Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Pietà mit Mut zur Farbe
23.05.09

Foto: Anja Weiffen

Ein ungewöhnlicher Farbtupfer im Kreuzgang: In leuchtendem Türkisblau und Gold erhebt sich der muschelartige „Himmel“ über der Pietà. „Das Grabdenkmal des Domherrn Johann von Hattstein, der 1518 starb, wurde vom Bildhauer Peter Schro geschaffen. Er war ein Schüler von Hans Backoffen“, erklärt die Mainzer Kunsthistorikerin Ulrike Glatz. „Man nimmt an, dass Michelangelos Pietà Schro beeinflusst hat.“ Ins ferne Rom muss der Bildhauer deshalb aber nicht gereist sein. Ein Stich könnte ihm zur Vorlage gedient haben. Was die hiesige Szene von dem Vorbild in Rom auf jeden Fall unterscheidet: der Domherr von Hattstein kniet vor der Trauergruppe.

Die Inschriften auf dem Bogen sind in drei Sprachen abgefasst, auf Lateinisch „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, auf Griechisch „Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden“ und auf Hebräisch „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“. Die Dreisprachigkeit weist auf den humanistischen Geist dieser Zeit hin.

Gut sei an dem Grabdenkmal der Übergang von der Gotik zur Renaissance zu erkennen, sagt Ulrike Glatz. „Die knitterigen Falten der Kleidung sind Merkmale des gotischen Stils“, erklärt sie. „Die Pfeiler, der Giebel und das türkisfarbene Gewölbe dagegen typische Elemente der Renaissance, in der man die Kunstformen der Antike wieder aufleben ließ.“

Eine „Renaissance“ der Neuzeit: die Farbigkeit der Pietà. Im Jahr 1973 bekam das Hattstein-Grabdenkmal sein ursprüngliches Türkisblau zurück.

Anja Weiffen

© Annegret Burk