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Im Fegefeuer
13.06.10

Im Fegefeuer

Diskussion im Haus am Dom über Wege der Kirche nach den Missbrauchsskandalen

 

Ausgabe 24 vom 13. Juni

Nahm an der Podiumsdiskussion im Haus am Dom teil: der Wiesbadener Stadtdekan Dr. Johannes zu Eltz. Foto: Barbara Brüning

Frankfurt (brü). Seit Januar erschüttern Berichte vom Missbrauch katholischer Geistlicher an Kindern die Öffentlichkeit. Die Zahl der Kirchenaustritte erreicht unerwartete Höhen. Was ist zu tun? Ist die Kirche noch zu retten? Wohin steuert sie ? Diesen Fragen ging ein aktuelles Forum im Haus am Dom nach.

Dass die Kirche durch den Skandal zerstört werde, glaubt Johannes zu Eltz nicht. Es handele sich eher um eine Art Purgatorium, ein Fegefeuer, aus dem sie gereinigt und erneuert hervorgehen werde, meinte der designierte Stadtdekan von Frankfurt, der zurzeit noch in gleicher Funktion in Wiesbaden wirkt. Es sei schon mehr am Brennen als bisher deutlich werde, gab Dr. Andreas Zimmer, der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für die Hotline der Opfer sexuellen Missbrauchs zu. Der Zölibat, demokratische Strukturen, in denen Frauen und Männer Ämter bekleiden, die Stärkung des Priestertums aller Gläubigen wurden erörtert.

Tabus dürfe es nicht geben, sagte Heinz Wilhelm Brockmann, Staatssekretär im Hessischen Kultusministerium und Mitglied des Zentralrats der Katholiken. Damit klar werde, dass es der Kirche wirklich ernst ist mit der Aufarbeitung. Denn auch wenn es Missbrauchsfälle in anderen gesellschaftlichen Einrichtungen gegeben habe, so sei die Bedeutung für die Kirche weit tiefgreifender. „Die Aufgabe des Priesters ist es, das Gottvertrauen der Kinder zu stärken. Dies zu benutzen für eigene Triebwünsche ist ein Verrat an der Offenheit der Kinderseele für Gott“, erklärte Professor Klaus Baumann, Priester und Psychotherapeut aus Freiburg.Hier wurde auch zu Eltz deutlich: Dass die Opfer des Missbrauchs sich in der Folge von der Kirche abwendeten, schneide sie von den Quellen des Heils ab. Diese Schuld laste wie ein Mühlstein auf den Schultern der Täter. Daher dürfe die Kirche es sich auch nicht leicht machen mit der Aufarbeitung. Es müsse ganz klar sein, dass sie von sich aus um Aufklärung bemüht und bereit ist, dafür etwas zu tun.

Brockmann kennt auch die Missbrauchsfälle aus der Odenwaldschule: „Immer dann, wenn nicht mehr hinterfragbare Machtsituationen da sind, wird es schwierig für Opfer, einen Ausweg durch Kommunikation zu finden. Geschlossene Systeme mit Machtstrukturen tendieren dazu, nichts nach außen dringen zu lassen.“ In der Priesterausbildung der evangelischen Kirche spiele das Thema Nähe und Distanz eine große Rolle, berichtet Dr. Petra Knötzele, Oberkirchenrätin und Mitglied der Missbrauchskommission der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Es werde bewusst gemacht, dass zu viel Nähe zu Abhängigkeit führe. Supervision sei ein gängiges Mittel in den Gemeinden. Man bemühe sich, Strukturen zu schaffen, in denen es Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche gebe, erklärte sie.

„Geschlossene Systeme mit Machtstrukturen tendieren dazu, nichts nach außen dringen zu lassen.“
Heinz Wilhelm Brockmann

„Es gibt praktisch keine Dienstaufsicht von Pfarrern“, beklagte Baumann. Er erhoffe sich echte Partizipation von Laien und mehr Leben des gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen. Ergänzend wies auch Brockmann darauf hin, dass Christus nicht offenbart habe, wie die Grenzen eines Amtes festzulegen seien.

Baumann forderte dringend, die Priesterausbildung zu reformieren. Man könne keine Auswahl nach dem Kriterium geistiger Reife treffen. Aber man könne durchaus Seminaristen eine Psychotherapie auferlegen, damit sie sich der vielleicht unbewussten Gründe für ihre Berufswahl bewusst werden könnten. Zimmer unterstützte diese Argumentation, indem er drauf hinwies, dass alle Menschen, Priester eingeschlossen, manchmal Machtgelüste und Gier verspürten.

Als vorbildlich in der Umsetzung von Konsequenzen aus Missbrauchsfällen wurden die USA und Kanada genannt, die einen ähnlichen Skandal bereits 1999 erlebten. Alle kirchlichen Mitarbeiter in den USA müssten Kurse zur Sensibilisierung durchlaufen. Es gebe ein Audit, das dies überprüfe und die Fortschritte würden im Internet dokumentiert.

Ob das aber genüge, um den Opfern gerecht zu werden, schien fraglich. Zimmer, dessen Hotline in zwei Monaten über 2300 Anrufe beantwortet hat, sprach davon, dass die meisten Opfer sich eine radikale Aufklärung wünschten. Das sei ihnen wichtiger als eine Gegenüberstellung mit den Tätern. Zu entschuldigen seien die Taten nicht, sagte Zimmer, aber Vergebung könnten sie durch die Beichte sicher finden. Er wünsche sich aber mehr Täter, die beichten, denn bislang seien sie eher uneinsichtig.

Kostenlose Hotline für Opfer von sexuellem Missbrauch unter 0800/1201000 (dienstags, mittwochs und donnerstags von 13 Uhr bis 20.30 Uhr) Hotline für Missbrauchstäter, die Hilfe suchen: Telefon 01805/ 439258

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