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Die Strahlkraft der Maria
24.10.10

Die Strahlkraft der Maria

Germanistin des Gesangbucharchivs stellt Forschungen zu verschiedenen Marienliedern vor

 

Ausgabe 43 vom 24. Oktober

„Morgenröte“ ist eine von vielen Bezeichnungen, die die Gottesmutter trägt. Foto: Christiane Schäfer

Dr. Christiane Schäfer vom Gesangbucharchiv Foto: Anja Weiffen

Die „Seele“ verbindet sich durch Gesang mit dem Himmel Foto: Gesangbucharchiv Mainz

Von Anja Weiffen

Im Marienmonat Oktober haben die Lieder zu Ehren der Gottesmutter Hochkonjunktur. Für Christiane Schäfer drücken sie eine faszinierende Frömmigkeit aus. Bekannte Liedfassungen sind aber längst nicht so alt wie vermutet. Die Mitarbeiterin des Mainzer Gesangbucharchivs hat ihre Geschichte(n) zurückverfolgt.

Morgenröte, Rosengarten, Himmelskönigin, Braut von Nazareth – die Liste ihrer Namen ist lang. Die Bibel berichtet nicht viel von Maria; Volksfrömmigkeit und Legenden wissen dagegen viel mehr von der Gottesmutter zu erzählen. Kirchenlieder sind Quellen, um die Vorstellungen zu entdecken, die sich Gläubige von Maria gemacht haben.

Die darin dargestellten Bilder will Dr. Christiane Schäfer, Mitarbeiterin des Mainzer Gesangbucharchivs wieder zum Leuchten bringen. „Mein Zugang ist vor allem ein ästhetischer“, sagt die 40-jährige Germanistin, die sich seit 15 Jahren mit Kirchenliedforschung beschäftigt.

Eines der Motive, das sie für die Veranstaltung der Bistumsakademie Erbacher Hof „…davon ich singen und sagen will“ herausgearbeitet hat, ist der Schmerz Mariens. Dieser Schmerz und zugleich auch die Hoffnung auf Erlösung findet sich eingängig in dem Adventslied „Maria durch ein Dornwald ging“. Die verschiedenen Versionen und andere Lieder wurden von dem Mainzer Chor Capella moguntina und dem Gießener Organisten Ralf Stiewe musikalisch gestaltet.

„Es gibt Hinweise, die darauf hindeuten, dass die Melodie aus dem 19. Jahrhundert stammt“, sagt sie. Eine Datierung um 1600 wie in verschiedenen Gesangbüchern zu finden ist, sei mit Quellen nicht belegbar. „Der Text klingt sehr alt. Deshalb wurde das Lied häufig so datiert“, fährt sie fort. „Der Ursprung des Liedes ist unbekannt. Die älteste gedruckte Form, die wir gefunden haben, stammt aus dem Jahr 1850 und zwar aus der Liedersammlung des Freiherrn von Haxthausen.“

Der Freiherr pflegte Kontakte zum Kreis der Romantiker, die bekannt dafür waren, Volksgut zu sammeln, auch wenn dies nicht immer aus mündlichen Überlieferungen stammte. Außerdem bearbeiteten sie die gesammelten Texte. Wie etwa die Maria-im-Dornwald-Fassung der Haxthausen-Sammlung. Die Überschrift „Wer hat’s gethan? – ein Wallfahrtsgesang“ habe eher Flugblatt-Charakter, erläutert die Wissenschaftlerin; die Versmaße seien uneinheitlich, Strophen wurden hinzugefügt.

Nostalgiewelle belebt die Frömmigkeit neu

Auch die Dornwald-Version von 1913 aus der profanen Liedsammlung „Der Zupfgeigenhansl“, die von Mitgliedern der Wandervogelbewegung herausgegeben wurde, zeige, wie eine Nostalgiewelle dieses Marienlied im 20. Jahrhundert stark verbreitete. Schäfer: „Beim Wandern durch Feld und Flur entdeckte man die Muttergottesfiguren neu und erinnerte sich der Marienfrömmigkeit.“

Die Begründung, warum Maria eine so tiefe Verehrung erfahren hat, liefert das Lied „Ave Maria zart“. Darin werde betont, dass sie den Erlöser gebar. Maria werde hier als Vermittlerin zwischen Gott und den Menschen dargestellt. In ihrer Mittlerrolle komme ihr an der Schwelle des Todes eine besondere Bedeutung zu.

Der Rosengarten als Hinweis auf das Hohelied

Diese Verbindung zwischen „Oben und Unten“ symbolisiert das Titelbild der Sammlung „Echo Hymnodiae Coelestis“ des Johann Georg Braun (1675), in dem der Liedtext zuerst erschienen ist (siehe Foto rechts). „Das Bild zeigt eine Frau, die die personifi zierte Seele darstellt“, erläutert die Wissenschaftlerin. In ihrem gesungenen Lob nehme die Seele Kontakt zum Himmel auf.

Das Lied „Ave Maria zart“ bietet darüber hinaus Bilder, die sich auf das Alte Testament beziehen. So weist die Bezeichnung Mariens als „edler Rosengart“ auf den „verschlossenen Garten“ im Hohelied hin. „Spiegelungen zwischen Altem und Neuem Testament, die es auch schon im Mittelalter gab“, sagt Christiane Schäfer.

Die Mitarbeiterin des Gesangbucharchivs kommt zu dem Schluss, dass es keine ungebrochene, viele Jahrhunderte zurückreichende Tradition von Marienliedern gibt. „Die Zusammenstellungen von Melodien und Texten, die wir heute singen, entstammen meist dem 19. Jahrhundert – auch wenn die darin enthaltenen Bilder älter sind.“ Weitere Bearbeitungen im 20. Jahrhundert hätten der Strahlkraft dieser Bilder nicht immer gut getan, findet die Germanistin.

Zur Sache

Das Archiv

In den Räumen des Gesangbucharchivs auf dem Gelände der Mainzer Johannes Gutenberg- Universität befinden sich rund 3600 evangelische und katholische Quellen, das heißt Ausgaben von Gesangbüchern und dem „Gotteslob“. Die frühesten stammen aus dem 16. Jahrhundert. „Das ist in einer Freihand- Bibliothek einmalig in Deutschland“, sagt Christiane Schäfer.

Infos: www.gesangbucharchiv.de

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