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Pilgernd, hörend, dienend
15.05.11

Pilgernd, hörend, dienend

Diözesanversammlung berät zur zukünftigen Kirche und zum Auftakt des Dialogprozesses

 

Ausgabe 20 vom 15. Mai 2011

Von Heike Kaiser

Ein Schiff, ein Geist, eine Mannschaft, ein Ziel: Stimmt dieses Bild noch? Die Limburger Diözesanversammlung hat für ihre Frühjahrstagung im Wiesbadener Roncalli-Haus ein anspruchsvolles Thema gewählt: „Zukunft der Kirche – Kirche für die Zukunft“.

Pilgernd, hörend und dienend soll sie sein: Das hat Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, bereits in seinem Eröffnungsreferat zur Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz 2010 festgestellt. Was das für den Dialogprozess insgesamt und für das Bistum Limburg heißt, wurde in der Diözesanversammlung beraten. Drei Gedanken zur „pilgernden Kirche“ stellte Diözesanjugendpfarrer Joachim Braun vor.

Der Hafen steht fest, der Kurs nicht

  • Glaubwürdiger werden durch Ehrlichkeit: „Wir haben ein klares Ziel, aber den Weg dorthin finden wir nur gemeinsam im Dialog.“ Längst schon hätten Glaubende nicht mehr das Gefühl, alle im selben Boot zu sitzen. „In jedem Fall machen wir heute nicht mehr die Erfahrung ,ein Schiff, ein Geist, eine Mannschaft, ein Ziel‘“, so Pfarrer Braun. „Haben wir derzeit nicht das Gefühl, dass die fähigen Steuerleute an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen, während andere gern steuern würden und dazu wohl auch fähig wären, es aber nicht dürfen, weil sie keine Fahrerlaubnis erhalten?“ Der Hafen, das Reich Gottes, sei zwar theologisch und spirituell klar, der Kurs dorthin stehe aber keineswegs eindeutig vor Augen.
  • Beweglich bleiben, anstatt zu sagen: Es darf sich nichts ändern. Braun umschrieb den Begriff des Pilgerns mit „unterwegs sein mit einem klaren Ziel im Kopf und im Herzen, ohne den Weg dorthin schon vor Augen zu haben“. Wo die Kirche sich ehrlich so zeige, werde sie glaubwürdig. „Glaubwürdiger jedenfalls als da, wo wir vorgeben, auf jede Frage eine Antwort zu wissen.“ Hier liege der tiefste, auch theologische Ort für den Dialog in der Kirche.
  • Eine gewisse Heimatlosigkeit akzeptieren und kultivieren: „Wer pilgert, ist und bleibt auch immer Fremder im eigenen Land.“ Pilgernde Kirche drücke sich darin aus, „dass wir ein Leben lang auf dem Weg bleiben, ohne in diesem Leben schon das letzte Ziel zu erreichen. Was immer auch geschieht, wir haben noch etwas zu erwarten. Das Beste steht noch aus! Diese Hoffnung darf man uns auch ansehen.“

Braun findet es nicht schlimm, „wenn man nicht alles in der Kirche verstehen oder begreiflich machen kann“. Pilgernde Kirche zu sein, heiße, das Reich Gottes zu suchen, nicht, es zu haben. Unglaubwürdig werde Kirche da, „wo sie stehenbleibt, sich jedem Wandel verweigert und so den Menschen und seinen Weg aus den Augen verliert.“ Man dürfe über die Kirche und mit ihr streiten. Man dürfe sich an ihr reiben und freuen zugleich. „Nur eines wäre schlimm: mit ihr fertig zu sein.“

Das Plädoyer für eine „hörende Kirche“ hielt Franziskanerpater Helmut Schlegel, Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität in Frankfurt. „Hören ist zuerst Schweigen“, stellte er fest. Eine hörende Kirche müsse den Mut haben, „durch die Wörter und Bilder und Erfahrungen hindurch zum schweigenden Sein vorzudringen, zur rechten Zeit zu verstummen“. Hören sei die Entscheidung, „ganz in der Gegenwart zu sein. Eine hörende Kirche glorifiziert weder die Vergangenheit, noch utopisiert sie die Zukunft“. Sie stelle sich der Gegenwart und sehe darin „das Heute Gottes“.

Hören sei „Konfrontation, Aufmerksamkeit und Dialog“, sagte Pater Schlegel und gab zu bedenken: „Halten wir diese Schrittfolge ein? Halten wir sie aus?“ Hören sei auch Mit-Leiden: „Hören wir als Kirche die Klagen der Geschöpfe? Nehmen wir teil an den Leiden der Menschen? Was bedeutet ,hörendes Mit-Leiden‘?“, fragte er. „Hören ist Unterscheidung der Geister“, so ein weiterer Gedanke des Franziskanerpaters. Eine Kirche, die sich diesem Prozess stelle und sich darum auf einen fruchtbaren Dialog einlasse, „steht ganz auf der Seite der Menschen und ist zugleich ganz in Gott verwurzelt“.

