Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
Keine Gleichmacherei
28.11.10

Keine Gleichmacherei

Neues Projekt nimmt die Geschlechtergerechtigkeit in der Jugendarbeit unter die Lupe

 

Ausgabe 48 vom 28. November

Mit dieser Karte wird auf das neue Projekt zur „Geschlechterneutralen Ju¬gendarbeit“ im Bistum aufmerksam gemacht. Fotos: Gundula Stegemann

Projektleiterin: Dr. Susanne Gorges-Braunwarth

Von Gundula Stegemann

„Geschlecht? – Gerecht? – Echt?“ – Diese Worte zieren eine Karte, die auf ein neues Projekt des Referats für Mädchen- und Frauenarbeit im Dezernat Kinder, Jugend und Familie im Bistum aufmerksam macht. Es befasst sich zum Beispiel mit der Frage nach günstigeren Männerhaarschnitten im Vergleich zu Frauen?

Mit dem Projekt „Geschlechtergerechte Jugendarbeit“ greift das Referat ein spannendes Thema auf. Denn: Warum gibt es einen Girls‘ Day? Und warum kommt der Boys‘ Day bei manchen Jungs nicht so gut an? Wer ist heute überhaupt benachteiligt: die Mädchen? Oder die Jungen? Und warum eigentlich?

„Das Geschlecht spielt von Geburt und überall in unserem Alltag eine große Rolle“, sagt Dr. Susanne Gorges-Braunwarth, Referentin für Mädchen- und Frauenarbeit im Bistum Limburg. Das Geschlecht habe zwar eine biologische Grundlage, sei aber auch vielfach gesellschaftlich konstruiert. Es sei erstaunlich, wie rollentypisch die Gesellschaft aufgebaut ist. Das könne man auch nicht auslöschen.

„Unser Anliegen ist es, den Blick für Gendergerechtigkeit in der Jugendarbeit, in den Schulen und in den pastoralen Arbeitsfeldern zu schärfen“, betont Gorges-Braunwarth. Gendergerechtigkeit sei keine Neuerfindung, aber sie soll als Querschnittsaufgabe jetzt auch in die pastorale Arbeit, in die Jugendarbeit, Katechese und Erwachsenenbildung, Eingang finden. Die Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Familie und Beruf haben Einiges bewirkt, erklärt sie. Aber sie haben nicht dazu geführt, dass Männer und Frauen über ihre Geschlechter- und Rollenverhältnisse konstruktiv miteinander ins Gespräch kommen.

Kaum Männer als Erzieher

„Ziel unseres Projekts ist nicht Gleichmacherei. Aber es ist notwendig vor allem bei der Begleitung von Heranwachsenden, Rollenzuschreibungen zu hinterfragen. Insbesondere geht es darum, dass Männer und Frauen ihre Geschlechterbeziehungen zueinander in Zukunft fair aushandeln und gerecht gestalten, dass beispielsweise bei Fahrgemeinschaften nicht einfach von vornherein feststeht, dass er fährt und sie für den Proviant sorgt.“ Andererseits findet man in Kindergärten und Grundschulen kaum männliches Personal.

Angesichts der seit Jahren währenden Debatte, dass Jungen die neuen Verlierer in Schule und Gesellschaft sind, werde sie als Referentin immer häufiger darauf angesprochen, warum im Bistum keine Jungenarbeit angeboten werde. „Es ist aber wichtig, Jungen und Mädchen gleichermaßen zu fördern. Deshalb haben wir das Projekt ‚Gendergerechte Jugendarbeit‘ ins Leben gerufen.“ An dem Projekt beteiligt sind haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter. Die Projektgruppe ist paritätisch besetzt mit Männern und Frauen aus der Jugendarbeit, mit Theologen und Pädagogen. Gemeinsam entwickeln sie Gendertrainings, um Verantwortliche in der Jugendarbeit für die Thematik zu sensibilisieren und Lösungen anzubieten. „Wir wollen mit dem Projekt den Jugendlichen zeigen, dass sie nicht in jeder Situation die Rollenerwartungen erfüllen müssen“, erläutert Gorges-Braunwarth. Dabei erzählt sie von einem kleinen Mädchen, das mal gesagt hat: „Bei uns zu Hause ist der Papa die Mama!“

Vier Themenfelder

Die Projektgruppe beschäftigt sich mit vier Themenfeldern: So befasst sich ein Teilprojekt mit Firmkatechese. Denn diese sei oftmals stark auf Mädchen orientiert. In dem Teilprojekt werde nun erarbeitet, wie die Lebenswelt von Jungen in der Firmkatechese Eingang finden kann und welche Methoden Jungen ansprechen. Eine andere Gruppe erstellt derzeit eine Checkliste, worauf bei der Vorbereitung von Veranstaltungen zu achten ist, wie das Leitungsteam zusammengesetzt sein sollte, wie Themen gefunden werden, die Jungen und Mädchen ansprechen, wie eine Ausschreibung erfolgt. Eine weitere Gruppe untersucht, wie spezielle Genderkompetenzen gestärkt werden können durch so genannte Gendertrainings – wie gesagt, es geht ja nicht um Gleichmacherei. Die vierte Gruppe erarbeitet schließlich Bausteine und Module für Maßnahmen in der Jugendarbeit.

Die Arbeit der Projektgruppe ist noch in den Startlöchern. Wer sich aber für das Thema interessiert, kann sich melden unter Telefon 0 64 31/295339

Stichwort

Was ist Gender?

Das Wort kommt aus dem Englischen und ist übersetzbar als „soziales Geschlecht“. Das heißt, neben dem biologischen Geschlecht (Englisch „sex“), also den körperlichen Voraussetzungen, mit denen man auf die Welt kommt, gibt es auch eine „soziale“ Ausprägung der Geschlechtszugehörigkeit. Diese wird als Gender bezeichnet. Somit ist Gender auch erlern- und veränderbar. Das soziale Geschlecht ist das Ergebnis von Erziehung, Rollenerwartung, Selbstidentifikation und kultureller Tradition. Seit Ende der 1990-er Jahre beschäftigt man sich in der Politik intensiv mit dem Thema. Diese Bewegung nennt sich Gender-Mainstreaming. Das angestrebte Ziel dessen ist Geschlechtergerechtigkeit. Auch das Dezernat Kinder, Jugend und Familie im Bistum Limburg beschäftigt sich mit dem Prozess und entwickelt verschiedene Arbeitshilfen zum Thema. (gs)

Ihr Draht zu uns

Redaktion Limburg

Frankfurter Straße 9
65549 Limburg
Tel. 06431 / 9113-34
Fax 06431 / 9113-37
Mail: h-kaiser@kirchenzeitung.de

Redaktion Frankfurt

Domplatz 3 (Haus am Dom)
60311 Frankfurt
Tel. 069 / 8008718-260
Fax 069 / 8008718-261
Mail: b-perrefort@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de