Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Ein Wendepunkt in der Baugeschichte des Doms
18.09.09

Domdekan Heinz Heckwolf vor dem Memorienportal. Außen ist auch die heilige Elisabeth mit nacktem Bettler zu sehen. Fotos: Paavo Ondreka

Unter den Heiligen des Mainzer Doms hat es Domdekan Heinz Heckwolf eine Figur besonders angetan: Elisabeth von Thüringen, dargestellt auf der äußeren Schauseite des Memorienportals. Insgesamt zwölf Heilige hat der Frankfurter Dombaumeister Madern Gerthener um 1425 angefertigt: acht an der Außen-, vier an der Innenseite des prächtigen Eingangs zu der Gedächtnis- Stätte. Einen Abguss der heiligen Elisabeth bekam Heckwolf vor zwölf Jahren von den Steinmetzen der Dombauhütte geschenkt. „Der steht bei mir auf dem Schreibtisch“, sagt Heckwolf.

Für den Hausherren im Mainzer Dom spiegelt die Patronin der Bettler, Kranken und Notleidenden in besonderer Weise die Grundsätze der Kirche – Martyrium, Liturgie und Diakonie – wider: „Sie hat die Befi ndlichkeiten der Menschen wahrgenommen“, sagt Heckwolf über die Frau, die bereits zu Lebzeiten wie eine Heilige verehrt wurde. Nach dem Tod ihres Ehemanns, Ludwig IV., errichtete die vom landgräfl ichen Hof Vertriebene 1229 mit ihrem Witwenvermögen in Marburg ein Spital. 1235, nur vier Jahre nach ihrem Tod, wurde sie heilig gesprochen.

Die knapp 200 Jahre später im Mainzer Dom angebrachte Sandsteinfigur zeugt von der sich ausbreitetenden Verehrung der Christin. So wurden im späten Mittelalter zahlreiche Hospitäler auf den Namen „Elisabeth“ geweiht.

Kunsthistorisch markiert die Errichtung des Memorienportals einen Wendepunkt in der Baugeschichte des Mainzer Doms. Das es umgebende Gemäuer ist romanisch, wohingegen der Spitzbogen des Prachtportals eindeutig auf die Gotik verweist. Auch am „weichen Stil“ seiner Heiligenfiguren wird das deutlich. Mit ihm wollten sich die gotischen Bildhauer von der Reliefkunst der Romanik absetzen und schufen vollplastische Figuren mit bewegtem Faltenwurf. Den Bauherren des Mainzer Doms war diese Neuerung so wichtig, dass sie den ursprünglichen, romanischen Eingang zur Memorie zumauern ließen, um nebenan das weitaus prachtvollere Portal nach gotischen Maßstäben errichten zu lassen.

Paavo Ondreka

© Annegret Burk