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„Zum Tangotanzen gehören immer zwei“
19.04.09

„Zum Tangotanzen gehören immer zwei“

Ehemaliger israelischer Botschafter im Vatikan ist zu Gast im Dekanat Alsfeld

Oded Ben Hur referierte in der katholischen Christkönigkirche. Foto: Ralf Dörschne

Von Ralf Dörschner

Was Oded Ben Hur, ehemaliger israelischer Botschafter im Vatikan, auszeichnet, ist neben seinem erklärten Optimismus eine bildhafte Sprache. Damit schlug er bei seinem Referat über „die katholische Kirche und das Judentum“ in der Christkönigkirche in Alsfeld die Zuhörer in seinen Bann.

Mit der Einladung hatte das katholische Dekanat Alsfeld in Zusammenarbeit mit den Evangelischen Dekanaten Alsfeld und Vogelsberg ein Angebot gemacht, das von vielen Interessierten angenommen wurde.

Oded Ben Hur warf einen Blick auf 2000 Jahre Geschichte: Die Juden wurden für den Tod von Jesus Christus verantwortlich gemacht. Aus dieser Überzeugung heraus seien antisemitische Pogrome bis ins 20. Jahrhundert möglich gewesen. Im Jahre 1904 habe der Zionist Theodor Herzl im Gespräch mit Papst Pius X. über einen möglichen israelischen Staat gesprochen. Pius ließ seine Ablehnung erkennen. 1919 gab Kardinalstaatssekretär Pietro Gaspari zu verstehen, dass die Gründung eines israelischen Staates der „größte Albtraum“ für den Vatikan sei. Erst durch den Holocaust habe die katholische Kirche ihre Verantwortung begriffen. Danach habe ein tiefgreifender Wandel in der Beziehung zwischen Katholizismus und Judentum begonnen.

In einer Erklärung nach dem Zweiten Weltkrieg bezeichnete der Vatikan den Holocaust als Verbrechen. In den 1950er Jahren wurde der Begriff vom „auserwählten Volk“ bekräftigt. Die Erklärung „Nostra Aetate“ des Zweiten Vatikanischen Konzils brachte 1965 eine umfassende Neubewertung des Judentums. Nach Jahrhunderten des Judenhasses wurde hier die Verbindung der Kirche mit dem Judentum gewürdigt, die pauschale Verurteilung des jüdischen Volks für den Kreuzestod Jesu zurückgewiesen und jegliche Form des Antisemitismus verurteilt.

Papst Johannes Paul II. habe später Entscheidendes geleistet: Er bat bei seinem Auschwitz-Besuch 1979 um Vergebung, nannte die Juden „unsere älteren Brüder“, leitete 1993 diplomatische Beziehungen des Vatikans mit Israel ein und demonstrierte bei seiner Pilgerreise 2000 nach Jerusalem durch seinen Besuch des israelischen Premiers die Anerkennung des Staates Israel.

Als Oded Ben Hur 2003 seine Tätigkeit als Botschafter im Vatikan aufnahm, habe er in mehreren persönlichen Treffen den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger kennen gelernt. Seit seiner Wahl zum Papst habe er „unglaublich viel bewegt“. An Benedikt XVI. schätzt Ben Hur dessen „starke und mutige Position“, mit der er dem Islam gegenübertrete. Er rechtfertigte die Regensburger Rede, in der „die Asymmetrie zwischen Christentum und Islam“ verdeutlicht worden sei. „Es gibt keinen Respekt im Islam gegen das Christentum“, sagte Ben Hur. Christen hätten in muslimischen Ländern keine Möglichkeit, öffentlich ihren Glauben zu leben, aber Moslems dürften in Europa die größten Moscheen errichten. Für ein friedliches Zusammenleben der Weltreligionen sei ein „ewiger Marathonlauf“ zu leisten, in dem es gelte, die Ignoranz zu überwinden. In vielen interreligiösen Dialogen habe Ben Hur festgestellt, dass es sich nur um den „Austausch von Monologen“ handele.

Am Schluss ging Oded Ben Hur auf die Fragen der Zuhörer ein. Zu der Frage einer konstruktiven Lösung im Israel-Palästina-Konflikt sagte er: „Zum Tangotanzen gehören immer zwei.“ Seiner Einschätzung zufolge haben die politisch Verantwortlichen in Palästina wenig Interesse an einem friedlichen Miteinander. Dabei unterstrich er, dass die Mehrheit der Palästinenser „Opfer ihrer politischen Führer“ sei. Auf die Militäraktionen Israels angesprochen, stellte Ben Hur die Gegenfrage, wie sich wohl die Regierung Merkel verhielte, wenn fast täglich deutsche Kleinstädte mit Raketen angegriffen würden.

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