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Eine politische Frau
22.05.11

Eine politische Frau

Beatrix Schlausch übernimmt gerne Verantwortung, will aber demnächst kürzer treten

 

Ausgabe 21 vom 22. Mai 2011

Gastfreundlich: Wer Beatrix Schlausch besucht, wird liebevoll bewirtet. Ihr Mann Jürgen ist ein begeisterter Hobbykoch. Foto: Heike Kaiser

Nein, sie ist keine „Quotenfrau“: Beatrix Schlausch, seit 2004 Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung, wird am 24. Mai 70 Jahre alt. Und will im nächsten Jahr nicht mehr für dieses Amt kandidieren.

Frage: Frau Schlausch, Sie engagieren sich seit Jahrzehnten gesellschaftspolitisch, kirchlich und karitativ. Seit zwei Amtsperioden sind Sie Präsidentin der Limburger Diözesanversammlung. Haben Sie jemals bereut, diese vielen Ehrenämter angenommen zu haben?

Schlausch: Bereut habe ich mein ehrenamtliches Engagement nicht, denn ich habe immer nur dazugelernt. Ich blicke auf ein erfülltes Leben zurück und habe dafür „Danke“ zu sagen. In den verschiedenen Lebensabschnitts-phasen – Berufstätigkeit, Familienzeit, Erziehung der Kinder, Pflege der Eltern und Schwiegereltern – habe ich für Andere Verantwortung übernommen und habe dies auch gern getan. Ich bin der Meinung, jeder, der eine Fähigkeit oder ein Talent als Geschenk erhalten hat, sollte in seinem Leben für eine gewisse Zeit Verantwortung übernehmen, denn Möglichkeiten dazu gibt es genügend.

Als Sie 2004 zum ersten Mal an die Spitze der Diözesanversammlung gewählt wurden, haben Sie gesagt, dass Sie sich nach 20 Jahren männlicher Leitung keinesfalls als Quotenfrau sehen. Wie schwer ist es, dieser Haltung treu zu bleiben?

Das unterstreiche ich nach wie vor: Nur „Quotenfrau“ zu sein, entspricht nicht meiner Mentalität. Jeder Mensch, der ein Amt übernehmen möchte, sollte ausschließlich nach seinen Leistungen und Qualifikationen gewählt werden.

Werden Sie im Mai nächsten Jahres, wenn sich die neue Diözesanversammlung konstituiert, nochmals als Präsidentschaftskandidatin zur Verfügung stehen?

Ich denke, dass 20 Jahre Arbeit in synodalen Gremien auf verschiedenen Ebenen – Pfarrei, Bezirk, Diözese – ausreichend sind, dazu kommen noch die letzten Jahre als Präsidentin. Obwohl diese zwei letzten Amtszeiten äußerst spannend waren: Bischofs- und Weihbischofswechsel, Dezernentenwechsel und der Wechsel der Bischofsvikare für den synodalen Bereich – Dr. Johannes zu Eltz, Domkapitular Willi Hübinger und jetzt Ehrenprälat Dr. Günther Geis. Wenn ich im Raum Limburg wohnen würde, würde dies meine Arbeit sehr entlasten. Die Wege über den Westerwald im Winter sind nicht immer einfach, und wenn man 70 wird, ist dies schon sehr anstrengend.Außerdem ist es auch für einen selbst wichtig, den Zeitpunkt des Aufhörens selbst zu bestimmen, und nicht darauf zu warten, bis es einem von anderer Seite nahegelegt wird. Das heißt konkret, dass ich im Mai 2012 nicht mehr kandidieren werde, allerdings werde ich mein Amt bis zum letzten Tag genauso engagiert wahrnehmen wie bisher. Dazu kommt, dass ich mich in diesem Jahr bereiterklärt habe, den Vorsitz im Caritasrat der Diözese zu übernehmen. Diese Amtszeit geht über drei Jahre. Es ist mir auch wichtig, für meinen Mann und die Familie etwas mehr Zeit zu haben.

Als Präsidentin der Diözesanversammlung haben Sie von Anfang an Kontakt gehalten zur Basis und regelmäßig Pastorale Räume im Bistum Limburg besucht. Welche Sorgen, Nöte, Fragen wurden Ihnen dabei am häufigsten vorgetragen?

Als Präsidentin der Diözesanversammlung habe ich in der letzten Amtszeit alle Bezirke besucht und im heimischen Raum auch Pastorale Räume. In dieser Amtszeit haben wir diese Arbeit im Präsidium aufgeteilt.Ich habe zu vielen Orten gute Kontakte aufgebaut und kann sagen, dass die Nöte fast überall gleich sind: Wie geht es mit unserer Kirche weiter? Wie können wir Nähe vor Ort erhalten? Wie wird es uns gelingen, den Weg von der Volkskirche in eine veränderte Kirche mitzugestalten? Und natürlich beschäftigt viele die Frage des Stellenwerts der synodalen Gremien.

