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„Jungen nicht zu sehr betüteln“
05.09.10

„Jungen nicht zu sehr betüteln“

Männerseelsorge: Die „Nacht des Feuers“ soll Beziehung zwischen Pate und Firmling stärken

 

Ausgabe 36 vom 5. September

Hubert Frank, Leiter der Männerseelsorge im Bistum Foto: privat

24 Stunden unter freiem Himmel: Die Firmgruppe Ingelheim-Ost mit Paten und Katecheten Foto: Männerseelsorge Bistum Mainz

Von Anja Weiffen

Mutproben unter jungen Männern sind oft nichts anderes als das Bedürfnis, durchs Feuer zu gehen, um erwachsen zu werden. Übergangsrituale fehlen heute, weswegen Jugendliche nach Ersatzhandlungen suchen. Die Firmvorbereitung kann das Mann-Werden unterstützen, wenn sie mit Leben gefüllt ist.

Einweihungsrituale – das klingt archaisch und ist es auch. Gleichwohl hat sich Richard Rohr, Franziskanerpater und Pionier der christlichen Männerbewegung in den USA, über viele Jahre hinweg mit den Initiationsbräuchen von Naturvölkern beschäftigt, um nach Allgemeingültigem zu suchen.

„Aber ich bleibe in der Liebe Gottes“

Unter anderen auf diesen Vorreiter beruft sich Hubert Frank, Leiter der Männerseelsorge im Bistum Mainz, wenn er sich fragt, was junge Männer heute zum Erwachsen-Werden brauchen. Richard Rohr hat aus seinen Studien fünf Weisheiten gezogen, die den Initiationsriten der verschiedenen Völker gemeinsam waren: Das Leben ist hart. Du wirst sterben. Du bist nicht so wichtig. Du hast nicht die Kontrolle. Das Leben dreht sich nicht um dich.

„Diese Sätze hören sich hart an, aber es sind Botschaften, die auch im Christentum enthalten sind“, sagt Hubert Frank. Er fügt hinzu: „Allerdings lautet die christliche Botschaft folgendermaßen: Die Härte des Lebens kann ich nicht umgehen. Aber ich bleibe in der Liebe Gottes.“

Die Studien von Pater Richard Rohr hat der österreichiche Religionslehrer und Pädagoge Felix Rohner-Dobler genutzt, um in der katholische Firmvorbereitung männlichen Jugendlichen einen spirituellen Zugang zu dem Prozess des Erwachsen-Werdens zu ermöglichen. Das Ergebnis seiner Arbeit ist die „Nacht des Feuers“: Eine Entdeckungsreise für männliche Jugendliche und ihre Paten, die 24 Stunden lang in der freien Natur stattfindet. Im Bistum Mainz ist mit diesem Baustein des Österreichers bereits gearbeitet worden. „Bei der Firmvorbereitung in der Firmgruppe Ingelheim-Ost haben die Katecheten Rainer Jaschek und Dirk Erhard das Konzept der ,Nacht des Feuers‘, das auch Teil eines Firmvorbereitungsbuchs ist, ausprobiert.“

Nach den positiven Erfahrungen der Firmgruppe in Ingelheim will Hubert Frank die „Nacht des Feuers“ in das Programm der Männerseelsorge aufnehmen. Mittlerweile werde das Konzept auch in anderen Bistümern mit wachsendem Erfolg eingesetzt, so Frank.

Der Männerseelsorger betont, dass es nicht darum geht „irgendwelche indianischen Rituale nachzuahmen“. Für ihn ist es vor allem wichtig, die Jugendlichen nicht sich selbst zu überlassen und mit diesen neuen Ansätzen Ersatzhandlungen wie Komasaufen, Autorennen oder S-Bahn-Trittbrettfahren zuvorzukommen. Die „Nacht des Feuers“, die die Firmlinge zusammen mit ihren Paten und Katecheten bestehen müssen, findet dagegen in einem geschützten Rahmen statt, ohne Alkohol und auf der Basis der christlichen Werte. In ihrem Ablauf orientiert sie sich an dem Märchen „Eisenhans“ der Gebrüder Grimm, das der amerikanische Psychologe Robert Bly in den 1980er Jahren als Entwicklung des Mannes von der Kindheit zur Reife gedeutet hat.

Ziel der nächtlichen Herausforderung ist es, dass der Firmling das Wirken des Heiligen Geistes in sich erfährt, die Kraft seiner eigenen Intuition spürt und seine Charismen, seine Begabungen, erkennt. Zugleich soll der Jugendliche Wege finden, Intuition und Begabungen zum eigenen Wohl und zum Wohl der Gemeinschaft einzusetzen.

„Gottes Geist will nicht, dass der Mensch in der Kindheit stecken bleibt“, so formuliert es Felix Rohner-Dobler in seinem Firmvorbereitungsbuch und schreibt weiter: „Gottes Geist ist der Sturm in uns Menschen, der an jedem Lebenswendepunkt besonders heftig weht.“ Hubert Frank, der auch Ständiger Diakon ist, verweist auf die Bibel: Auch Jesus hat in der Wüste eine Grenzerfahrung erlebt, bevor er zum Wohl der Menschen gewirkt hat.

Sie sind um ihre Heldentaten betrogen

Besonderes Augenmerk legt Rohner-Doblers Ansatz auf die Rolle der Paten, die ausnahmsweise auch von Vätern übernommen werden kann. „Die Beziehung zwischen Pate und Firmling soll inhaltlich gefüllt werden“, sagt Frank. Ihm ist aufgefallen, dass Paten in der Regel nicht zu Firmkursen eingeladen und in die Vorbereitung eingebunden werden. Durch gemeinsames Erleben wie etwa in der Nacht des Feuers bestehe die Chance, dass sich die Verbindung zwischen Pate und Firmling vertieft und hält.

Frank stellt fest, dass Jugendlichen oft männliche Vorbilder fehlen. Auch der Glaube werde ihnen oftmals von Frauen weitergegeben. „Unser Gott, ist ein Gott, der Entwicklung möchte. Er hat eine bergende und eine fordernde Seite, und diese herausfordernde Seite vernachlässigen wir“, sagt der Männerseelsorger. Eine gesunde Lebensführung brauche beide Prinzipien. „Indem wir aber Jungen zu sehr betüteln, betrügen wir sie um ihre Heldentaten.“

Kontakt: Bischöfliches Ordinariat, Büro der Männerseelsorge, Telefon 0 61 31 / 25 32 57, E-Mail: maennerseelsorge@bistum-mainz.de

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