Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Albrecht und sein Faun
05.05.09

Foto: Bernd Schermuly / www.sensum.de

Ein Mann, unglaublich reich, unglaublich verschuldet, unglaublich mächtig. Einer, der von den berühmtesten Malern seiner Zeit gemalt wird, der in die Geschichte eingeht. Er steht vor uns am Vierungspfeiler der Nordseite (wenn man vor dem Altar steht, rechter Hand). Allerdings wird von Kardinal Albrecht von Brandenburg (1490 – 1545) jahrhundertelang nicht gerade freundlich gesprochen: Sein großer Bedarf an Geld führte mit zum schwunghaften Ablasshandel, den Martin Luther kritisierte und der zu einem Auslöser der Reformation wurde.

Eine gewisse Neubewertung Albrechts hat Kardinal Karl Lehmann anlässlich der Cranach- Ausstellung in Aschaffenburg festgestellt: Heutzutage wird gewürdigt, dass dieser Kirchenfürst ein großer Mäzen und ein persönlich zutiefst frommer Mann war.

Die Sorge um sein Seelenheil trieb ihn an, in einer Weise, wie sich heutige Gläubige das kaum mehr vorstellen können. Nicht nur war er versessen auf immer neue kostbare Reliquien, als „Jenseitssicherung“ (so das einschlägige Buch der Kunsthistorikerin Kerstin Merkel) sollte ihm auch sein Grabmal dienen. Er befasste sich immer wieder damit: Das Grabdenkmal galt ihm als Tür ins Jenseits. Es gibt verschiedene Ausführungen, in der Aschaffenburger Stiftskirche und im Mainzer Dom, wo er bestattet wurde.

Im Dom steht die Grabplatte aus rotem Marmor mit ihrer deutschen Inschrift neben dem Renaissance-Grabmal, das seine Nachfolger realisieren ließen. Hier tritt der Kirchenmann auf einem Podest auf, zu seinen Füßen findet sich ein seltsames Wesen mit Bockshörnern. Es ist ein Faun, mit goldenen Seilen gefesselt, umgeben von Widderköpfen. Was tut das bocksbeinige, lächelnde Wesen zu seinen Füßen? Laut Kerstin Merkel symbolisiert der Faun die überwundene Lust – ein Hinweis auf die Tatsache, dass Albrecht verschiedene Lebensgefährtinnen hatte, die er auch porträtieren ließ. Der gefesselte Faun steht also für die Durchsetzung des Zölibats: Albrecht wird hier als Mann dargestellt, der die Versuchung überwunden hat. Sein oft kritisiertes Liebesleben wird so einerseits thematisiert, dennoch steht der Kardinal als „Tugendheld“ da – er steht darüber.

Vieles erinnert in Mainz an Albrecht, unter anderem der Renaissancebrunnen vor dem Dom. Das Dommuseum nennt ein Bild Simon Francks von 1543 sein eigen, auf dem Albrecht, in kostbare Gewänder gehüllt, einem Bettler einige Münzen überreicht. Hier tritt er auf in der Rolle des heiligen Martin, der ja Patron des Doms ist.

Ruth Lehnen

© Annegret Burk