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Wie ein Pfeil mit Widerhaken
08.05.11

Wie ein Pfeil mit Widerhaken

Frankfurts Stadtdekan zu Eltz begleitete das Projekt von Anfang an – er ist auch zufrieden, wenn „Youcat“ auf Kritik trifft

 

Ausgabe 19 vom 8. Mai 2011

Fast zehn Jahre lang trafen sich junge Leute im Sommer, um über ihren Glauben zu reden. Dann erst kam der „Youcat“. Foto: privat

Gegen „weichgespülte Antworten“: Johannes zu Eltz will den Jugendlichen etwas zumuten und etwas zutrauen. Foto: Bistum Limburg

700 000 Exemplare gehen an die Teilnehmer des kommenden Weltjugendtags. Der neue Jugendkatechismus „Youcat“ ist jetzt schon ein Weltbestseller. Aber wie wird er am besten gelesen und verstanden? Ruth Lehnen fragte den Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz, der das Projekt von Anfang an begleitet hat.

Frage: Am Anfang der Arbeit stand das Chaos. Sie sagen, Sie hätten zusammen mit den 65 beteiligten Jugendlichen den Katechismus „geschreddert“. Wie soll man sich das vorstellen?

Johannes zu Eltz:Wir sind vom Kompendium des „Katechismus der Katholischen Kirche“ von 2005 ausgegangen. Den haben wir als eine Art Steinbruch benutzt. Es ging darum, welche Fragen die Jugendlichen stellen, was sie auszusetzen haben, was ihnen fehlt, was sie langweilt. Es waren Jugendliche, die sich über zehn Jahre immer wieder im Sommer getroffen haben, um über ihr Leben und ihren Glauben zu sprechen. Sie waren nicht darauf getrimmt, den Katechismus gut zu finden. Mit „schreddern“ meine ich, der Prozess war ergebnisoffen. Es wurde sehr hart gearbeitet und intensiv diskutiert. Das war kein Spaß; für die Jugendlichen nicht und für uns Erwachsene auch nicht.

Und wie wurde daraus das Buch aus einem Guss, das der Papst so dringend empfiehlt?

Die eigentliche Textarbeit haben am Schluss vier Autoren gemacht: die Familienfrau und Theologin Michaela F. Heereman, der Verleger Bernhard Meuser, Pfarrer Christian Schmitt und ich; intensiv dabei war der Arzt und Autor Manfred Lütz.

Was jetzt schwarz auf gelb geschrieben ist, das müssen Jugendliche glauben?

„Youcat“ ist ein Buch zum Zusammensetzen und Auseinandersetzen. So wie wir es verfasst haben, so soll auch damit umgegangen werden. Bei einem Vorstellungstermin in Frankfurt hat eine junge Frau gesagt: „Je mehr Antworten ich im Youcat lese, umso mehr Fragen habe ich.“ Das macht mich ganz glücklich.

Wieso? Vielleicht macht der „Youcat“ Jugendliche unglücklich, weil sie denken: Das glaubeich nicht, also gehöre ich nicht dazu?

Wenn etwas in Frage gestellt und bestritten wird, dann geschieht doch innerlich etwas! Die Jugendlichen wollen nichts Weichgespültes. Sie haben jetzt die Originalposition. Damit kann die Auseinandersetzung beginnen, manchmal ein lebenslanger Prozess. Was wir fürchten müssen, ist nicht, dass Jugendliche Glaubenssätze doof finden und ablehnen, sondern dass sie gleichgültig darüber hinweggehen. Kritik, vor allem, wenn sie argumentativ vorgetragen wird, freut mich. Dann sitzt der Vorschlag des Glaubens wie ein Pfeil mit einem Widerhaken.

Ein Geschenk mit Widerhaken? Sie haben gesagt, der „Youcat“ funktioniere als Beziehungsgeschenk.

Genau! Denn Beziehung ist doch auch nicht frei von Konflikt und Widerspruch. Wichtig ist nur: Dass jemand das Buch persönlich ins Gespräch bringt und auch selbst zum Gespräch zur Verfügung steht, für Fragen und Kritik. Zum Beispiel Seelsorger oder Lehrerinnen oder Eltern. Mein Kaplan nimmt den „Youcat“ jetzt mit in den Firmunterricht.

Für die meisten Jugendlichen ist das Internet weit wichtiger als das Buch. Wie geht es mit „Youcat“ im Internet weiter?

