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Eine Müllkippe geerbt
08.11.09

Eine Müllkippe geerbt

Joachim Schroedel hilft armen Kindern in Ägypten – Patenaktion

Ein Apfel pro Woche: Für die Schüler der privaten Friedensschule von Moytamadeia etwas Besonderes, obwohl viele Früchte in Ägypten zuhause sind. „Die Armen können sich das Obst aber nicht leisten“, sagt Monsignore Joachim Schroedel (links). Foto: privat

Mainz/Kairo. Die Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung im Bistum Mainz, Dr. Hildegard Dziuk, hat eine Patenaktion für ägyptische Christen in Not ins Leben gerufen. Entstanden ist sie im Kontakt mit dem Mainzer Diözesanpriester Joachim Schroe del, der für die Seelsorge der deutschsprachigen Gemeinden im Nahen Osten zuständig ist. Im Gespräch mit „Glaube und Leben“ erzählt er über seine Arbeit:

Monsignore Schroedel, wie stellt sich die Situation der Christen in Ägypten derzeit dar?

Das Auftreten des neuen Virus H1N1 hat die Arabische Republik Ägypten in Schrecken versetzt. Immer noch ist Ägypten das am stärksten mit der Vogelgrippe durchseuchte Land der Welt, nun kam ein neues Virus hinzu.

Die hygienischen Verhältnisse in Ägypten, vor allem bei der armen Bevölkerung, die doch mehr als 70 Prozent ausmacht, sind verheerend. In Übereile und ohne Verständnis der Sachlage hat die Regierung angeordnet, alle Schweine zu töten, um die vermeintliche Bedrohung, die von ihnen ausgehe, zu beseitigen. Es wurden etwa 400 000 Schweine getötet. Und diese waren Lebensunterhalt von etwa 50 000 bis 100 000 Zabbalin, den Müllmenschen. Sie sammelten den Müll und gaben das Essbare den Schweinen.

Im Gebiet von Moytamadeia, einem armen Stadtbezirk, in dem unsere Gemeinde etwa 4000 Familien betreut beziehungsweise im Blick hat, sind jetzt fast alle Familien von großen finanziellen Einbußen betroffen.

Wie kamen Sie an diese Menschen „am Rande der Gesellschaft“?

Anfang der 70er Jahre hat Schwester Maria Grabis, eine ehemalige Salvatorianerin, die nach der Vertreibung aus Schlesien übrigens auch eine Zeit in unserem Bistum Mainz war, die Arbeit mit den sogenannten „Müllmenschen“ begonnen. In diesem Monat wird sie nun 82 Jahre alt und bat mich, ihr, wenn irgend möglich, zu helfen. Seit etwa zwei Jahren besuche ich mehrmals im Monat diese Siedlung. Schwester Maria sagte immer: „Meine Müllkippe.“ Und diese habe ich nun „geerbt“.

Was können Sie konkret für die Menschen tun?

Die „Kooperative zur Entwicklung der Umwelt“, nach ägyptischem Recht gegründet, hat einen Vorstand, in dem ich – neben Schwester Maria als einziger Ausländer – mitarbeite. Wichtigstes Arbeitsfeld ist die Begleitung und Beratung der privaten Friedensschule von Moytamadeia. Etwa 400 Schüler erhalten dort eine gute Ausbildung, die sich von der staatlichen extrem abhebt. Durch Spenden – auch aus Deutschland – können wir die Gehälter der Lehrer etwas aufbessern und vor allem die Schule selbst in Stand halten. Ein Lehrer verdient – nach mehreren Schuljahren – etwa 400 ägyptische Pfund, das entspricht etwa 50 Euro. Dies ist kein finanzieller Anreiz, um Schülern wirklich etwas beizubringen. Die 400 Schüler müssen eigentlich ein kleines Schulgeld bezahlen, aber wer von den Müllmenschen kann das schon? So helfen wir auch hier. Und als ehemaliger Lehrer an der Liobaschule in Bad Nauheim kann ich etwas Pädagogik bei meinen häufigen Begegnungen mit einbringen.

Können Sie noch ein Beispiel konkreter Hilfe nennen?

Auf meine Initiative hin haben wir die Aktion „Vitamine helfen Denken“ ins Leben gerufen. Wöchentlich erhalten alle Schüler einen Apfel, eine Banane, eine Mandarine; nun, was immer gerade auf dem Markt ist. Früchte sind zwar in Ägypten zuhause – aber die Armen können sie sich nicht leisten. Durch Hilfe des Krebsberg-Gymnasiums in Neunkirchen können wir das finanzieren.

Die ägyptischen Ministerien sind derzeit extrem bemüht, die hygienischen Zustände an den staatlichen Schulen zu verbessern. Wir hatten hier immer schon einen vorbildlichen Stand. Doch wir müssen täglich mehrere hundert Rollen Papiertücher kaufen, damit die verständliche Forderung nach Händewaschen erfüllt wird. Die Situation wird in den kommenden Monaten, wenn es Winter wird – auch in Ägypten ist es kalt – sicher nicht besser.

Unterstützen Sie neben der Schule auch einzelne Familien?

Gerade in den letzten Monaten kommen vermehrt Familien oder Einzelpersonen zu uns und bitten um Unterstützung. Da es in Ägypten keine gesetzliche Krankenversicherung gibt, sind Operationen zu bezahlen oder Medikamente zu finanzieren. Nur ein Beispiel: Eine Appendix- (Blinddarm-) Operation kostet etwa 600 ägyptische Pfund. Das ist mehr als ein Monatsgehalt eines gestandenen Lehrers. Hier müssen wir einfach helfen.

Möchten Sie unseren Lesern in Ihrem Heimatbistum noch etwas mitteilen?

Gern – vor allem bitte ich um das Gebet für die orthodoxen und die katholischen Christen in Ägypten. Der Pfarrer von Ars vertraute sehr auf die „Providence“, die göttliche Vorsehung. Das tun wir hier in Ägypten auch. Das Gebet versetzt Berge, dies konnte ich schon oft spüren. Aber ich danke natürlich auch für jede noch so kleine Spende. Und ich danke unserem Kardinal und Frau Dziuk für die Initiative.

Wir sind EINE große Kirche, und die katholische Kirche Deutschlands tut so viel für die Dritte Welt. Ich freue mich, dass ich ganz persönlich vor Ort helfen kann – Armut bekommt ein Gesicht, aber die Liebe Jesu, des Armen, der andere reich macht, ist sichtbar im strahlenden Gesicht des Armen, der für Hilfe dankbar ist. Beten Sie für uns! Information im Internet:

www.kath.de/kasdbk/kairo

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