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„Tief erschüttert“ über Ausmaß
14.03.10

„Tief erschüttert“ über Ausmaß

Diözesanversammlung beschäftigt sich mit Missbrauch und Kinderarmut

 

Ausgabe 11 vom 14. März

Wiesbaden/Limburg (ids). Den Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche im Zuge immer neuer Aufdeckungen von Missbrauchsfällen hat Beatrix Schlausch, die Präsidentin der Diözesanversammlung, beklagt. Die in Umfragen dazu ermittelten Zahlen seien erschreckend.

Auf der Sitzung des Gremiums am vergangenen Samstag im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden- Naurod äußerte sie sich „tief erschüttert“ über das Ausmaß der Fälle. Ausdrücklich betonte sie in ihrem Bericht, dass sie Bischof Franz-Peter Tebartz van Elst in seinem erklärten Bemühen um rückhaltlose Aufklärung aller Fälle im Bistum Limburg bestärke.

Thematisch beschäftigte sich die Sitzung mit dem Thema Kinderarmut. Mit einer dazu veröffentlichten Erklärung will die gewählte Vertretung der Katholiken des Bistums auf den Skandal aufmerksam machen, dass in einem reichen Land wie Deutschland jedes sechste Kind in Armut aufwächst. Unter dem Titel „Die Stärke einer Gesellschaft misst sich am Wohl der Schwachen“ fordert die Diözesanversammlung den Gesetzgeber auf, das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Regelsätzen vollständig umzusetzen.

Kirche, Gemeinde und Caritas

Über Umfang, Ursachen, Folgen und Prävention von Kinderarmut informierte Gerda Holz vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt. Mit vielen Zahlen und Fakten belegte sie ihre Aussagen, dass Armut von Kindern ein strukturelles Problem sei und dass sie Kinder und Jugendliche ihrer Lebens- und Zukunftschancen beraube. Die Prävention von Armut bezeichnete die Referentin als sozialpolitische Pflichtaufgabe. Kirche, Kirchengemeinden und Caritas könnten ihrer Ansicht nach in dreifacher Hinsicht tätig werden: als soziale Orte mit der Möglichkeit, sich zu beteiligen, als Träger und Anbieter von entsprechenden Angeboten und Rahmenbedingungen sowie als politische Akteure, unter anderem als Sprachrohr gegenüber der breiten Öffentlichkeit. Als Beispiel dafür nannte sie die Bistums-Kampagne „Kinderarmut bekämpfen“.

Eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig

In der von der Versammlung verabschiedeten Erklärung sind mit Blick auf das Recht jedes jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit sechs Forderungen formuliert. An die Verantwortlichen im Bistum und in den Pfarrgemeinden richtet sich die Aufforderung, der Frage Mutter Teresas nachzugehen: „Kennt ihr die Armen eurer Stadt?“ Strukturelle Veränderungen erforderten sowohl Aufmerksamkeit als auch karitatives und politisches Engagement vor Ort.

40 Jahre synodale Gremien

Zu Beginn der Sitzung erinnerte die Präsidentin an den „gelungenen Festakt“ zum 40. Geburtstag der synodalen Gremien im Bistum Limburg und wies auf die Beteiligung der Diözesanversammlung am ökumenischen Kirchentag hin. Auf besondere Aufmerksamkeit stießen die Passagen, die sich mit den Missbrauchsfällen beschäftigen. Dabei unterstrich Beatrix Schlausch eindringlich die von Bischof Tebartz-van Elst genannte Perspektive: „Unsere primäre Verantwortung als Kirche gilt den Opfern.“ Es gehe um individuell adäquate Hilfeleistungen für sie und darum, „alles uns Mögliche zu tun, um neue Missbrauchsfälle zu verhindern.“ Der Wille zur Aufklärung und Prävention werde gerade durch Papst Benedikt XVI. und seine Art des Umgangs mit den international bekannt gewordenen Missbrauchsfällen bestärkt. Mit Beifall bedachten die Delegierten die von ihr geäußerte Sorge um die Glaubwürdigkeit der Kirche: „Meine Frage ist, wie wir unsere Botschaft glaubwürdig verkündigen sollen, wenn die Institution Kirche nicht mehr als glaubwürdig gilt?“

Bericht der Präsidentin und Erklärung der Diözesanversammlung: www.bistumlimburg.de

Hintergrund

Gleiche Chancen

In ihrer Erklärung zum Thema „Kinderarmut“ stellt die Limburger Diözesanversammlung sechs Forderungen auf. „Allen Kindern müssen die Entfaltung der eigenen Fähigkeiten, die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben und gleichberechtigte Chancen im Bildungssystem möglich sein“, heißt es da unter anderem, und: „Mit Blick auf die Kinder müssen bedarfsgerechte Systeme und Hilfeleistungen auf allen Ebenen bereitgestellt werden, die Eltern frühzeitig darin unterstützen, der Verantwortung für ihr Kind gerecht zu werden.“ Insbesondere hinsichtlich der Situation von allein Erziehenden werde vom Gesetzgeber eine Abkehr vom Ehegatten- hin zum Familiensplitting erwartet. Die Verantwortlichen im Bistum und Pfarrgemeinden fordert die Diözesanversammlung auf, der Frage Mutter Teresas nachzugehen: „Kennt ihr die Armen eurer Stadt?“

