Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Johannes Schreiters Fenster in der Sakramentskapelle
05.05.09

Foto: Derix Glasstudios

Ein Gitter, oder doch eher ein Gewebe? Zerrissen, ausgefranst. Und dann das Rot darin, das sich an manchen Stellen zum Tropfen formt, rot wie Blut. Vor Blau – ein Detail aus den neuen Fenstern von Johannes Schreiter für die Sakramentskapelle des Mainzer Doms (am Marktportal eintreten, es ist die erste Kapelle rechter Hand). Was wie Gewebe aussieht, ist Glasmalerei, die bei dem richtigen Sonnenstand zu strahlen beginnt.

Wie die meisten modernen Maler verwahrt sich auch Schreiter gegen einfache Deutungen seiner Kunst. Er hat aber sehr genau über den Ort nachgedacht, dem seine Fenster eine völlig neue Anmutung geben: die Kapelle, in der der Leib Christi im Brot aufbewahrt und verehrt wird, die an sein Opfer für die Menschen erinnert. Hier ist der Tod mitgedacht und die Auferstehung. Hier kann sich der Besucher an die Linnen des Todes erinnern, die Tücher, mit denen Jesu Leichnam eingebunden war, und die dann – Zeichen der Auferstehung – als leere Hülle zurückblieben.

Der 1930 geborene Johannes Schreiter ist, wie es in einem neuen Aufsatz über sein Werk heißt, „ein Künstler mit Bekenntnis, Botschaft und hohem religiösen Pathos“. Starke Spannung, das Dramatische und Tragische seiner Kunst wird hervorgehoben. Auffällig ist, wie der Glasmaler seine Linien schweifen, ja sogar angreifen lässt, wie etwas Lebendiges und Unausrechenbares in einer genau aufgebauten Ordnung.

Der Glasmaler, der in Langen wohnt und überall in Deutschland gearbeitet hat, wünscht sich, dass die Menschen Zeit mitbringen, um im Licht dieser Fenster und im Licht dieser Geheimnisse still zu werden. Möglich, dass einem Betrachter das gemalte Detail auf einmal vorkommt wie eine Verbindung, etwas zum Klettern, eine Leiter. Oder das magische Blau der Fenster mit den einbrechenden Bahnen von Rot löst ganz andere Gefühle und Gedanken aus.

In einem als fruchtbar oder auch als irritierend empfundenen Spannungsverhältnis stehen Schreiters Fenster zu dem neuen gelb-roten Altarbild in der Kapelle, das von dem Maler Bernd Zimmer stammt und nun den Hintergrund eines Kruzifixes aus dem 17. Jahrhundert bildet.

Ruth Lehnen

© Annegret Burk