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Aus den Augen - aus dem Sinn
04.07.10

Aus den Augen - aus dem Sinn

Kirchengemeinden helfen den Flüchtlingen im Containerlager in Oberursel

 

Ausgabe 27 vom 4. Juli

Die beiden Schwestern Ummuhan und Neslihan haben es geschafft. Vor ein paar Tagen konnten sie mit ihrer Familie aus der Gemeinschaftsunterkunft an der Karl-Hermann-Flach-Straße in Oberursel ausziehen. Andere müssen weiter hinter dem Zaun auf ihre Leben in Deutschland warten. Fotos (2): Eva Wilke.

Auch für Weihbischof Thomas Löhr (rechts) galt bei einem Besuch: Zutritt nur mit Genehmigung des Betreibers.

Von Eva Wilke

In Oberursel steht das letzte Containerlager für Flüchtlinge in Hessen. Seine Schließung fordern beide christlichen Kirchen seit langem. Während mit der Politik gerungen wird, versuchen die Kirchengemeinden den Menschen zu helfen. Eine schwierige Aufgabe.

Ein mannshoher Stacheldrahtzaun trennt die Anlage von der Straße, die auf der einen Seite ins Nichts, auf der anderen in ein Gewerbegebiet an der Stadtgrenze Oberursels führt. Zwei Reihen Container-Wohneinheiten stehen hier zweistöckig, um Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, aufzunehmen. Das letzte Containerlager Hessens.

Abgestandene Luft, durchsetzt mit Gerüchen, die mal ein Hauch von Heimat waren, nun aber nur noch abgestandene, schale Erinnerung sind. Weit hinten Licht, das sich durch trübe Scheiben quält. Es gibt, so scheint es, bei Kontakt nur zwei Möglichkeiten: Kleben bleiben oder zusammenbrechen.

„Es ist ein so vielschichtiges und komplexes Thema, dass man schnell mutlos wird“, sagt Sandra Anker, die Pfarrbeauftragte der Oberurseler Liebfrauengemeinde. Hinzu komme, so Elisabeth Bentrup, die Jahre lang im Oberurseler Arbeitskreis Asyl aktiv war, dass das öffentliche Interesse am Schicksal der Menschen hinter dem Zaun gering sei.

Weitgehend isoliert vom Rest der deutschen Gesellschaft leben 141 Menschen aus über 20 verschiedenen ethnischen Gruppen in der Gemeinschaftsunterkunft Oberursel, Einige von ihnen seit über zehn Jahren.

Eine Kochplatte für zehn Menschen

Kaum einer von ihnen lebt freiwillig im Lager. Doch selbst, wenn der rechtliche Status einen Auszug aus dem Lager zuließe, Flüchtlingen konkurrieren mit anderen sozial Schwachen in einem der reichsten Landkreise der Republik um den knappen bezahlbaren Wohnraum – und gehen meist leer aus. 6,50 Euro pro Tag zahlt der Hochtaunus-Kreis pro Person für die Unterbringung im Lager Oberursel. Rechnerisch stehen 7,1 Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung. Eine Dusche für zehn Personen, ein WC für je zehn Frauen oder Männer. Die Küche: Drei lange, schmale Tische aus Edelstahl. Darauf drei elektrische Doppelherdplatten, die umgeben von einer dunkelbraunen Kruste ihren Dienst versehen. Zehn Flüchtlinge teilen sich eine solche Kochplatte – statistisch. Das Gesetz sieht nach der Novellierung in Hessen keine Mindeststandards für die Unterbringung von Flüchtlingen mehr vor. Auch steht es im Ermessen des Landkreises, Asylsuchende zentral unterzubringen. Der Kreis hat aus seiner Sicht seine Pflicht mehr als erfüllt.

Sandra Anker und ihre Mitstreiter aus dem katholischen Bezirk Hochtaunus und dem evangelischen Dekanat Kronberg möchten die Menschen in Hessens letztem Containerlager jedoch nicht ihrem Schicksal überlassen. „Wir suchen nach Möglichkeiten, die isolierte, unwürdige Situation der Flüchtlinge aufzubrechen.“ Zentrale Forderung beider Kirchen ist die Auflösung des Containerlagers. Denn die zentrale Unterbringung verhindert eine Integration der Asylsuchenden, von denen faktisch rund 90 Prozent ungeachtet ihres Aufenthaltsstatus dauerhaft in Deutschland leben, wie Dr. Alexander Dietz, Referent für gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat Kronberg, erklärt.

Geld für die Stelle eines Sozialarbeiters

Auch wenn viele Fragestellungen nur auf politischer Ebene gelöst werden können, leisten die Kirchen auch auf der Gemeindeebene konkrete Beiträge, die Situation im Lager würdiger zu gestalten.

So beteiligten sich katholische und evangelische Gemeinden im vergangenen Jahr mit einer Spende von 4000 Euro an der Finanzierung der Arbeit des Sozialarbeiters Harald Schuster. Er ist seit Jahren, finanziert vom Neu-Anspacher Verein GANZ, verlässliche Bezugsperson für die Bewohner des Lagers, ist ihr Sprachrohr und Kontakt zur Außenwelt. Schuster bietet täglich nachmittags Betreuung für die 20 im Lager lebenden Kinder an, von denen 17 unter 14 Jahren alt sind. Elf Kinder der Gemeinschaftsunterkunft haben durch Schusters Vermittlung „Start-Hilfe“ der katholischen Kirchengemeinden bekommen, eine Tüte mit Material, das den Kindern für die Schule benötigen. „Vom Zeichenblock bis hin zum Füller oder Schulranzen reichte die Liste der Wünsche“, sagt Anker. Denn Asylsuchende erhalten für ihre Lebenshaltung nur etwa die Hälfte des Hartz-IVSatzes. Für eine Einzelperson sind das rund 180 Euro pro Monat, für ein Kind entsprechend weniger.

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