Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
„Da setze ich mich nicht hin!“
06.09.09

Domdekan Heinz Heckwolf: Von dem steinernen Stuhl in der Memorie aus trafen seine Vorvorgänger wichtige Entscheidungen. Foto: Paavo Ondreka

Er demonstriert Machtfülle – der steinerne Thron in der Memorie des Doms. Auf ihm nahm bis zum Untergang des Erzbistums Mainz während der französischen Revolution der Domdekan Platz, um die Sitzungen des Domkapitels zu leiten. Stand die Wahl eines neuen Bischofs an, hatte wahrscheinlich er das letzte Wort.

Klein und unbedeutend mussten sich in der Vergangenheit die weiteren Mitglieder des Domkapitels neben einem so mächtigen Herren vorkommen. Die weitaus niedrigeren Sitzreihen links und rechts des steinernen Throns lassen diesen Schluss jedenfalls zu.

Heinz Heckwolf, der dem Domkapitel seit 2003 vorsteht, will bei einem Ortstermin in dem um 1410 fertiggestellten Saal keine Missverständnisse über die Ausübung seines Amts als Domdekan aufkommen lassen. „Da setze ich mich nicht hin!“, sagt er und zeigt auf den steinernen Thron, auf dem sich mancher seiner Vorvorgänger mächtiger als der Erzbischof vorkommen musste.

Heutzutage würden die Entscheidungen des Domkapitels in „brüderlicher Gemeinschaft“ getroffen. „So steht es auch in den Statuten drin“, sagt Heckwolf. Alle vier bis sechs Wochen treffe man sich im Sitzungssaal des Bischöflichen Ordinariats – etwa um über Haushaltsfragen und bauliche Vorhaben am Dom zu beraten.

Aber auch an der Leitung des Bistums wirken die Mitglieder des Domkapitels beratend mit. Kardinal Karl Lehmann und Weihbischof Ulrich Neymeyr nehmen gewöhnlich an den Kapitelssitzungen teil – auch wenn sie dort nicht stimmberechtigt sind. „Wir haben auf Vorschlag des Kardinals das Motto des Domjubiläums ‚Denn der Tempel Gottes ist heilig, und das seid ihr‘ festgelegt“, sagt Heckwolf. Auch das Aussetzen größerer Baumaßnahmen im Jubiläumsjahr sei in dem Gremium beschlossen worden. „Erst nächstes Jahr wird der Turm eingerüstet.“

Das Mainzer Domkapitel existiert in der heutigen Form seit 1821. Neben dem Dekan gehören ihm sechs Kapitulare an. Beim liturgischen Dienst im Dom – etwa bei der Feier von Stiftsgottesdiensten – wird es von vier Dompräbendaten unterstützt.

Im Gegensatz zu früher können sich heute alle Mitglieder des Domkapitels als „Bischofs- Macher“ fühlen. Festgehalten ist dies im Badischen Konkordat von 1932. Steht die Wahl eines neuen Bischofs an, reicht das Kapitel dem Papst eine Kandidaten- Liste ein. Aus Rom kommt schließlich ein Schreiben mit drei Kandidaten zurück. Aus diesen muss das Domkapitel innerhalb von acht Tagen in freier, geheimer Abstimmung einen neuen Bischof wählen. Jede der sieben Stimmen zählt dann gleich viel.

Paavo Ondreka

© Annegret Burk