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Ein 110-Quadratmeter-Geschenk
13.12.09

Ein 110-Quadratmeter-Geschenk

Irakische Familie in ihren neuen vier Wänden der Ökumenischen Wohnhilfe im Taunus

Freut sich auf die neue Mietwohnung: die sechsköpfige christliche Familie Jlazar. Fotos: Barbara Schmidt

Von Barbara Schmidt

Die Erleichterung ist spürbar. Für die Familie Jlazar ist es wohl das größte Weihnachtsgeschenk. Endlich ein Zuhause, eine Wohnung, in der es sich leben lässt – das hatten die sechs Menschen aus dem Irak schon seit Jahren nicht mehr. Die Ökumenische Wohnhilfe im Taunus hat es möglich gemacht.

Die Jlazars gehören zu den ersten Mietern, die in diesem Monat in das neue Mehrfamilienhaus im Hofheimer Stadtteil Diedenbergen einziehen können. Auf einem Grundstück der Kirchengemeinde St. Georg und Bonifatius, das der Wohnhilfe in Erbpacht überlassen wurde, ist das Haus für vier Parteien entstanden. In Öko-Bauweise errichtet, wird es besonders energiesparend zu bewohnen sein und damit auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Für Ronand (18), Ronza (19), Robinson (20) und Nesthäkchen Rozita (12), die vier Kinder der Familie Jlazar, ist die 110 Quadratmeter große Wohnung geradezu paradiesisch. Endlich mehr Platz, sind die vier glücklich, nicht länger in einem Zimmer untergebracht zu sein. Für junge Menschen in ihrem Alter ist es nicht einfach, über Jahre auf engstem Raum miteinander zu leben. Auch ihre Eltern freuen sich auf ein Familienleben, das nun entspannter und hoffnungsvoller zu werden verspricht.

„Wir sind jetzt eine deutsche Familie.“
Salma Jlazar

„Wir sind jetzt eine deutsche Familie“, sagt Mutter Salma erleichtert und ein wenig stolz, angekommen zu sein. Die Sprache will nun auch sie ganz schnell lernen, die Kinder sind bereits eifrig dabei. „Dann sage ich alles auf deutsch, was mir auf dem Herzen liegt“, vertraut sie dem jungen Dolmetscher Majd an, der schon seit zwei Jahren in Deutschland lebt. Eine bessere Zukunft für ihre Kinder sei ihr Hauptwunsch, sagt Salma Jlazar – nach allem, was hinter der Familie liegt, verständlich.

Sie stammt aus dem Distrikt Mossul, hatte dort ein Geschäft für alkoholische Getränke. Unter dem Saddam-Regime hatten die Jlazars damit als Christen keine Probleme. Sie gehörten zu den damals rund 300000 Christen im Irak, eine Minderheit, die geduldet war. Seit dem Sturz Saddams aber ist alles anders. Vielerorts sehen sich die Christen im Irak Verfolgungen ausgesetzt, der Staat schaut ohnmächtig zu oder gar weg. Auch die Jlazars mussten Schlimmes erleben. „Unser Geschäft wurde durch eine Bombe zerstört“, erzählt Familienoberhaupt Quasar Jlazar. Vor der Kirche sei ein Gemeindemitglied förmlich „geschlachtet“ worden, zur Abschreckung. Dann hätten die Terroristen Zettel an die Kirchen angeschlagen. „Entweder ihr werdet Muslime, oder ihr verlasst das Land“, habe unmissverständlich die Botschaft gelautet.

Die Jlazars flohen zunächst nach Syrien. Doch ein dauerhaftes Bleiberecht gewähre das Nachbarland Irakern nicht, berichtet Quasar Jlazar. Immer wieder mussten sie die Bleibe wechseln. Durch Vermittlung der Vereinten Nationen seien sie schließlich nach Deutschland gekommen. „Es war der 7.7.“, weiß Salma Jlazar noch genau. In Friedland blieben sie nur wenige Tage, dann ging es weiter nach Liederbach, in die Gemeinschaftsunterkunft, in der nur wenige Flüchtlinge und eine ganze Reihe Spätaussiedler leben. Die Wohnungssuche war frustrierend.

„Wenn die Vermieter hören, dass wir sechs Personen sind und das Sozialamt zahlt, sagen sie nein“, berichtet Quasar Jlazar. Wegen der Krankheit seiner Frau, die nicht allein bleiben kann, ist es für den Vater besonders schwierig, Fuß zu fassen. In St. Marien fanden sie in der Pfarrbeauftragten Beate Bendel eine engagierte Helferin, die schließlich auch den Kontakt zur Wohnhilfe herstellte.

Die neue Wohnung sehen alle sechs Familienmitglieder nun als gute Basis an, endlich wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren. Für Robinson bedeutet das auch, hoffentlich bald wieder seinem geliebten Sport nachgehen zu können. Im Irak sei es sein Traum gewesen, einmal Profi - Fußballer zu werden, verrät der 20-Jährige. Könnte also gut sein, dass die SG Nassau Diedenbergen bald einen Neuzugang erhält.

Zur Sache

Dringend benötigt: Spenden

Der Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum ist im Main- und Hochtaunuskreis auch im letzten Jahr wieder gewachsen. Die Ökumenische Wohnhilfe, die seit 17 Jahren besteht, hat 2008 37 Haushalte mit 52 Personen vermittelt. Zudem wurden 367 Beratungen durchgeführt, davon rund ein Viertel Notfallberatungen. Zurzeit werden erstmals ein eigener Neubau in Form von vier Reihenhäusern der Wohnhilfe bezogen. In Hofheim-Diedenbergen finden auf einem Grundstück der Kirchengemeinde St. Georg und Bonifatius zwei Familien mit vier Kindern eine neue Bleibe. In den beiden Eckhäusern kann der Verein nun behindertengerechte Wohnungen im Erdgeschoss und im Obergeschoss je eine zwei- Zimmer-Wohnung vermieten. Der Verein ist zur Finanzierung allerdings noch auf Spenden angewiesen. (babs)

Kontakt: Telefon: 06192/900191 Homepage: www.wohnhilfe-taunus.de

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