Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Mittendrin statt außen vor
28.05.09

Foto: Paavo Ondreka

In die halbgeschlossenen Hände des Leichnams Christi hat jemand Rosenblüten gesteckt. Zeugnisse einer persönlichen Andacht vor der Grablegungs-Szene im Mainzer Dom.

Für Dr. Felicitas Janson, Leiterin der Projektstelle Domführungen, sind sie ein Zeichen dafür, dass die Kommunikation zwischen Betrachter und Kunstwerk auch heute noch stimmt. Das um 1495 entstandene Bildwerk, das dem sogenannten Adalbert-Meister zugeschrieben wird, ist für sie „ein besonders anschauliches Beispiel eines ‚sprechenden‘ Bildes“.

Besonders eindringlich: die lebensgroßen Figuren. Sie beziehen den Betrachter unmittelbar in das Geschehen mit ein. Den aufgebahrten Leichnam umstehen die betende Maria, die von Johannes gestützt wird (Foto: Mitte). Aber auch Maria Magdalena, Maria Salome sowie Nikodemus und Josef von Arimathäa trauern.

Der Künstler hat sich nicht nur vom Johannes- Evangelium inspirieren lassen, er hat auch bestimmte Typen verewigt: die Nonne, die Bürgerstochter, den Pilger und den Ratsherren (rechts). Letzterer ist an seinem ordentlich gestutzten Bart und dem Geldbeutel zu erkennen, der um seine Hüften hängt. Ebenso die Wächter unterhalb des Leichnams: sie tragen Waffen, wie sie im 15. Jahrhundert verwendet wurden. Der Realismus wurde ursprünglich durch die Farbigkeit der Figuren noch gesteigert. Aber auch ohne diese spricht die Szene Menschen heute noch ganz unmittelbar an.

Paavo Ondreka

© Annegret Burk