Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
Der Ritter im Kreuzgang
04.10.09

Es ist ein echter Hingucker – das Denkmal Heinrich von Selbolds im hinteren Teil des Kreuzgangs im Mainzer Dom. Der Edelmann, den der Bildhauer in voller Ritterrüstung dargestellt hat, stützt sich mit der linken Hand auf sein Schwert, die Rechte ruht am Dolch. Zwischen den Beinen lugt ein Löwe hervor – Symbol weltlicher Macht schlechthin.

Die Inschrift, die an der Sockelbank des Denkmals angebracht ist, weist den 1578 Verstorbenen als Vizedom(inus) und Hofrichter der kurfürstlichen Stadt Mainz aus. Als höchster Beamter adliger Abstammung vertrat er den Mainzer Kurfürsten und Erzbischof Daniel Brendel von Homburg (1555-1582) in allen weltlichen Belangen.

In diese Machtposition war Heinrich von Selbold durch Heirat mit Margarete Brendel von Homburg, der Schwester des Kurfürsten, gelangt. Da aus der Ehe keine Kinder hervorgingen, erlosch das Geschlecht von Selbold im Jahr 1578. Auch darüber gibt die Sockel-Inschrift Aufschluss.

Die Ritterfigur wird von zwei Sandstein-Pfeilern umrahmt, an denen acht Wappen auf den Landbesitz der Adelsfamilie verweisen. „Die Verwendung von Wappen ist charakteristisch für Grab- und Denkmäler der Renaissance-Zeit“ sagt Ulrike Glatz, freischaffende Mainzer Kunsthistorikerin.

Auf der Kopfleiste des Denkmals ist eine weitere Inschrift angebracht: „Christus ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn.“ Ein Zitat aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper (1,21).

Darüber, berichtet Glatz, befand sich ursprünglich ein Aufsatz, welcher aber im Lauf der Jahrhunderte verloren ging. Ein ähnliches Schicksal ereilte den Kopf der Ritterfigur ebenso wie ihr Schwert. Später wurden die fehlenden Teile mit Gips rekonstruiert.

Für Glatz ist die farbige Ritterfigur etwas besonderes, wenn nicht sogar das i-Tüpfelchen unter den Grabplatten und Denkmälern im Kreuzgang. „Als weltlicher Herr unterscheidet er sich von den geistlichen Herren, die mit Kelch oder entsprechend gewandet dargestellt werden.“

Paavo Ondreka

© Annegret Burk