Ich glaube, da passiert schon einiges. Die Diskussion auf Facebook läuft. Ich selber bin da nicht so drin; am Projekt „Youcat 2.0“ bin ich nicht mehr beteiligt. Das müssen die jungen Leute selber auf die Beine stellen.

Rund 65 Jugendliche waren an der Arbeit beteiligt, viele von ihnen aus adligen Elternhäusern. Macht diese Zusammensetzung den „Youcat“ angreifbar? Nach dem Motto: Nur wer aus vornehmem Haus kommt, darf mitreden?

Wenn das die Absicht bei der Zusammensetzung der Jugendlichen des Youcat-Teams gewesen wäre, dann wäre das vielleicht ein Problem. Aber die Gruppe mit ihrem familiären Background gab es seit 1995. Nach zehn Jahren kam zufällig die Anfrage nach einem Jugendkatechismus an uns Erwachsene, wir haben unsere Jugendlichen gefragt, und nach einigem Zögern dachten wir: Das ist jetzt vielleicht der verborgene Sinn unserer Treffen in all den Jahren! Als wir nach 2005 richtig rangegangen sind, war uns klar, dass wir die Zusammensetzung der Gruppe ändern müssen, um kirchlich bunter und sozial repräsentativer zu werden. Das ist uns dann auch gelungen.

Wenn Sie zurückblicken und jetzt das fertige Buch vor sich sehen, wie ist dann Ihr Gefühl?

Es ist die überwältigende Erfahrung, dass Träume wahr werden. Wir hatten ja am Anfang nur eine verrückte Idee: ein Glaubensbuch der Kirche zu verfassen, ein schönes und gescheites, mit Jugendlichen und für sie, ohne kommerzielle Interessen, über Deutschland hinaus bis an die Grenzen der Erde, und der Papst schreibt das Vorwort!

Das war unser Traum, und genau so kam es.

Schwarz auf gelb

So sagt es der neue Jugendkatechismus: Stichwort „Reue“; Stichwort „Ehe“, Stichwort „Gefahr durch Medien“

Von „Wozu sind wir auf der Erde?“ bis „Warum beenden wir das Vaterunser mit Amen?“:

527 Fragen und Antworten umfasst der neue Jugendkatechismus. Die erste Antwort wird von einer erläuternden Antwort begleitet. Hier drei Themen im Wortlaut.

„229: Was macht einen Menschen bereit zur Reue?

Aus der Einsicht in die persönliche Schuld entsteht die Sehnsucht, sich zu bessern, das nennt man Reue. Zu ihr gelangen wir, wenn wir den Widerspruch zwischen der Liebe Gottes und unserer Sünde sehen. Dann sind wir voller Schmerz über unsere Sünden; wir nehmen uns vor, unser Leben zu ändern, und setzen unsere ganze Hoffnung auf die Hilfe Gottes.

Die Realität der Sünde wird oft verdrängt. Manche glauben sogar, man müsste gegen Schuldgefühle einfach nur psychologisch vorgehen. Aber echte Schuldgefühle sind wichtig. Es ist wie im Auto: Wenn der Tacho eine Gescheindigkeitsübertretung anzeigt, ist nicht der Tacho schuld, sondern der Fahrer. Je näher wir Gott kommen, der ganz Licht ist, desto deutlicher treten auch unsere Schattenseiten zutage. Aber Gott ist kein Licht, das verbrennt, sondern ein Licht, das heilt. Deshalb treibt uns die Reue an, in das Licht zu gehen, in dem wir ganz gesund werden.“

„263: Warum ist die Ehe unauflöslich?

Die Ehe ist dreifach unauflöslich. Einmal, weil es dem Wesen der Liebe entspricht, sich vorbehaltlos gegenseitig hinzugeben; dann, weil sie ein Abbild der bedingungslosen Treue Gottes zu seiner Schöpfung ist; und sie ist nochmal unauflöslich, weil sie die Hingabe Christi an seine Kirche darstellt, die bis zum Tod am Kreuz ging.

In einer Zeit, in der vielerorts 50 Prozent aller Ehen geschieden werden, ist jede Ehe, die hält, ein großes Zeichen – zuletzt eines für Gott. Auf dieser Erde, auf der so vieles relativ ist, sollen Menschen an Gott glauben, der allein absolut ist. Darum ist alles Nichtrelative so wichtig; jemand, der absolut die Wahrheit sagt oder absolut treu ist. Absolute Treue in der Ehe bezeugt weniger die menschliche Leistung als die Treue Gottes, der auch dann noch da ist, wenn wir ihn in jeder Hinsicht verraten und vergessen. Kirchlich heiraten heißt: mehr auf Gottes Hilfe als auf den eigenen Vorrat an Liebe zu vertrauen.“

„460: Welche Gefahr geht von den Medien aus?

