das Verbrennen des Weihrauchs auf dem Altar bleiben, das der Bischof beim späteren Empfang als ein „wahres Adventsfeuer“ bezeichnete. Am Ende der Weihefeier segnete er noch den Tabernakel.

„Auch im Winter wächst die Saat.“
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

In seiner Predigt verwies der Bischof darauf, dass man „in einer winterlichen Zeit der Kirche“ Orte brauche, an denen Menschen im Glauben auftauen, weil sie im Innersten von der Gewissheit beseelt sind: „Auch im Winter wächst die Saat.“ Die neue Kirche vermittle „eine Herzenswärme, die von innen kommt“. Von ihr, so der Bischof, gehe eine dreifache Botschaft aus. Wo „Platz für Gott“ ist, werde die Kirche als Ort der Anbetung Gottes „zum Lebensraum, in dem der Mensch atmen kann“, betonte Franz-Peter Tebartz-van Elst: „Hier entscheidet sich, was unsere Gesellschaft trägt.“ Die zweite Botschaft lautete: „Für Christus die Türen öffnen.“ Für den Bischof ist die neue Kirche „ein Ort der Sammlung und der Sendung“. Wenn sich nach dem Ruf „Gehet hin in Frieden!“ Türen öffneten, stehen sie „für Herzen, die sich im Glauben geöffnet haben“. Mit Blick auf die Umarmung der Kirche nach der Weihezeremonie sprach Tebartz-van Elst von der dritten Botschaft: „Die Kirche umarmen.“ Er forderte zu einer „Liebe zur Kirche auf, die mitfühlt und mitgeht“.

Nach der feierlichen Weihe segnete der Bischof das Gemeindezentrum, das er auf Hessisch als „gut Stubb“ bezeichnete. Beim Empfang bedankte sich Verwaltungsrat Heribert Decker für die Gastfreundschaft der evangelischen Gemeinde und bei seiner Gemeinde: „Alle haben mitgemacht. Es hat Spaß gemacht.“

Nachgefragt

„Wagnis wird sich lohnen“

Es waren vor allem der Pfarrgemeinderat, PGR, und der Verwaltungsrat, VWR, der Gemeinde St. Petrus Canisius, die laut Pfarrer Andreas Unfried während der Planungs- und Bauphase ohne Unterstützung „vieles allein stemmen mussten“. Er stellte den Gremien nicht nur „ein tolles Reifezeugnis“ aus, sondern sprach auch von einer Vorbildfunktion für andere Gemeinden, da Kirche von unten lebe. Im Interview mit dem „Sonntag“ geht die PGR-Vorsitzende Renate Kexel auf die neue Kirche ein.

Frage: Vor zwei Jahren sprachen Sie von einem gewissen Abschiedsschmerz, als Ihre Gemeinde die alte Kirche aufgab. Ist die Freude jetzt um so größer? Schließlich sind Kirchenneubauten in heutiger Zeit eher die Ausnahme.

Kexel: Im Vertrauen auf Gott haben wir die neun Jahre Planungs- und 18 Monate Bauzeit gewagt und uns durch nichts davon abbringen lassen. Es war zwar schmerzlich zu sehen, wie der Bagger unsere alte Kirche zerstörte, aber um so schöner war es zu erleben, dass zeitgleich das neue Kirchengebäude entstand. Von da an waren wir sicher, dass ein ganz besonderer Kirchenraum entsteht. Dem Trend folgend ist die neue Kirche kleiner, bescheidener und doch mit allem versehen, was Christen von einem Kirchengebäude erwarten.

Eine neue Kirche – ist das für Ihre Gemeinde ein Aufbruch?

