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In die weite Jacke hineinwachsen
22.05.11

In die weite Jacke hineinwachsen

Eine Frau und zwei Männer beginnen ihren Dienst als Gemeindereferenten

 

Ausgabe 21 vom 22. Mai 2011

Zwei Männer und eine Frau – ein ungewöhnlicher Ausbildungsjahrgang für einen Beruf, in dem überwiegend Frauen tätig sind. Auf ihren Dienst im Bistum Mainz freuen sich (von links): Dirk Stoll, Cristina Becker, Matthias Hassemer. Foto: Christian Burger

Monika Stübinger ist leitende Diözesanreferentin für Gemeindereferentinnen und -referenten sowie -assistent(inn)en. Foto: Archiv

Von Maria Weißenberger

Die Assistenzzeit geht dem Ende entgegen, die Zweite Kirchliche Dienstprüfung ist bestanden. Grund zur Freude für Cristina Becker, Matthias Hassemer und Dirk Stoll.Sie werden am 28. Mai von Kardinal Karl Lehmann in ihren Dienst als Gemeindereferenten gesendet.

„Die Jacke ist jetzt noch ziemlich weit“, meint Dirk Stoll, „man wird mit der Zeit hineinwachsen.“ Dass es Zeit brauchen kann, um das Passende zu finden – nicht nur bei Kleidungsstücken – diese Erfahrung hat der 34-Jährige Offenbacher bereits gemacht: Obwohl „klassisch“ in die Gemeinde hineingewachsen und in der katholischen Jugend engagiert, dachte er zunächst nicht daran, einen kirchlichen Beruf zu wählen. Nach seinem Realschulabschluss wurde er Kommunikationselektroniker, nach der Ausbildung entwickelte er sich beruflich zum Vertriebsassistenten weiter. Ein schnurgerader Weg schien vorgezeichnet. Bis er, damals ehrenamtlich als Dekanats-Jugendsprecher aktiv, an Exerzitien teilgenommen hat.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

„Erst da habe ich wirklich einen tieferen Sinn im Leben entdeckt“, sagt er. „Plötzlich hatte ich das tiefe Empfinden, dass es Gott wirklich gibt.“ Damals stellte sich auch der Gedanke ein, hauptberuflich in der Kirche zu arbeiten. „Ich habe mich zunächst schlau gemacht, welche kirchlichen Berufe es gibt“, erzählt er, „und mit der Abendschule begonnen, um mein Abitur zu machen.“ Doch erst als ihn eines Tages die betriebsbedingte Kündigung „erwischte“, fiel es ihm wieder ein: „Du hattest auch mal was anderes im Sinn.“ Wenn nicht jetzt – wann dann, dachte er und entschied sich, Gemeindereferent zu werden: „Ein praktischer Beruf, das hat sich gut angefühlt.“

Cristina Becker kannte ihren jetzigen Beruf gar nicht, als sie 2005 nach Deutschland kam, nachdem sie in Temesvar Wirtschaftswissenschaften studiert hatte. In ihrer Heimat Rumänien gibt es keine Gemeindereferenten. Die „Praktische Theologie“, gewann sie während eines Praktikums in Rüsselsheim den Eindruck, könnte für sie das Richtige sein – und entschloss sich zu einer Bewerbung. „Mein Ziel war es, meine Kenntnisse später in Rumänien anzuwenden“, sagt sie. Inzwischen mit einem Mainzer verheiratet, bleibt sie jetzt aber erst einmal hier.

„Erst einmal“ hatte Matthias Hassemer nach Abitur und Zivildienst sich für die Theologie entschieden: „Das ist ein spannendes, interessantes Feld“, sagt er, und er sei tatsächlich „hineingewachsen“: Er war Messdiener, hat sich stark in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert, leistete seinen Zivildienst in der Katholischen Jugendzentrale in Nieder-Olm, wo er in Gestalt des Dekanats-Jugendreferenten auch das „lebende Beispiel“ eines Gemeindereferenten erlebte.

Mit der Theologie allein hat sich Hassemer allerdings nicht begnügt: Er hat anschließend noch Sozialarbeit studiert. Warum? „Die Sozialarbeit bietet ein Riesen-Methodenpotenzial für den diakonischen Bereich“, erklärt er. Das könne der Arbeit in einer Pfarrgemeinde nur zugute kommen.

Ihre Assistenzzeit hat alle drei in ihrer Entscheidung bestätigt. Die Mitarbeit in der Liebfrauengemeinde in Mainz hat ihr viel gebracht, sagt Cristina Becker: „Es hat mich fasziniert, dass es mir gar nicht schwerfiel, auch mal länger zu bleiben. Was für eine Erfüllung, einen solchen Beruf zu haben.“ Vor allem sei ihr Blick geschärft worden für die Diakonie: „Den Menschen Heimat zu geben, präsent zu sein für alle und jedem mit Nächstenliebe zu begegnen“, das habe sie als wichtige Aufgabe begriffen, und sie sei froh, vielleicht manchen Menschen „ein Stückchen Himmel auf Erden“ gebracht zu haben.