Der Dienst an Armen als große Chance

Impulse für eine „dienende Kirche“ gab Barbara Handke, Direktorin des Caritasverbands Wiesbaden-Rheingau-Taunus. „Die Kirche muss eine Dienende sein, sonst verliert sie ihre Glaubwürdigkeit“, betonte sie. Der Dienst an Armen, Benachteiligten und Hilfe Bedürftigen sei die große Chance der Kirche, ihre Glaubwürdigkeit wieder zu gewinnen. „Die karitative Organisation der Kirche, die Caritas, muss das Nötige tun, damit Menschen bereitstehen, diesen Dienst zu übernehmen.“ Sie verwies darauf, dass das ohne Ehrenamtliche nicht zu leisten sei und nannte als Beispiele unter anderem die „Rheingau-Tische“, die von 80 Ehrenamtlichen an vier Ausgabestellen betrieben werden, oder den „Rund-um-Familie“-Laden in Bad Schwalbach, den 50 Ehrenamtliche mittragen.

Die „Pfarrei der Zukunft“ sehe sie als „große Chance und Herausforderung“, machte Barbara Handke deutlich. Sie biete der Caritas die Möglichkeit, sich mit vielen Pfarrbüros zu vernetzen. Denn: „Zu Pfarrsekretärinnen haben viele Notleidende und Fragende den ersten Kontakt.“

Wenn karitative Bausteine in die Erstkommunion- und Firmvorbereitung eingebaut würden, schaffe dies Verbindung zu den Gemeinden. „Auch am Bischof- Blum-Kolleg würde die Caritas sich gern beteiligen“, nannte Handke eine weitere Möglichkeit, „Nähe wiederherzustellen“.

Chronik

Einschneidende Veränderungen

Verbot der Präimplantationsdiagnostik, Kinderarmut, die Inklusion von behinderten Menschen, der Prozess „Bereitschaft zur Bewegung“ und der Dialogprozess in der katholischen Kirche waren Themen, die das Präsidium bei vielen Terminen im letzten halben Jahr nach außen getragen hat. Das berichtete die Präsidentin der Diözesanversammlung, Beatrix Schlausch.

Das Präsidium habe sich bei den Vorsitzenden der Bezirksversammlungen über den aktuellen Stand der Strukturveränderungen im Bistum Limburg informiert. „Es wurde deutlich, wie einschneidend die Veränderungen hin zu größeren Pastoralen Räumen und schließlich Pfarreien neuen Typs werden. Sowohl der Stand der Beratungen als auch die Stimmung in Bezug auf die Veränderungen ist in den Bezirken sehr unterschiedlich“, so Schlausch. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst habe gegenüber der Diözesanversammlung seine Gesprächsbereitschaft zu diesem Thema signalisiert.

Auch der Diözesansynodalrat habe sich mehrfach mit der neuen pastoralen Struktur befasst. „Dabei sind die Beratungen durchaus kontrovers. Man kann aber nicht sagen, dass sich auf der einen Seite der Bischof und auf der anderen Seite alle Synodalen wiederfinden. Das Bild ist erheblich differenzierter“, betonte sie.

Den Auftakt des auf vier Jahre angelegten Dialogprozesses in der katholischen Kirche bildet das Gesprächsforum „Im Heute glauben“ am 7./8. Juli in Mannheim.

Alle Diözesen sind berechtigt, dafür Teilnehmer zu entsenden. Der Sprecher des Priesterrats und die Präsidentin der Diözesanversammlung sind aufgefordert worden, dafür sieben geeignete Frauen und Männer zu benennen. (kai)

Zitiert

Offen diskutieren, Lösungen finden

Die Diözesanversammlung begrüßt die von der Bischofskonferenz ausgerufene Gesprächsinitiative über die Zukunft der Kirche. „Für diesen notwendigen Dialog ... sehen wir gegenseitige Wertschätzung, Verbindlichkeit und Offenheit als unverzichtbare Voraussetzungen an“, heißt es in der Erklärung dieses synodalen Gremiums. Und: „Die Diözesanversammlung begrüßt, dass in dem Memorandum ,Kirche 2011. Ein notwendiger Aufbruch‘ Themen gebündelt werden, die in einem Gespräch über die Zukunft der katholischen Kirche eine Rolle spielen müssen.“

Es wird gutgeheißen, dass Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst festgestellt hat, „dass die synodalen Gremien im Bistum Limburg der Ort des Dialogprozesses in unserem Bistum sind. Wir sind bereit, zusammen mit dem Herrn Bischof Verantwortung für die Zukunft unseres Bistums zu übernehmen und den Weg der Kirche auf der Grundlage des synodalen Wegs, der sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt hat, mit zu gestalten“, heißt es in der Erklärung weiter.

In dem Text werden Themen benannt, von denen die Diözesanversammlung erwartet, dass sie „offen diskutiert und einer gemeinsamen Lösung zugeführt werden“. Unter anderem sind dies der Stellenwert pastoraler Mitarbeiter/innen als Seelsorger/innen, die deutliche Präsenz der Kirche im Alltag, Zugangswege zum Amt zu bedenken, Stärkung des Stellenwerts von Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionfeier, Stärkung des Religionsunterrichts in Kitas und Schulen und das Thema Pflichtzölibat.

„Wir sind dankbar, dass es im Bistum Limburg Orte gibt, an denen eine pilgernde, hörende und dienende Kirche in besonderer Weise erkennbar ist. Dies gilt es zu stärken und zu förden“, heißt es abschließend. (kai)

Die Erklärung ist im Wortlaut im Internet nachzulesen unter www.dioezesanversammlung. bistumlimburg.de

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