Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Weder Hand, Fuß noch Elle
30.08.09

Foto: Paavo Ondreka

Sie gelten als das Fundament der Kirche – die Apostel, von denen die Evangelien berichten. Auch im Mainzer Dom gibt es Darstellungen der von Jesus zu Missionszwecken ausgesandten Zwölf.

So stehen in der Sakristei, auf einem 1804 von Bischof Joseph Ludwig Colmar in Auftrag gegebenen Ankleideschrank (Foto oben), zwölf Apostelfiguren. Der bewegte Faltenwurf ihrer Gewänder verweist – wie bei den Heiligendarstellungen am Memorienportal des Doms – auf die Spätgotik. Domdekan Heinz Heckwolf schätzt, dass die Figuren, um 1450 entstanden sind.

Wem die aus Alabaster gefertigten Apostel zuzuschreiben sind, ist nicht überliefert. Das dem Marmor nicht unähnliche, allerdings nicht witterungsbeständige Material ist leicht zu verarbeiten und wurde von den frühen Bildhauern geschätzt.

Bei einigen Figuren sind die Hände und damit auch die Apostel-Attribute verloren gegangen, weshalb die Jünger nicht immer exakt zu identifizieren sind (eine der Ausnahmen stellt der Jünger mit dem „Andreaskreuz“, rechts auf dem Foto unten, dar).

Die Löcher auf Brusthöhe der Apostelfiguren verweisen auf eine frühere Verwendung als Reliquiar – als Aufbewahrungsgefäß für die Überreste von Heiligen. „Wenn man nicht wusste, ob das Knochenstück des Heiligen von Hand, Fuß oder Elle kam, hat man gerne ein Brustreliquiar daraus gemacht“, sagt Monsignore David Nikolaus Becker.

Bei einem Stiftsgottesdienst im Mainzer Dom nutzt der emeritierte Dompräbendat die Domherrensakristei zusammen mit dem Bischof und den Mitgliedern des Domkapitels, um sich auf den Gottesdienst vorzubereiten. Ihm ist nicht entgangen, dass sich einer der Apostel zurzeit nicht an seinem Platz befi ndet. Jakobus der Jüngere – erkennbar an seinem Pilgerstab – steht den Steinmetzen der Dombauhütte gerade Modell. Diese schaffen Ersatz für eine lebensgroße Sandsteinfigur, die 2008 von Unbekannten in der Gemeinde St. Jakobus (Darmstadt-Kranichstein) vom Sockel gestoßen und zerstört wurde. Ein wenig bedauert Becker, dass die Apostelfiguren heute keine Reliquien mehr enthalten. Dann fügt er hinzu: „Andererseits waren die ja auch nicht immer echt.“

Paavo Ondreka

© Annegret Burk