Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
 Startseite -  Verlag -  Stellenangebote -  Inhalt -  Impressum -  Kontakt 
„Bloß kein Verwalter!“
12.06.11

„Bloß kein Verwalter!“

Zwei Männer kurz vor ihrer Priesterweihe

 

Ausgabe 24 vom 12. Juni 2011

Die Tür zur Berufung, Priester zu werden, hat sich für sie geöffnet. Sebastian Goldner (links) und Christoph Schneider wollen eintreten. Foto: Anja Weiffen

Kreuzesdarstellung in der Kapelle des Edith-Stein- Hauses in Weisendorf

Von Anja Weiffen

Am 18. Juni wird Weihbischof Werner Guballa Sebastian Goldner und Christoph Schneider die Hand auflegen und sie zu Priestern weihen. Auf welche Weise wollen sie in „schwierigen Zeiten“ die Botschaft des Glaubens vermitteln?

Fast könnte ihr zukünftiger Beruf Übersetzer lauten. Denn Chris-toph Schneider hakt bei jedem Wort nach: „Was heißt Gnade? Was heißt Gerechtigkeit? Was heißt überhaupt Auferstehung?“ Immer wieder die „Was-heißt- Frage“. Den beiden Priesteramtskandidaten, die sich im Mainzer Priesterseminar auf ihre Weihe vorbereiten, ist klar: Sie werden in ihrer Arbeit oftmals „bei Adam und Eva anfangen“ müssen.

Wissen muss auch in seiner Tiefe gelehrt werden

„Das Glaubenswissen fehlt, und schon allein die Begriffe sind für viele Menschen nicht mehr zu verstehen“, argumentiert Schneider. Andererseits gebe sich die Gesellschaft heute nicht mehr mit einfachen Antworten zufrieden, und ein Priester dürfe nicht nur reines Wissen lehren, sondern müsse dieses auch in seiner Tiefe vermitteln.

Sebastian Goldner sieht darin auch die Herausforderung, „sich immer wieder selbst mit den wichtigen Fragen auseinanderzusetzen, die der Mensch heute hat“. Der Dudenhöfer, der sich zuerst für einen technischen Beruf entschieden hatte, kam vor allem durch seinen Zivildienst in einem Seniorenheim und die Auseinandersetzung mit dem Tod auf seinen Weg zum Priesterberuf. „Technik hieß für mich damals: Die Welt kann erklärt werden. Aber ich stellte fest: Nein, so ist es eben nicht.“

„Fast bräuchte man noch ein Psychologiestudium“

Wie andere Kinder davon träumen, Arzt oder Krankenschwester zu werden, wollte Christoph Schneider schon in der Grundschule Priester werden. Der gebürtige Koblenzer weiß, dass sie sich für die Zukunft eine Menge vorgenommen haben – vor allem in der Arbeit mit Menschen. „Die Anforderungen sind hoch. Fast bräuchte man noch ein Psychologiestudium“, sagt er schmunzelnd.

Fehlendes Wissen, eine gestiegene Zahl von Kirchenaustritten, Gemeinden, deren Einzugsgebiete immer größer werden – die Hürden, die sich in ihrem Beruf aufbauen, liegen für Goldner und Schneider auf der Hand. Wie wollen sie diese überwinden? „Ich schaue erst einmal, wo ich in meiner Arbeit stehe und wohin ich nach meiner Weihe überhaupt komme“, sagt Sebastian Goldner und will seine Aufgaben ganz praktisch angehen: „Mein Wunsch ist es, Pfarrer zu werden, Seelsorge zu betreiben. Bloß kein ,Verwalter‘ einer Gemeinde!“

Katechese, die sich mit der heutigen Zeit verbindet

Christoph Schneider, der die Verkündigung des Evangeliums, aber auch die Sozialpastoral als Schwerpunkte nennt, sieht eine große Chance für den christlichen Glauben in den Ballungsgebieten. „Dort sind Menschen entwurzelt. Und dort kann das Christentum den Menschen wieder Halt geben. Der Glaube ist ein Nährboden“, ist er überzeugt und sagt von sich: „Ich bin ein Stadtmensch.“ Christen müssten außerdem den Menschen beistehen „an den Gezeiten des Lebens“, zitiert er Weihbischof Werner Guballa. Hier bringt Sebastian Goldner die Katechese ins Spiel, die ein wichtiges Thema werde. „Aber sie muss sich mit der Zeit verbinden“, betont er. Dem Blick zurück schenken die beiden Priesteramtskandidaten in einem Punkt wenig Aufmerksamkeit. Die neuen Regelungen zur tridentinischen Messe beträfen nur einen minimalen Prozentsatz an Katholiken, die dieser Messritus überhaupt interessiert, finden beide. „Das geht am Eigentlichen vorbei“, sagt Goldner. Sein Kollege stimmt ihm zu. „Katholiken sollten nicht aus Angst in solche Strukturen flüchten. Wir wollen schon auf dem Boden des Zweiten Vatikanischen Konzils bleiben“, sagt er.