Auf jeden Fall bedeutet eine neue Kirche einen Aufbruch für die Gemeinde. Als am vorvergangenen Sonntag beim letzten Gottesdienst in der evangelischen Kirche das Bild des Innenraums der neuen Kirche gezeigt wurde, ging ein Raunen durch die Gemeinde. Wir sind sicher, auch wenn sich unsere katholische Kirche im Moment in einer Krise befindet, dass ein Neuanfang, ein Aufbruch in eine Gemeinde der Zukunft, wie auch immer die aussehen mag, zwar viel Mut erfordert, aber das Wagnis sich auf jeden Fall lohnt. Unsere Kirche soll nicht nur ein schönes Gebäude sein, sondern Heimat im Glauben für alle, die danach suchen. „Gott baut ein Haus, das lebt“, haben wir während der Bauzeit oft gesungen. Wir sind uns bewusst, dass Gott auf uns, die lebendigen Steine, baut, mit ihm als Halt und Fundament. Wir vertrauen darauf, dass unser Kirchenhaus mit Leben erfüllt wird, wenn wir dafür sorgen, dass sich Menschen in diesem Haus begegnen und wohlfühlen.

Sie rücken jetzt in der neuen kleineren Kirche als Gemeinde deutlich enger zusammen. Jetzt, während der Einweihung, war das spürbar. Was versprechen Sie sich von der neuen Sitzordnung vor allem?

In der Übergangszeit in der evangelischen Kirche sind wir als Gemeinde enger zusammengerückt und konnten uns da bereits auf einen kleineren Kirchenraum einstellen. In der neuen Kirche stehen Altar und Ambo im Mittelpunkt, das ist neu. Die Gemeinde versammelt sich tatsächlich um den Altar. Die Menschen schauen sich an. Das bietet Möglichkeiten für andere, neue Formen von Gottesdiensten. Wir sind froh und dankbar, diesen Neuanfang gewagt zu haben.

Interview: Bernhard Perrefort

Hintergrund

Fast neun Jahre Planung

In 18 Monaten Bauzeit entstand die neue Kirche St. Petrus Canisius in Oberursel-Oberstedten. Als Vorbild diente dem Verwaltungs- und Pfarrgemeinderat die Seminarkirche der Hochschule Sankt Georgen, die die beiden Gremien auf einer „Neukirchen-Erkundungsreise“ in der Region überzeugte. Das neue Gotteshaus ist ein Rundbau mit Platz für 160 Gläubige. Das über das Dach einfallende Tageslicht werde zum Raum prägenden Gestaltungsmerkmal, schreibt das Architekturbüro Hofmann. Die neue Kirche hat nur ein Zehntel der Größe der alten, aus der das Dreifaltigkeits-Buntglasfenster,der Tabernakel, eine Madonnenfigur und ein Kreuz übernommen wurden. Sicht und Verständnismöglichkeiten sind somit ohne technische Hilfsmittel möglich. Und die laufenden Kosten lassen sich auf ein Minimum senken. Darüber hinaus gibt es ein funktionales Gemeindezentrum von 250 Quadratmetern. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 1,98 Millionen Euro.

Diese Summe hat die Gemeinde aufgebracht. Bereits seit 2001 liefen die Planungen – teils sehr beschwerlich. Die laufenden Kosten für die alte, zu groß gewordene, 1964 geweihte Kirche stiegen in die Höhe. Als die Stadt das alte Grundstück erwerben wollte und gleichzeitig ein kleineres an der Straße „An der Landwehr“ anbot, entschloss man sich schließlich zu einem Neubau. Am 21. März 2009 erfolgte die Profanierung des alten und der Spatenstich für das neue Gotteshaus. (bp)

Kommentar

Weichen gestellt

Altes aufgeben und Neues aufbauen. Die Gemeinde St. Petrus Canisius in Oberstedten hat dies eindrucksvoll umgesetzt. Wohl wissend, dass sie künftig in anderen pastoralen Strukturen in Oberursel/Steinbach nicht Zentralpfarrei sein wird. Die Oberstedtener haben rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und mit dem Bau von Kirche und Gemeindezentrum die Weichen für eine weiter lebendige Gemeinde gestellt.
Bernhard Perrefort

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