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Dem Papst widersprechen?
05.09.10

Dem Papst widersprechen?

Pater Klaus Mertes referiert über Loyalität und Gehorsam

 

Ausgabe 36 vom 5. September

Pater Klaus Mertes Foto: Brüning

Frankfurt (brü). Hilfen zur Unterscheidung von Loyalität und Gehorsam, Widerspruch und Kritik versprach der Vortrag des Jesuitenpaters Klaus Mertes im Haus am Dom. Mertes, Schulleiter am Canisius- Kolleg in Berlin, stellte sein Buch „Widerspruch aus Loyalität“ vor.

Damit holte er den Vortrag nach, der wegen des Presseansturms nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle ausgefallen war. Wie verträgt sich Widerspruch mit dem Gehorsamsgelübde gegenüber dem Papst, das alle Jesuiten abzulegen haben? Gibt es für sie überhaupt eine Möglichkeit, den Papst zu kritisieren? Mertes ging die Frage grundsätzlich an. Und fand gerade in Ignatius von Loyola, dem Gründer dieses Ordens, einen Unterstützer: Wenn das Verhalten eines Vorgesetzten seelsorgerischen Schaden bewirke, dann könne der Schuld auf sich laden, der nicht darüber spreche, sagte Mertes mit Hinweis auf Ignatius. Ja, es wäre lieblos, einen Vorgesetzten nicht auf einen Fehler aufmerksam zu machen. Das habe nichts damit zu tun, dessen Vorrangstellung nicht anzuerkennen. Man habe bei anderer Meinung auch dessen Entscheidung letztlich zu akzeptieren. Aber Gehorsam sei nur in Freiheit möglich, betonte er.

Nicht jedes Reden über Sünden, Fehler oder Vergehen von Anderen sei jedoch gut und erwünscht, erklärte der Jesuit. Es gebe ebenso ein schützendes Schweigen, das der Sünde die Macht nehme. Schlimm aber sei negatives Schweigen aus Angst vor Verantwortung. Das könne zu einer Schweigespirale führen, in der auch darüber geschwiegen wird, dass geschwiegen wird. So wie es etwa bei den Missbrauchsfällen in den 1970- und 1980-er Jahren an der Schule war, deren Leiter er heute ist.

Mertes hat nichts verheimlicht, als zwei ehemalige Schüler ihm vom Missbrauch erzählten. Und hat damit den Missbrauchsskandal der katholischen Kirche losgetreten. „Die Opfer meinen, schweigen zu müssen, weil sie sonst das System, das sie zu Opfern gemacht hat, zerstören.“ Es seien zuerst die Opfer gewesen, die das Schweigen gebrochen haben. Er habe lediglich zugehört, was sie zu sagen hatten, es ernst genommen und darauf reagiert. Wenn das geschehe, entwickle das Wort der Opfer eine ungeheure Macht. Das aber bringe die Gesellschaft auch wirklich weiter. „Widerspruch aus Loyalität ist Dienst an jeder Gesellschaft, die lebendig bleiben will“, erklärte der Pater.

Loyalität ergebe sich aus Zugehörigkeit, sagte Mertes. Er begreife sich selbst als Teil des Systems oder eben als ein Glied am Leib Christi. Als solches sei es relevant, wenn er zuhöre, wenn er sich zum Umdenken bewegen lasse. So, dass er am Ende sagen könne: „Ich war blind – und ihr ward es auch. Ich habe den Vorteil der Begegnung mit diesen Opfern. Ich habe mich in diese Lebensschicksale involvieren lassen.“ Genau das gebe ihm die innere Sicherheit, richtig zu handeln.

Die seitdem geführte Diskussion um den Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche hält Mertes für fehlgeleitet. Glaubwürdigkeit lasse sich nur durch sachliche Diskussion erreichen. Und da gehe es in erster Linie um die Opfer. Aufklärung und Anerkennung hätten für sie Vorrang. Gerade die Anerkennung fällt nicht leicht: „Der Orden hat als moralische und pädagogische Institution versagt. Das tut uns weh. Aber es ist wahr“, sagte der 56-Jährige. Also müsse man es wahrnehmen und zulassen. Die Frage der Entschädigungen werden bald geklärt. Es gehe nicht darum, Schaden wieder gut zu machen. Es gehe um Sühne und symbolische Beträge.

Klaus Mertes: Widerspruch aus Loyalität. Ignatianische Impulse, 2009. Preis: 6,90 Euro

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