Christoph Schneider betrachtet die Frage „Was verbessert die Situation der Kirche?“ einmal aus spiritueller Perspektive. „Beten zum Heiligen Geist“, schlägt er vor. „Das passiert viel zu wenig.“ Aber was heißt Heiliger Geist – heute? Schneider antwortet: „Eine Möglichkeit ist, dass der Heilige Geist uns im Gegenüber begegnet, beispielsweise in den Gaben und Talenten, die ein Mensch hat.“

Die sollte ein Pfarrer bei seinen Gemeindemitgliedern schon erkennen und fördern „oder auch mal zu bremsen wissen“, wirft Sebastian Goldner ein. Denn ein Ehrenamt, mit denen Gemeindemitglieder ihre „Charismen“, einbringen wollen, sei nicht unbedingt für die Ewigkeit geschaffen. Wenn jemand nach 50 Jahren Dienst als Küster die Arbeit nicht mehr schafft, müsse ein Pfarrer auch verhindern, dass sich dieser Mensch überfordere. Denn schließlich heiße Heiliger Geist auch Veränderung.

Burnout: Woher kommt das Phänomen?

An diesen Punkt knüpft Christoph Schneider an. Prophetisch müsse die Kirche sein. „Dass wir auch mal die Klappe aufmachen“, fordert er. Denn die Menschen würden schon darauf achten, was die Kirchen zu einigen Themen zu sagen hätten wie beispielsweise zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Und plötzlich kommt noch ein Thema auf den Tisch, das die beiden bewegt: Burnout – das Ausbrennen in einer Hochleistungs-und Konsumgesellschaft. „Das ist auch in den Priesterberuf eingebrochen“, sagt Sebastian Goldner und verweist auf die entsprechende Pastorale Richtlinie Nr. 17, die die Bistumsleitung Anfang des Jahres herausgebracht hat. Hier müssten Kirchenvertreter ihre Stimme erheben und fragen: Was steckt hinter diesem Phänomen? Denn der Glaube biete hier Antworten. „Wir Christen glauben an die Gnade und die geschenkte Zuneigung Gottes, die wir uns nicht erkaufen können“, sagt er.

Auf diese Zuneigung baut, wer sich als Priester bindet, betont Christoph Schneider. „Da haben wir nicht auf Sand gebaut. Bei allen Lebensstürmen, die es gibt – dieses Fundament haben wir uns gut ausgesucht.“

Die Weihe findet am 18. Juni um 9.30 Uhr im Dom in Mainz statt. Ab 14.30 Uhr Primizsegen in der Seminarkirche, Augustinerstraße, Mainz.

Zur Person

Sebastian Goldner

  • 1982: geboren in Offenbach
  • 2002: Abitur am Technischen Gymnasium, anschließend Zivildienst im Altenheim in Dudenhofen
  • 2000 bis 2003: Küster in der Filialkirche Dudenhofen
  • 2003: Eintritt ins Priesterseminar, Propädeutikum in Freiburg, Studium in Mainz und Münster
  • 2006: Gemeindesemester in der Pfarrgruppe Mainz-Oberstadt
  • Einsatzort als Diakon: Mainz- Hechtsheim

Christoph Schneider

  • 1980: geboren in Koblenz
  • 2001: Abitur am Vincenz- Pallotti-Kolleg in Rheinbach bei Bonn, anschließend Zivildienst im Katholischen Klinikum Koblenz
  • 2002 bis 2008: Studium in Trier, Mainz und Erfurt
  • 2008 bis 2009: Gemeindepraktikum in Offenbach, St. Josef
  • Einsatzort als Diakon: Mainz- Bretzenheim
Zur Sache

Die Betonung liegt auf „Hingabe“

Als Weihespruch haben sich Sebastian Goldner und Christoph Schneider eine Passage aus dem Paulusbrief an die Galater (2, 20) ausgesucht: „Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“

Hier gehe es nicht darum, ein Weltverächter zu sein, denn „wir wollen in der Welt sein“, erläutern die beiden Priesteramtskandidaten ihre Auswahl. Die Betonung liege auf der Hingabe und ihrer Liebe zum Glauben und zu Christus. Das verkörpere gut das Bild, das sie in ihrer Einladung zur Weiheliturgie zum Weihespruch gestellt haben, sagt Christoph Schneider. Das Bild zeigt die Replik eines Kreuzes, das sie angesprochen hat. Es befindet sich in der Kapelle des Edith-Stein- Hauses, einem Bildungs- und Tagungshaus in Weisendorf im Erzbistum Bamberg. Das Original dieses Schmerzensmann-Kreuzes hängt in der Neumünsterkirche in Würzburg. (wei)

Ihr Draht zu uns

Redaktion

Liebfrauenplatz 10
55116 Mainz
Tel. 06131 / 28755-0
Fax 06131 / 28755-22
Mail: info@kirchenzeitung.de

Abonnenten

Tel. 06431 / 9113-24
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: vertrieb@kirchenzeitung.de

Anzeigen

Tel. 06431 / 9113-22
Fax. 06431 / 9113-37
Mail: anzeigen@kirchenzeitung.de