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Ein Dialog trägt Früchte
06.12.09

Ein Dialog trägt Früchte

Ministerpräsident Roland Koch überreicht Hessischen Kulturpreis – Vorgeschichte prägt Preisvergabe

Auszeichnung im Wiesbadener Kurhaus (von links): Peter Steinacker, früherer Kirchenpräsident der Evangelischen

Wiesbaden (am). Die Preisträger haben sich zusammengerauft, der Hessische Kulturpreis wurde vergeben. Nach der Kontroverse um den mitnominierten muslimischen Schriftsteller Navid Kermani hatte sich die Vergabe verzögert. Erst ein Gespräch zwischen den Beteiligten im Mainzer Bischofshaus klärte die Situation.

„Das Verstehenwollen und das Verstehen selbst sind gerade in unserer globalisierten Welt, wo alles näher zusammenrückt, unbedingt notwendig“, sagte Kardinal Karl Lehmann bei der Verleihung im Kurhaus in Wiesbaden. „In der Bereitschaft zum interreligiösen Dialog liegt eine gute Voraussetzung zu einer möglichst herrschaftsfreien Begegnung und zum Gelingen des Dialogs, schließlich auch zu mehr Toleranz.“

Auch ideologiekritische Anfragen zulassen

Weiter sagte Lehmann, dass der Dialog fruchtbarer werde, wenn er die Stärken des Partners „aufsucht und würdigt“. „Dies braucht jedoch nicht zu verhindern, dass man Schwächen aufdeckt und auch ideologiekritische Anfragen zulässt. Es ist überdies elementar notwendig, im Bereich der eigenen Religion selbst ohne Vorurteile Wesen und Unwesen zu unterscheiden und namhaft zu machen“, unterstrich der Kardinal.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch thematisierte in seiner Rede unter anderem ausführlich die Auseinandersetzungen um die Preisvergabe und verwies auf das klärende Gespräch der Preisträger im Mainzer Bischofshaus. „Sie haben uns vor Augen geführt, wo die Schwierigkeiten und Probleme im religionsübergreifenden Dialog liegen. Aber sie haben uns auch gezeigt, wie man diese Probleme aus dem Weg räumen kann.“ Er bezeichnete die vier Preisträger als „Brückenbauer“.

Auch Navid Kermani ging auf die Konflikte um die Verleihung des Kulturpreises ein. Er betonte, dass eine multikulturelle, multireligiöse Gesellschaft niemals eine konfliktfreie Gesellschaft sein werde. „Entscheidend ist vielmehr, ob sie ihre Konflikte auf friedvolle und konstruktive Weise austrägt. Und das war der Konflikt, der hinter uns liegt: Er war bei aller Schärfe im Ton friedlich, und er war konstruktiv“, sagte er. Kermani kündigte an, sein Preisgeld der katholischen Pfarrgemeinde St. Theodor in Köln-Vingst für deren soziale Projekte zu spenden.

Moderne Gesellschaft braucht religiöse Toleranz

Salomon Korn hob hervor, dass Toleranz die Voraussetzung dafür sei, „um die Wirklichkeit in ihrer Komplexität zu begreifen“. „Der interreligiöse Dialog dient dem Verstehen einer immer komplexer werdenden Realität“, sagte er. Ein fruchtbarer interreligiöser Dialog könne nur gelingen, wenn alle am Gespräch Beteiligten bereit seien, sich mit der Geschichte ihrer Religion auseinanderzusetzen.

Peter Steinacker sagte, dass ohne religiöse Toleranz eine moderne, pluralistische Gesellschaft nicht funktionsfähig sei. Insbesondere der Respekt vor der „Hoheit und Schönheit des anderen“, auch des fremden Go

Chronik

Stationen der Verständigung

  • 4. Dezember 2008: Die Hessische Staatskanzlei nominiert vier Preisträger für den Hessischen Kulturpreis, der diesmal für Einsatz im religionsübergreifenden Dialog verliehen werden soll: Peter Steinacker, langjähriger evangelischer Kirchenpräsident Hessen und Nassau; Kardinal Karl Lehmann; Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland; Fuat Sezgin, Orientalistikwissenschaftler. Die Verleihung soll am 22. März 2009 stattfinden.
  • März 2009: Nachdem Sezgin den Preis aus Protest gegen die Haltung Korns im Konflikt zwischen Israel und Palästina abgelehnt hat, fi ndet die Jury mit dem Schriftsteller Navid Kermani Ersatz.
  • April: Lehmann und Steinacker teilen Ministerpräsident Roland Koch ihre Bedenken mit, zusammen mit Kermani ausgezeichnet zu werden. Diese gründen sich auf einen Artikel Kermanis in der Neuen Zürcher Zeitung vom 14. März 2009, in dem sich der Schriftsteller kritisch über die Kreuzestheologie äußert.
  • Mai: Die Hessische Landesregierung aberkennt Kermani den Preis. Die Auszeichnung der anderen Nominierten wird auf den Herbst verschoben.
  • 20. Mai: Lehmann begründet in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) seine Bedenken, die er Koch in einem Brief übermittelt hatte, und fordert Koch auf, eine „Lösung des Dilemmas“ zu finden.
  • 28. August: Aussprache unter den vier Nominierten in Mainz. Korn, Lehmann und Steinacker erklären gemeinsam, „dass Herr Dr. Navid Kermani mit dem Hessischen Kulturpreis ausgezeichnet werden soll“. (wei)

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