Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
„Reich werden nur die anderen“
07.03.10

„Reich werden nur die anderen“

Misereor-Gast Pater Bérilengar informiert im Bistum Limburg über seine Heimat Tschad

 

Ausgabe 10 vom 7. März

Machte unter anderem im Hofheimer Exerzitienhaus Station: Pater Bérilengar wurde bei seinem Besuch im Bistum Limburg von Günter Adam, Bezirksreferent im Main-Taunus (links), begleitet. Foto: Barbara Schmidt

Von Barbara Schmidt

Hofheim. Einen Satz hat Jesuitenpater Antoine Dathol Bérilengar in den vergangenen Tagen schon oft gehört: „Das haben wir alles gar nicht gewusst“, heißt es immer wieder, wenn er in Schulen, Kirchengemeinden oder vor Politikern über die Probleme seines Landes mit der Erdölförderung spricht.

Es lohnt sich offenkundig, aufmerksam zu machen auf dieses Schwerpunktthema der diesjährigen Misereor-Aktion, die unter dem Motto steht: „Gottes Schöpfung bewahren – damit alle leben können.“

Pater Bérilengar ist selbst Sohn eines Bauern, er kennt die Not der Landbevölkerung deshalb nicht nur vom Hörensagen. Auf Einladung des bischöflichen Hilfswerks ist der Jesuit aus dem Tschad in Deutschland unterwegs und machte dabei auch für einige Tage im Bistum Limburg Station. Zu seinem Besuchsprogramm zählten unter anderem die Eröffnung der Fotoausstellung in Eschborn, die „Rohstoffe: Für eine gerechte Welt?!“ überschrieben ist, ein Gottesdienst in der Frankfurter Gemeinde St. Gallus und ein Informationsgespräch in der Philosophisch- Theologischen Hochschule Sankt Georgen.

Geld versickert, die Menschen werden ärmer

Pater Bérilengar leitet in N’Djamena, der Hauptstadt des Tschad, ein Bildungsinstitut für Studenten und Erwachsene. Als Vertreter der Glaubensgemeinschaften saß er auch für einige Jahre im Kontrollgremium, das die Verwendung der Gelder aus der Erdölförderung überwachen soll. Doch hier läuft längst alles nicht mehr so, wie es ursprünglich gedacht war. „Der Tschad ist kein demokratisch regiertes Land“, erläutert Pater Bérilengar, und die Gelder, die der Bevölkerung zu Gute kommen sollten, versickerten in Bauprojekten der Regierung, im Straßenbau oder würden für Waffen ausgegeben. „Die Menschen aber werden immer ärmer“, klagt der Jesuit.

Der überwiegende Teil der Menschen im Tschad, einem Land etwa dreieinhalb Mal so groß wie die Bundesrepublik, lebt von der Landwirtschaft. „Der Boden war ihr Reichtum“, sagt Pater Bérilengar. Doch das Land werde längst in weit größerem Maße als ursprünglich vereinbart für die Erdölförderung genutzt. „Statt der 300 Bohrlöcher sind es mittlerweile über 1000.“ Schlimmer noch: Die internationalen Konzerne, die das Geschäft bestimmten, dürften ihre Anlagen ohne viel Rücksicht auf die Umwelt errichten. „Es gibt zu wenig Auflagen“, kritisiert der Priester.

Die Kritik der katholischen Kirche, deren Bischöfe „sehr mutig“ gegen die Umweltzerstörung und Ausbeutung protestierten, fi nde wenig Gehör. Ganz ungefährlich ist sie zudem nicht. Kritiker landen nicht selten im Gefängnis. Bei den Vertretern der Kirche ist man da vorsichtiger, doch Pater Bérilengar kann von Drohungen berichten, die auch ihn immer wieder erreichen.

„Die Ressourcen, die mein Land hat, gehen verloren – reich werden nur die anderen“, sagt der Jesuit. Hinzu komme, dass der Tschad die Folgen des Klimawandels bereits deutlich spüre. Die Sahara breite sich Jahr für Jahr mehr aus, der riesige Tschad-See habe den Großteil seiner Wasserfläche bereits eingebüßt. „Der Klimawandel ist kein Traum, er ist eine Tatsache“, sagt der Pater, „und das verfügbare Land für den Ackerbau wird immer weniger.“

Die Gelegenheit, in Deutschland auf die Situation seines Landes aufmerksam zu machen, hat er daher gern ergriffen. „Im Jahr 2000 war Deutschland unter den Ländern, die der Weltbank grünes Licht für die Erdölförderung gegeben haben“, weiß Bérilengar. Deutsche Abgeordnete hätten das Projekt, dessen Erlöse in Fonds für die Entwicklung des Landes fließen sollten, auch zunächst interessiert begleitet. Sie neu auf das Thema und die Fehlentwicklung aufmerksam zu machen, ist ein Anliegen. Von ihnen und vielen Bürgern erhofft er sich zudem, dass sie bei den federführenden Erdölkonzernen wie Exxon auf Gespräche dringen.

Empfang bei Exxon in Hannover

Ein erster Erfolg ist bereits da: Exxon empfängt den Gast aus dem Tschad am 5. März in Hannover. Um seinem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen, ruft Misereor zu Petitionsbriefen an Exxon auf. Näheres findet sich auf der Internetseite www.misereor.de, die auch viele weitere Informationen über die Lage im Tschad bietet.

„Die Menschen im Norden brauchen das Erdöl“, sagt Pater Bérilengar. Seine Hoffnung: „Viele hier wissen, dass sie die Lebensgrundlagen in unseren Ländern schützen müssen.“ Eines macht er noch deutlich: „Niemand ist prinzipiell gegen die Ölförderung. Aber die Rechte der Bevölkerung und der Umwelt müssen geschützt werden.“

Die Foto-Ausstellung „Rohstoff: Für eine gerechte Welt?!“ zur Misereor-Aktion ist noch bis zum 14. März im Gemeindehaus Christkönig, Hauptstraße, in Eschborn zu sehen.

Zur Sache

Eröffnung am 21. März

Die diesjährige Misereor-Fastenaktion unter dem Motto „Gottes Schöpfung bewahren – damit alle leben können“ wird am 21. März bundesweit in Münster eröffnet. An diesem Tag wird mit der Fastenkollekte in allen katholischen Gottesdiensten um finanzielle Hilfe für die Arbeit von Misereor gebeten. Das bischöfliche Hilfswerk fördert in vielen Projekten dem Kampf der Armen gegen die Ausbeutung und setzt sich weltweit für mehr Gerechtigkeit und eine nachhaltige Energienutzung

ein. (kai) Informationen: www.misereor.de

Ihr Draht zu uns

Redaktion Limburg

Frankfurter Straße 9
65549 Limburg
Tel. 06431 / 9113-34
Fax 06431 / 9113-37
Mail: h-kaiser@kirchenzeitung.de

Redaktion Frankfurt

Domplatz 3 (Haus am Dom)
60311 Frankfurt
Tel. 069 / 8008718-260
Fax 069 / 8008718-261
Mail: b-perrefort@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de