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Darf die Medizin, was sie kann?
26.04.09

Darf die Medizin, was sie kann?

Das Ethikkonzept im Katholischen Klinikverbund Südhessen bietet Orientierung für den Ernstfall

Pfarrer Thomas Groß Foto Paavo Ondreka

Was tun, wenn ein Mensch nur noch künstlich am Leben gehalten werden kann? Um solche Fragen leichter beantworten zu können, hat der Katholische Klinikverbund Südhessen ein Ethikkonzept eingeführt. Dekan Thomas Groß, Aufsichtsratsvorsitzender im Klinikverbund, erklärt die neuen Regelungen.

Woher kam die Initiative zur Einführung eines Ethikkonzepts im Klinikverbund?

Groß: Die Initiative kam aus dem Kreis der Betroffenen, der Ärzte, der Pfl egekräfte und Seelsorger. Dies nahmen wir zum Anlass, gemeinsam mit dem Psychoanalytiker und Jesuitenpater Dr. Ulrich Niemann dieses Ethikkonzept für unser Klinikum zu entwickeln. Konzepte anderer Kliniken standen hier Pate.

Die Einführung wurde vor zwei Jahren beschlossen; wir brauchten allerdings noch viel Zeit, um uns mit den Konzepten anderer Kliniken auseinanderzusetzen und die Praktikabilität für uns zu prüfen.

Dieses Instrumentarium soll ja eine Hilfe sein für die Verantwortlichen in der Medizin – sie sollen damit beurteilen, ob medizinisches Handeln richtig und vertretbar ist.

Welche Vorteile sehen Sie im Ethikkonzept?

Wir erleben doch bereits, dass das medizinische, pflegende und seelsorgerliche Handeln im Krankenhaus heute vielfältigen Fragen ausgesetzt ist. Darf die Medizin, was sie kann? Ist diese oder jene medizinische Maßnahme in dieser oder jener Situation noch sinnvoll? Dient sie dem Patienten?

Es sind oft Fragen, die um das eine Thema kreisen: Leben erhalten oder sterben lassen? Der Arzt, das Pflegepersonal, die Angehörigen und manchmal der Patient selbst müssen sich diesen Fragen stellen und Maßnahmen ergreifen.

Wenn Arzt, Pflegende, Patienten und Angehörige einen ethischen Rat erbitten, dann suchen sie nach zusätzlichen Argumentations- und Entscheidungshilfen, um das Richtige für den Patienten zu tun. Manchmal sind eben die allgemeinen Grundsätze ärztlichen und pflegerischen Handelns zu unspezifisch, um daraus konkrete Handlungen ableiten zu können; manchmal kollidieren diese Grundsätze sogar miteinander.

Wie haben die Mitarbeiter reagiert?

Sehr wohlwollend – jedoch befürchten manche einen hohen Zeitaufwand. Doch die Erfahrungen aus anderen Kliniken zeigen, dass dies nicht der Fall sein wird. Wenn man erst einmal feststellt, dass ein solches Ethik- Konsil eine wertvolle Entscheidungshilfe ist, dann wird man sich ihrer auch engagiert bedienen.

In den Leitlinien ist von existenziellen Grenzsituationen in den Kliniken die Rede. Welche sind das?

Es geht immer wieder um die eine Grundfrage: Leben erhalten oder sterben lassen? Die Medizin kann heutzutage schon sehr, sehr viel. Aber ob alles ethisch sinnvoll oder richtig zu verantworten ist, das ist die entscheidende Frage. Die Komplexität dieser Themen erfordert einen hohen Standard fachlichen Wissens, manchmal kommen wir auch an die Grenzen der medizinischen Möglichkeiten. Dann brauchen wir ethische Leitlinien und den Dialog mit allen Beteiligten.

Die Kliniken im Verbund fühlen sich christlichen Werten verpflichtet. Warum ist ein spezielles Ethikkonzept zusätzlich nötig?

Ein Krankenhaus ist niemals ein wertneutraler Boden, ethisches Handeln ist schon immer der Grundrahmen für jede Einrichtung, ganz gleich in welcher Trägerschaft. Umso mehr gilt die Verpflichtung in einem christlichen Krankenhaus, wie in den Kliniken des Katholischen Klinikverbund Südhessens.

Die Ethikstrukturen, die wir jetzt eingeführt haben, sollen einen Rahmen schaffen für die Auseinandersetzung mit ethischen Problemen und Konflikten im Krankenhaus. Diese gibt es immer wieder einmal. Sich diesen zu stellen und sie zu bearbeiten, das ist für uns die Herausforderung.

Und diese Herausforderung anzunehmen und verantwortungsbewusst anzugehen, das erwarte ich!

Im Ethik-Konsil sollen all die Menschen zusammenarbeiten, die unmittelbar mit den Betroffenen zu tun haben. Haben alle Stimmen gleiches Gewicht?

Ja, alle Stimmen haben das gleiche Gewicht. Das Ethik-Konsil ist ein Beratungsgremium zur Diskussion schwieriger Einzelfallentscheidungen bei der Behandlung von Patienten. Ziel ist es, dass dieses Konsil eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen ausspricht.

Ich hoffe, dass wir durch das Engagement in Ethik-Rat, Ethik-Konsil und in der Ethikvollversammlung wieder einen Schritt weiterkommen in der Auseinandersetzung mit ethischen Problemen und Konflikten im Krankenhaus. Denn alle, die zum Wohl der Patienten in den Kliniken tätig sind, müssen die Sicherheit haben, dass sie in schwierigen Situationen, die eine Entscheidung erfordern, nicht allein gelassen werden.

Interview: Katrin Birner

Infos und Kontakt: Katholischer Klinikverbund Südhessen, Hauptstraße 81-87, 64625 Bensheim, Telefon 0 62 51 / 17 51 70, E-Mail: info@kksh.de, Internet: www.kksh.de Pfarrer Thomas Groß

Zitiert

Ebenbild Gottes

„Der Katholische Klinikverbund Südhessen ist durch seine Krankenhäuser dem Anspruch verpflichtet, Kranke unabhängig von ihrer Weltanschauung und Religion zu begleiten, zu pflegen und zu behandeln, ausgehend von der christlichen Vorstellung, dass jeder Mensch als Ebenbild Gottes anzusehen ist…

Die vorliegenden Ethikstrukturen sollen einen Rahmen schaffen für die Auseinandersetzung mit ethischen Problemen und Konflikten im Krankenhaus.“

Auszug aus der Präambel zu den Ethikstrukturen im Klinikverbund

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