In einem reichen Land wie Deutschland sei es ein Skandal, dass jedes sechste Kind in Armut aufwächst. Darauf will die Diözesanversammlung vor dem Hintergrund der Bistumskampagne „Kinderarmut bekämpfen“ aufmerksam machen. Kinderarmut bedeute konkret einen Mangel an fundamentalen Entwicklungs- und Teilhabechancen in fünf Entwicklungsdimensionen: körperliche Entwicklung und Gesundheit; kognitive Entwicklung, Bildung und Lernen; soziale Entwicklung, soziale Kompetenzen und soziale Netzwerke; kulturelle Entwicklung und Freizeitgestaltung; Persönlichkeitsentwicklung, Selbstachtung und Selbstwert.

Ausdrücklich begrüßt das synodale Gremium das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar zu den Regelsätzen der staatlichen Grundsicherung. Darin werde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht allein die physischen Grundbedürfnisse abdecken muss. (kai)

Zur Sache

„Neue Fälle verhindern“

Die Präsidentin der Diözesanversammlung, Beatrix Schlausch, betrachtet die Veranstaltung zum 40. Geburtstag der synodalen Gremien im Bistum Limburg im November vergangenen Jahres im Frankfurter Haus am Dom zwar als „gelungenen Festakt“. Sie kritisierte in ihrem Bericht jedoch, „dass die abschließende Diskussion hinter den Erwartungen zurückblieb. Vielleicht wäre hier eine Moderation mit mehr theologischen Kenntnissen hilfreicher gewesen.“ Über die Teilnahme vieler ehemaliger Mitglieder synodaler Gremien habe sie sich besonders gefreut.

Die Resonanz zur Diözesanversammlung am Reformationstag zum Thema Ökumene sei „sehr positiv“ gewesen, so Beatrix Schlausch. Beim Ökumenischen Kirchentag im Mai in München sei die Diözesanversammlung Mitveranstalterin einer Veranstaltung zum Thema „Familie – arm, aber mutig?“ Schlausch berichtete von der Sitzung des Diözesankirchensteuerrats im Dezember. Dabei sei festgestellt worden, dass für das Jahr 2010 trotz sinkender Kirchensteuereinnahmen noch einmal ein ausgeglichener Haushalt erwartet, in den Folgejahren jedoch mit einem Defi zit gerechnet werde. Daher halte Finanzdirektor Hans- Peter Althausen die Planung einer neuen Sparrunde ab diesem Jahr für notwendig.

Im Februar war die Präsidentin der Diözesanversammlung als Teil einer Delegation des Bistums Limburg zusammen mit Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst zu Gast bei der Amtseinführung des neuen Bischofs von Ndola in Sambia, Alick Banda. „Er steht persönlich für die Fortsetzung und weitere Vertiefung der Bistumspartnerschaft“, unterstrich Schlausch.

„Ich bin zutiefst erschüttert über das Ausmaß der Fälle von sexuellem Missbrauch an kirchlichen Schulen und Einrichtungen. Es zeigt sich, dass die Kirche in der Vergangenheit in vielen Fällen mit sexuellem Missbrauch durch Priester nicht angemessen umgegangen ist“, sagte die Präsidentin der Diözesanversammlung. In den letzten Jahren sei aber ein Wandel in der Betrachtung und Aufarbeitung in Gang gekommen, die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz von 2002 seien ein deutliches Zeichen dafür. Ihr Mitgefühl gelte den Opfern, so Schlausch. Der Glaubwürdigkeitsverlust, den die katholische Kirche im Zuge der Aufdeckungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger erleide, beschäftige sie sehr. „Meine Frage ist, wie wir unsere Botschaft glaubwürdig verkündigen sollen, wenn die Institution Kirche nicht mehr als glaubwürdig gilt?“

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst habe fünf Fälle von sexuellem Missbrauch durch Priester im Bistum Limburg öffentlich gemacht.

Auf diesem „sehr konkreten Hintergrund“ dankte sie ihm „ausdrücklich in seinem Bemühen um rückhaltlose und konsequente Aufklärung“. Sie unterstrich die vom Bischof benannte Perspektive, dass die primäre Verantwortung als Kirche den Opfern gelte. „Hier geht es um individuell adäquate Hilfeleistungen für Opfer von Missbrauch und darum, alles uns Mögliche zu tun, um neue Missbrauchsfälle zu verhindern.“ (kai)

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