Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Für Heinrich schwärmten die Frauen
13.09.09

Ein edles Gesicht – bartlos, mit langgelocktem Haar und einem Drei-Lilien-Reif – ist im Kreuzgang des Mainzer Doms in Stein gemeißelt: das Antlitz des Dichters Frauenlob.

In Mainz fühlte man sich seit jeher geehrt, das Grabmal eines so bekannten mittelalterlichen Lyrikers zu beherbergen. Henricus Frouwenlob, auch unter dem Namen Heinrich von Meißen bekannt, genoss schon zu Lebzeiten ungewöhnlichen Ruhm. Dieser beruhte auf seiner anspruchsvollen Lieddichtung, insbesondere auf den „Leichs“ (von gotisch laiks, Tanzlied).

Hierunter ist vor allem der um 1290 entstandene „Marienleich“ zu erwähnen. Darin besingt der Dichter die Gottesmutter Maria als Himmelskönigin. Zusammen mit seinem „Minneleich“, der das weibliche Geschlecht pries, begründete er den Ruf des Dichters als „Frauenlob“.

Sein Lobpreis Mariens verschaffte ihm hohes Ansehen beim Mainzer Klerus. Vor allem Erzbischof Peter von Aspelt war ihm wohlgesonnen, so dass ihm dieser ein prominentes Grabmal schaffen ließ. In der Überlieferung heißt es, Aspelt habe dem Dichter persönlich die Sterbesakramente gespendet. Durch die vom Erzbischof veranlasste Grablegung ist auch das Sterbedatum des Heinrich von Meißen bekannt: 29. November 1318. Sein Geburtsdatum allerdings bleibt im Dunkeln, es wird von Historikern im Jahrzehnt nach 1250 vermutet. Der untere Teil des Grabmals zeigt den Sarg des Dichters, der von in Trauergewänder gehüllten Frauen getragen wird. Zwar ist diese Szene erst bei der Erneuerung des zerstörten Grabmals im Jahr 1783 hinzugefügt worden. Dennoch hat sie ihre Wurzeln in einem mittelalterlichen Chronikbericht.

Dort heißt es, dass Frauen den Dichter wegen seiner Lobpreisungen des weiblichen Geschlechts unter Wehklagen zu Grabe getragen hätten. Der Chronist fügt hinzu: Über Frauenlobs Grab wurde eine große Menge Wein ausgeschüttet. Die besondere Erwähnung dieses Totenrituals wies auf das Grabmal als Kultstätte hin.

1842 kam eine zweite Frauenlob-Kultstätte hinzu. Der Bildhauer Ludwig Schwanthaler fertigte ein Denkmal für den Domfriedhof – heute im Dommuseum zu sehen. Mainz schien im Wettstreit mit Würzburg zu stehen: Dort bekam im gleichen Jahr ein anderer „alter Meister“ – Walther von der Vogelweide – sein Grabdenkmal.

Anja Weiffen

© Annegret Burk