Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Das Holz wurde bis heute nicht gestrichen
05.05.09

Foto: Annette Zander

Es ist vergleichsweise jung: das Rokoko-Chorgestühl mit dem Bischofsstuhl im Westchor des Doms. Erst im 18. Jahrhundert wurde es unter Kurfürst Johann Friedrich Karl von Ostein errichtet. Mit der Ausführung wurde der kurfürstliche Hofschreiner Franz Anton Hermann beauftragt, der es schließlich zwischen 1760 und 1765 fertigstellte.

„Das Besondere daran: Der Kurfürst persönlich stellte das dunkle Eichenholz als Material zur Verfügung“, sagt Domdekan Heinz Heckwolf und er führt weiter aus: „Das Holz wurde bis heute nie gestrichen. Es zeigt die Naturfarbe.“

Der Baldachin des Bischofsstuhls, der in der Mitte des dreireihigen Gestühls emporragt, wird von der Skulptur des heiligen Martin gekrönt, dem Namenspatron des Mainzer Doms. Neben dem Wappen Osteins und den Initialen Joseph Ludwig Colmars, der ab 1802 Bischof von Mainz war, schmückt das Banner von Kardinal Karl Lehmann mit dessen Wahlspruch „State in fide“ („Steht fest im Glauben“) den Bischofsstuhl.

Das Chorgestühl hat insgesamt einen Umfang von fast 50 Metern und integriert zudem zwei Grabmäler der Schönborn-Bischöfe. Im 17. Jahrhundert stellte das Adelsgeschlecht der Schönborns in mehreren deutschen Bistümern die Bischöfe. So auch im damaligen Erzbistum Mainz.

Was war aber vor dem Chorgestühl im Westchor? „Man vermutet, dass der Bischofsstuhl dort errichtet wurde, wo im elften Jahrhundert die Bischöfe Willigis und Bardo saßen“, sagt Heckwolf. Das Aufstellen des Stuhls am Ende der Apsis sei zudem der konstantinischen Basilika St. Peter in Rom – dem Vorgängerbau des heutigen Petersdoms – nachempfunden.

„Wie der Papst in Rom sitzt der Bischof in Mainz ,versus popolum‘, also mit dem Gesicht zum Volk“, erklärt Heckwolf und ergänzt: „Das Wichtige ist, dass alles auf den Altar hin ausgerichtet ist.“

Um dem Domkapitel Raum zum gemeinsamen Stundengebet zu geben, wurde das Chorgestühl errichtet. Dabei wurde es „wie der Thronsaal des Bischofs und seines Ministeriums“ konzipiert, weiß der Domdekan.

Auch heute noch wird es zum Stundengebet genutzt. „An hohen Feiertagen nehmen Karl Kardinal Lehmann und sein Domkapitel hier Platz. Der Bischof wird zu seinem Stuhl geführt und nimmt dann seinen Platz als Bischof von Mainz ein.“ Dadurch wird die Bischofseinsetzung symbolisch verdeutlicht.

Annette Zander

© Annegret Burk