Sie sind ja nicht nur in der Diözesanversammlung ehrenamtlich aktiv, sondern auch in weiteren synodalen Gremien in Ihrem Heimatbezirk Lahn-Dill-Eder und auf Bistumsebene. Darüber hinaus engagieren Sie sich in der Kommunalpolitik und sind Vorsitzende des Bundesforums katholischer Seniorenarbeit. Außerdem sind Sie Ehefrau und Mutter von vier erwachsenen Kindern, und Sie haben sechs Enkelkinder. Wie schaffen Sie das alles?

Durch gutes Zeitmanagement und starke Unterstützung durch meinen Mann Jürgen. Die Arbeit im Ortsbeirat der Stadt Dillenburg habe ich aufgegeben und auch die im Kreispräventionsrat, weil ich erkennen musste, dass man schlecht zwei Herren dienen kann. Es ist nicht meine Art, mich nur aus Profilneurose in ein Gremium wählen zu lassen und dann nicht an den Sitzungen teilzunehmen. Gerade die Arbeit im Kreispräventionsrat hat mir sehr viel Freude gemacht, denn dort wurden wichtige Themen wie Gewalt an Schulen und Frauen, Alkohol- und Drogensucht intensiv diskutiert. Ich bin allerdings der festen Überzeugung, dass viel mehr Menschen, die sich ehrenamtlich in der Kirche engagieren, sich auch in der Politik einbringen sollten.

Haben Sie überhaupt noch Zeit für ein Privatleben, für Freunde, für Hobbys?

Die Zeit fürs Privatleben ist schon stark eingeschränkt. In den letzten acht Jahren hat so manche Freundschaft sicher gelitten, aber diese Verluste konnten durch viele Begegnungen, die ich bei Reisen in unsere Partnerbistümer gemacht habe, ausgeglichen werden und stellen für mich einen großen Gewinn für mein Leben dar. Obwohl sich mein Tagesablauf oft nach kirchlichen Terminen richtet, gehört das gemeinsame Frühstück – egal, zu welcher Uhrzeit – zu meinem Leben. Mein Mann und ich arbeiten gerne gemeinsam im Garten, fahren gern ins Allgäu nach Bad Wörishofen zum Entspannen. Auch das ehrenamtliche Engagement im Weltladen und beim Kochen beim Ökumenischen Mittagstisch machen wir zusammen.

Ihr Mann hat also viel Verständnis für Ihr ehrenamtliches Engagement?

Ganz viel! Übermäßig viel. Sonst könnte ich das nicht machen.

Was macht Ihnen persönlich Mut? Was gibt Ihnen Kraft?

Eines ist sicher: Ich werde nie ein unpolitischer Mensch werden, und auch Verantwortung kann ich nicht einfach so von mir geben. Ich möchte das vorleben, was meine persönliche religiöse Einstellung widerspiegelt. Es ist 65 Jahre her, seit Dietrich Bonhoeffer im KZ ermordet wurde. Er hat ein Christenleben propagiert, das Verantwortung für die Welt übernimmt. „Beten und Tun des Gerechten“ im privaten Christsein und als Wahrnehmung der politischen Verantwortung gehören für ihn zusammen. Beides ist, wie Bonhoeffer sagt, die Aufgabe von Christenmenschen in der Welt. Mit ihrer Arbeit an dem Platz, an dem sie jeweils gestellt sind, bekennen sie ihren Glauben. Mut und Kraft gibt mir auch der Taufbefehl bei Matthäus: „Gehet hin in alle Welt.“ Das ist eine eindeutige Aufforderung, hinein zu gehen mitten in die Welt und dort Profil zu zeigen. Das spiegelt genau meine politische Einstellung wider. Meinen Geburtstagswunsch habe ich von Sören Kierkegaard übernommen: „Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann möchte ich weder Reichtum noch Macht, sondern Leidenschaft für das Mögliche. Ich möchte Augen, die auf ewig jung bleiben und immer hell leuchten voll Verlangen, das zu sehen, was möglich ist.“

Wie werden Sie Ihren 70. Geburtstag verbringen?

Am 24. Mai werde ich zu Hause sein. Die Feier mit der Familie und Freunden wird am 28. Mai stattfinden.

Gibt es einen bestimmten Rat, den Sie Ihrem Nachfolger, Ihrer Nachfolgerin als Präsident, Präsidentin der Diözesanversammlung mit auf den Weg geben?

Setzen Sie sich jeden Tag aufs Neue für den synodalen Weg im Bistum Limburg ein!

Interview: Heike Kaiser

Zur Person

1945 aus Hirschberg geflohen

Beatrix Schlausch lebt in Dillenburg. Sie wurde am 24. Mai 1941 in Hirschberg im Riesengebirge geboren. 1945 floh die Familie und kam nach Augsburg. Hier wurde Beatrix Schlausch vor allem durch die Schule der Maria-Ward-Schwestern geprägt, war jahrelang Schulsprecherin. Als ihr Vater nach Wetzlar versetzt wurde, machte sie eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin. Mit 21 Jahren heiratete die junge Frau einen Witwer mit drei kleinen Kindern, zu denen bald eine Tochter hinzukam. 1990 wurde Beatrix Schlausch Witwe, pflegte in den folgenden Jahren ihre Mutter und Schwiegermutter. 1993 heiratete sie ihren jetzigen Mann Jürgen Schlausch. (kai)

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