Viele Menschen, insbesondere Kinder, halten das für wirklich, was sie in den Medien sehen. Wenn im Zeichen der Unterhaltung Gewalt verherrlicht, antisoziales Verhalten gebilligt und die menschliche Sexualität banalisiert wird, versündigen sich sowohl die Verantwortlichen in den Medien wie die Kontrollinstanzen, die es unterbinden müssten.

Menschen, die in Medien arbeiten, müssen sich immer bewusst sein, dass eine erzieherische Wirkung von ihren Produkten ausgeht. Jugendliche müssen sich immer wieder prüfen, ob sie Medien in Freiheit und kritischer Distanz nutzen können oder ob sie von bestimmten Medien bereits süchtig gemacht wurden. Jeder Mensch ist für seine Seele verantwortlich. Wer über Medien Gewalt, Hass und Pornographie konsumiert, stumpft geistig ab und fügt sich Schaden zu.“

„Youcat, Jugendkatechismus der Katholischen Kirche“, Pattloch, 12,99 Euro

Zur Sache

Die „Reli-Lager“

Die Jugendlichen, die beim Youcat mitgearbeitet haben, waren ursprünglich eine Gruppe, die sich von den „Reli-Lagern“ der Familie von Magnis kannte. Diese religiösen „Sommercamps“ waren eine Idee von Gräfin Monika Magnis aus Königstein. Sie fanden mit etwa 30 bis 40 Jugendlichen seit 1994 auf dem Waldgut „Dürrhof“ der Familie in Freudenberg-Rauenberg bei Miltenberg statt. Monika von Magnis beschrieb sie so: „Wir essen, feiern Messe, schwimmen, spielen und beten alle gemeinsam, haben aber altersspezifisch getrennte Gruppenstunden. Zwei pro Tag, dazu eine heilige Messe und abends eine Andacht.“

Von Magnis ist „zutiefst beeindruckt, dankbar und glücklich, dass wir an dem großen Werk mitarbeiten durften und dass die Vision wirklich geworden ist“. Jetzt sei wichtig, dass der Youcat nicht nur ein Buch im Schrank bleibt, sondern dass damit gearbeitet werde. (nen)

Der Bestseller

Für den Weltjugendtag in Madrid werden 700 000 Exemplare des Youcat gedruckt. Noch 2011 wird das Buch in mindestens 15 Sprachen erscheinen, darunter Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch, Kroatisch, Litauisch, Ukrainisch und Indonesisch. Dabei wird jeweils der zentrale Text übersetzt und der begleitende Text mit Zitaten und Worterklärungen der jeweiligen Kultur angepasst. (nen)

Die Grafik

Die Grafik für den Youcat verantwortet der Grafikdesigner Alexander von Lengerke, Köln. Er hat das Titelbild gestaltet, auf dem ein großes Y, zusammengesetzt aus vielen Kreuzen und weiteren Symbolen des Glaubens zu sehen ist. Von ihm stammen auch die „Strichmännchen“- Illustrationen, die dem Youcat ein aufgelockertes Ansehen geben, sowie die Idee, das Buch mit einem „Daumenkino“ zu versehen. (nen)

Empfohlen von...

Bei der Vorstellung des „Youcat“ in Mainz sagte Kardinal Karl Lehmann: „Youcat ist kein Produkt von Theologen und Bischöfen... Er ist...die glückliche Synthese einer Initiative von oben und von unten, nämlich der Vorgabe des universalen Katechismus für die ganze Kirche und der Erarbeitung durch ein eigenes Team, das diese Initiative selbständig ergriffen hat.... Der Katechismus wird also der Jugend nicht einfach vorgesetzt, sondern die Jugend selbst ist in einem hohen Maße durch ihre Fragen, aber auch durch einzelne sprachliche Vorschläge zum ,Subjekt‘ des Youcat geworden. Das ist ein außerordentliches Zeugnis für die Erneuerung der Katechismus-Tradition, das man nicht genügend hervorheben kann. Darin liegt auch ein wirklich neues Zugehen auf die junge Generation....Hier haben wir ein ausgezeichnetes Beispiel für die Neuevangelisierung, das hoffentlich viel Aufmerksamkeit und Beachtung erhält.“

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