Erst mal eine Tasse Kaffee miteinander trinken

Dirk Stoll erinnert sich gut an die Worte von Pfarrer Michael Kunze, als er in der Offenbacher Südstadt seine Assistenzzeit begann: „Uns ist wichtig, dass wir zuerst mal eine Tasse Kaffee miteinander trinken.“ Für ihn komme in diesem Satz nicht zuletzt zum Ausdruck, dass das Pfarrhaus in St. Josef ein offenes Haus sei, dass sich Kirche insgesamt als „offenes Haus“ zeige. Er selbst habe sich „ausprobieren“ können, genauso wie er anderen Menschen Möglichkeiten geben konnte, sich einzubringen. „Es kann sich so viel entwickeln, wenn man ohne Angst auf Menschen zugeht und sie einlädt“, hat er gelernt.

Auch Matthias Hassemer ist dankbar für seine Zeit in der Pfarrgruppe Oppenheim: Sich selbst auszuprobieren, schauen zu dürfen, um den eigenen Weg zu finden, Rückmeldungen zu bekommen, die weiterhelfen – das hat für ihn die Assistenzzeit ausgemacht. Beeindruckt hat ihn, wie die insgesamt sieben Gemeinden „den Spagat der Hauptamtlichen“ mittragen. „Man kann ja manchmal wochenlang gar nicht in einer Gemeinde sein“, stellt er fest. Trotzdem sei er immer freudig empfangen worden, „ich hatte nie das Gefühl, großartig weg zu sein“, erzählt er.

Die Ehrenamtlichen, darin sind sich die drei „Neuen“ einig, werden in den größeren Seelsorgeeinheiten immer wichtiger. „Sie sind aber schon immer tragend in den Gemeinden“, findet Hassemer, dem das Bild vom Hirten und den Schäfchen für das Verhältnis von Haupt- und Ehrenamtlichen so gar nicht zusagt. Ihm ist es wichtig, dass Ehrenamtliche eigenständig arbeiten, dass sie auch Verantwortung übernehmen. Dazu gehöre natürlich auch, Menschen für ihre Aufgaben zu befähigen.

Die Gemeindearbeit lebt vom Miteinander, findet auch Dirk Stoll: „Die Menschen vor Ort sind die Experten für die Situation der Gemeinde – wir sind die Fachleute für theologische und pädagogische Fragen.“ Und, so zeigt seine Erfahrung, die Menschen spüren, dass sie gefordert sind. „Mir fällt nicht eine Aktion ein, die ohne Ehrenamtliche gelaufen ist“, sagt er. Diese dabei zu unterstützen, ihre Talente einzubringen, ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken, das begreift Cristina Becker als wesentliche Aufgabe der Hauptamtlichen. Und die, das ist allen dreien bewusst, sind gefordert, im Team gut zusammenzuarbeiten.

„Ich wünsche mir ein Team, in dem sich die Mitarbeiter gegenseitig ernstnehmen“, sagt Cristina Becker. Nicht für ewig auf bestimmte Aufgaben festgelegt zu werden, darauf legt sie Wert. „Die Vielseitigkeit in diesem Beruf ist so spannend, dass ich immer wieder einmal etwas anderes tun möchte.“ Wobei, das ist Matthias Hassemer wichtig, die Gemeinde „vorgibt“, was er als Hauptamtlicher zu tun hat: „Ich begreife mich als Dienstleister“, betont er. „Ich kann Anstöße geben, Impulse setzen – maßgebend sind die Bedürfnisse der Menschen.“ Wer wollte bestreiten, dass auch Hauptamtliche Menschen sind? „Absprachen im Team sind notwendig“, meint Dirk Stoll. Für die Aufgabenverteilung heißt das durchaus auch: „darauf achten, wer sich in welcher Jacke wohler fühlt.“

Sendung im Gottesdienst am Samstag, den 28. Mai, um 10 Uhr im Mainzer Dom. Musikalische Gestaltung: Domorganist Daniel Beckmann und die Gruppe „Rückenwind“ unter Leitung von Gemeindereferent Bardo Frosch

Zur Person

Viele Wege führen zum Ziel

Cristina Becker (29), verheiratet, geboren in Arad/Rumänien, Studium der Wirtschaftswissenschaften in Temesvar/Rumänien, seit 2005 in Deutschland, wohnhaft in Mainz-Kastel, Assistenzzeit in der Gemeinde Liebfrauen in der Mainzer Neustadt

Matthias Hassemer (28), geboren in Groß-Gerau, aufgewachsen in Nackenheim, wohnhaft in Mainz, Studium der Praktischen Theologie und der Sozialarbeit, als Gemeindeassistent tätig in der Pfarrgruppe Oppenheim

Dirk Stoll (34), verheiratet, geboren in Offenbach, aufgewachsen in Offenbach-Bieber, wohnhaft in Mühlheim, Ausbildung und Berufstätigkeit als Kommunika-tionselektroniker, Abitur am Abendgymnasium, Studium der Praktischen Theologie, Assis-tenzzeit im Pfarreienverbund Offenbach-Südstadt, schwerpunktmäßig in St. Josef.

Zur Sache

Die Ausbildung

Die Ausbildung zum Gemeindereferenten / zur Gemeindereferentin erfolgt in zwei Bildungsphasen. Die erste Phase wird durch das sechssemestrige Studium an der Katholischen Fachhochschule (KFH) in Mainz oder in der Fachakademie in Freiburg absolviert. Studierende an der KFH Mainz leben im ersten und zweiten Semester zusammen im Dr.-Maria-Reinartz-Haus.

In der zweiten Ausbildungsphase erfolgt der Einsatz als Gemeindeassistent(in) für zwei Jahre in einer Ausbildungsstelle in Pfarreien. Dabei werden die Gemeindeassistent(inn)en von Mentoren begleitet.

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