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Das Udenheimer Kreuz: „Diesem Blick kann sich niemand entziehen“
15.07.09

Nach den Sanierungsarbeiten im vergangenen Herbst in der Gotthard-Kapelle ist das Udenheimer Kreuz vor dem nun freigelegten Mauerwerk zu sehen. Foto: Anja Weiffen

„Die Arme und die Hände des gekreuzigten Christus ähneln der Handhaltung des Priesters bei der Eucharistiefeier. Unsere Eucharistie hat ihre tiefste Begründung in dem Geheimnis von Tod und Auferstehung“, sagt Generalvikar Dietmar Giebelmann über seine Beziehung zu dem Kruzifix in der Gotthard-Kapelle. Jeden Morgen feiert er vor dem Udenheimer Kreuz Gottesdienst.

Das monumentale, mehr als zwei Meter hohe Kreuz aus Pappelholz, das einen Christuskörper aus Lindenholz trägt, gibt Kunsthistorikern jedoch einige Rätsel auf. Vor allem über die Zeit seiner Entstehung diskutieren die Wissenschaftler.

Nach der Restaurierung des Kreuzes in den Jahren 1995 bis 1997 schlugen Experten eine Datierung „um 1100“ vor. In der Diskussion um das älteste überlieferte hölzerne Monumentalkreuz gab es aber auch Thesen, die eine Datierung ins achte Jahrhundert beinhalteten. Eine sogenannte C14-Analyse des Holzes am Institut für Teilchenphysik in Zürich stützt die die Annahme der Entstehungszeit um 1100. Die mit naturwissenschaftlichen Methoden erzielten Ergebnisse konnten jedoch durch stilistische Untersuchungen bislang nicht bestätigt werden.

Eine weitere Lücke in der Geschichte des Kreuzes: Wie kam es nach Udenheim? Im Jahr 1962 erwarb das Generalvikariat in Mainz von der evangelischen Kirchengemeinde Udenheim das Kruzifi x. In den rheinhessischen Ort war es im 17. Jahrhundert unter noch nicht geklärten Umständen gelangt, nachdem es zuvor zur Mainzer Pfarrkirche St. Emmeran gehörte. Vermutet wird, dass das Kreuz im Dreißigjährigen Krieg während der schwedischen Besatzung von Mainz nach Udenheim in Sicherheit gebracht worden sei. Darüber hinaus wird von einer Stiftung für die Udenheimer Bergkirche berichtet. Die entsprechende Urkunde ist verloren.

Das Kreuz wird das Geheimnis seiner Herkunft bis auf Weiteres mit sich tragen. Aber es offenbart sich auf andere Weise dem Betrachter. „Diesem Blick kann sich niemand entziehen“, sagt Generalvikar Giebelmann, „Wo immer ich stehe, kniee, bete; Christus schaut mich an, bis ich seinen Blick erwidere. Und dieser Blick voller Verstehen begleitet mich in den Tag.“ Anja Weiffen

© Annegret Burk