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Christus in die Mitte stellen
07.02.10

Christus in die Mitte stellen

Karlsamt im Frankfurter Bartholomäus-Dom mit dem polnischen Bischof Zbigniew Kiernikowski

 

Ausgabe 6 vom 7. Februar

Bischof Zbigniew Kiernikowski aus dem Bistum Siedlce (links) war Hauptzelebrant des diesjährigen Frankfurter Karlsamtes. Zu Beginn hatte ihn Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst begrüßt. Foto: Antonia Tomljanovic-Brkic

Von Antonia Tomljanovic-Brkic

Immer Ende Januar ehrt die Stadtkirche Frankfurt ihren Patron, den „Vater Europas“, Kaiser Karl den Großen (748 bis 814), mit einem feierlichen Gottesdienst im Kaiserdom. Gast und Hauptzelebrant des diesjährigen Karlsamtes war der Bischof von Siedlce (Polen), Zbigniew Kiernikowski.

Zu Beginn des Karlsamtes, dessen Tradition ins ausgehende 13. Jahrhundert zurückreicht, begrüßte Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst den polnischen Bischof und die zahlreichen Gottesdienstbesucher. Er wies auf das gemeinsame Haus Europa und die Notwendigkeit hin, es mit Werten auszustatten. Nur wer seine Vergangenheit, seine Wurzeln, kenne, habe auch eine Zukunft, betonte der Bischof. Zudem erwähnte er die Verdienste des polnischen Papstes Johannes Paul II., seinen Beitrag zum Fall des Eisernen Vorhangs und die Kraft der Veränderung, die diesbezüglich in Polen stattgefunden haben.

Bischof Zbigniew Kiernikowski, der durch sein Studium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen mit dem Bistum Limburg verbunden ist, predigte in deutscher Sprache. Bei dem christlich geprägten Regenten Karl dem Großen, der nicht ganz ohne Widerstand und Spannungen, die zerstreuten Menschen zur Einheit führen wollte, sei die Wurzel der Idee eines Vereinigten Europas erkennbar gewesen, sagte Kiernikowski zu Beginn seiner Predigt.

„Der moderne Mensch meint, absoluter Herr aller Wirklichkeit zu sein.“
Bischof Zbigniew Kiernikowski

Auch heute sei die Wirklichkeit sehr oft von Spannungen begleitet. Das liege daran, dass der Mensch sich unabhängig von seinem Schöpfer die Erkenntnis des Guten und Bösen zu Eigen machen wolle, dass er das Leben beherrschen und selbst an die Stelle des Herrn treten wolle, stellte Bischof Kiernikowski fest. „Der moderne Mensch unternimmt viel um sich herum, in seiner Umgebung. Er hat große Fortschritte auf vielen Gebieten seines Lebens gemacht. Viel schwerer geht es ihm mit dem, was in seinem Inneren geschieht.

Der moderne Mensch meint, absoluter Herr aller Wirklichkeit zu sein. Aus pragmatischer Sicht ist ihm daher alles erlaubt. Er fällt ihm schwer, Gottes Autorität anzunehmen. Diese Tatsache kann auch zu religiösem Fanatismus führen“, beschrieb der Bischof den Zeitgeist. Und Kiernikowski schloss seine Predigt mit den Worten: „Jesus ist gekommen, um für uns zu sterben und aufzuerstehen, nicht um Wunder zu tun. Er heilt uns durch sein Kreuz, er öffnet uns einen neuen Weg durch das Kreuz. Seine Taten und Worte sollen den Menschen zur Wirklichkeit der Bekehrung führen. Wir als Einzelne und als Gemeinde sollten uns heute fragen, ob wir uns zu diesem Propheten, der sich kreuzigen ließ, bekennen und ob wir bereit sind, auch gegenüber allen Widerständen und Widersprüchen Zeugnis von diesem Gott abzulegen. Wollen wir als Gläubige eine gerechte Gesellschaft, ein vereinigtes Europa, in dem wir unsere Identität bewahren und tolerant gegenüber anderen sein können, dann müssen wir als gläubige Christen Christus in unsere und in die Mitte unserer Gesellschaft stellen.“

Im Kaiserdom erklangen während des Gottesdienstes mittelalterliche lateinische Gesänge wie die Sequentia S. Karoli (Karlssequenz), ein Lobgesang auf Kaiser und Stadt, und die Laudes imperiales (Kaiserlaudes), in der Huldigungsrufe an Christus mit Bittrufen für Kirche, Papst, Bischof, das deutsche Volk und alle Regierenden verbunden sind. Musikalisch gestalteten ihn die Frankfurter Singakademie und der Frankfurter Domchor unter Leitung von Dr. Paulus Christmann. An der Orgel begleitete Hans-Otto Jakob die Liturgiefeier.

BILD:

Zur Sache

Städtische Wurzeln

In einem anschließenden Empfang im Haus am Dom betonte Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst die christliche Prägung des Regenten Kaiser Karls des Großen, der als Gründer Europas nach dem Ende des römischen Imperiums gilt. Er erinnerte an die Tradition des Karlsamtes Frankfurt, zu dem immer ein anderer europäischer Bischof eingeladen wird. „Die Zukunft der Stadt kommt aus ihren Wurzeln“, bemerkte der Bischof mit Blick auf Frankfurt und den Kaiserdom, der heute neben der Karlsstadt Aachen die einzige deutsche Kirche ist, die Karl den Großen mit einem solchen Gottesdienst ehrt. „Es ist wichtig, dass Europa in die Tiefe vordringt, durch die Bekehrung“, sagte Tebartz-van Elst und fügte hinzu: „Der Glaube soll den Rahmen unserer Gesellschaft bilden“.

Der polnische Bischof Zbigniew Kiernikowski dankte dem Limburger Bischof und der Frankfurter Stadtkirche für die Gastfreundschaft und hob hervor, dass nicht Strukturen das Christliche bestimmen sollen, sondern das Herz des Menschen, der glaubt. (atb)

HINTERGRUND

Katechese für Erwachsene

Schon am Nachmittag hatte Bischof Kiernikowski in einem Domgespräch zur Lage der katholischen Kirche in Polen darauf hingewiesen, dass der Mensch ohne einen starken Glauben dem Druck der Welt unterliege. Auch in seiner Heimat sei die christliche Mentalität im Schwinden begriffen: „Viele verstehen nicht mehr, was es bedeutet, ein Christ zu sein.“ Zwar seien die Menschen immer noch religiös – von 744000 Menschen im Bistum Siedlce sind 732000 katholisch, den sonntäglichen Gottesdienst besuchen 30 bis 40 Prozent der Christen – „aber ob sie katholisch denken und nach christlichen Vorstellungen leben, ist eine andere Frage“, sagte Kiernikowski.

Aus den im Vergleich zu westeuropäischen Ländern hohen Zahlen dürfe kein falscher Trost gezogen werden, warnte der Bischof. Die polnische Kirche brauche eine „richtig verstandene Evangelisation“, eine Katechese für Erwachsene. „Das Bekenntnis ist oft auf dem Niveau des Erstkommunionunterrichts stehen geblieben“, sagte der Bischof, für die Fragen Erwachsener an das Leben reiche ein kindlicher Glaube aber nicht aus. (dw)

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