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Eine Ära geht zu Ende
10.04.11

Eine Ära geht zu Ende

Mit Aussetzung der Wehrpflicht endet auch der verpflichtende Zivildienst

 

Ausgabe 15 vom 10. April 2011

Beim Selbsterfahrungstag konnten die Zivis in die Rolle eines Rollstuhlfahrers schlüpfen. Sie gehören zur letzten Gruppe, die noch den klassischen Zivildienst macht. Foto: Paavo Ondreka

Von Paavo Ondreka

Sie sind die letzten Zivildienstleistenden, die derzeit in katholischen Einrichtungen im Bistum Mainz arbeiten. Einigen der 24 Männer, die im Haus St. Gottfried des Jugendwerks Ilbenstadt zusammen gekommen sind, steht deshalb die Lustlosigkeit ins Gesicht geschrieben. Doch nicht alle sehen die Situation so negativ.

Eine Woche lang hatten die Zivildienstleistenden (Zivis) aus den Bistümern Fulda, Limburg, Mainz und Speyer Zeit, ihren bisherigen Einsatz zu reflektieren. Auf dem Programm stand unter anderem Bogenschießen oder ein Selbsterfahrungstag, bei dem die Teilnehmer in die Rolle eines Rollstuhlfahrers schlüpften.

Doch der Funke will nicht so recht auf die allerletzten Zivis überspringen. „Die Luft ist raus“, sagt Daniel Corvo, der seit elf Jahren Zivildienstleistende pädagogisch begleitet. Er kann verstehen, dass sich viele der Anwesenden ungerecht behandelt fühlen. „Sie fragen sich natürlich, warum ausgerechnet sie noch mal ran müssen und andere nicht“, sagt er.

„Ich bringe das jetzt hinter mich“

Zum letzten Mal treten am 30. Juni Teilnehmer des Ilbenstädter Einführungskurses zu ihren Dienst als Zivis an. Weil der Wehrdienst ausgesetzt wird, werden auch die Zivis nicht mehr zu ihrem Dienst verpflichtet. „Ich bringe das jetzt hinter mich“, sagt Hendrik Heim, der in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Hildegard in Bingen in der Haustechnik und im Fahrdienst eingesetzt ist. Statt Glühbirnen in den sechs Wohngruppen auszuwechseln und Kinder zum Therapeuten oder zur Schule zu fahren, hätte der 20-Jährige lieber ein Studium der Sportwissenschaft in Köln begonnen. „Für mich ist das hier verlorene Zeit“, sagt er.

Ganz anders empfindet Zivi Tobias Krampitz aus Fulda seine Situation: „Der Zivildienst fördert das Soziale in mir“, sagt er. Der 23-Jährige fährt im Auftrag des Jugendhilfeverbands St. Elisabeth in Fulda verhaltensauffällige Kinder von der Schule in eine betreute Tagesgruppe in Marbach.

Hin und wieder komme es vor, dass einer der Zehn- bis Zwölfjährigen auf der Fahrt „austicke“. „Am Anfang habe ich gedacht: ‚Was geht denn hier ab‘“, sagt Krampitz. Doch nachdem er mehr über die familiären Hintergründe der Kinder erfahren habe, sei sein Verständnis für deren Erkrankungen gewachsen. „Ich urteile jetzt nicht mehr so schnell wie früher“, sagt Krampitz, der mit dem Zivildienst eigentlich nur die Zeit zwischen seiner Ausbildung zum Elektrotechniker und dem Fachabitur überbrücken wollte.

Hoffen auf Programm für Freiwillige vom Bund

Beim Caritasverband für die Diözese Mainz sieht man dem Ende des Zivildienstes mit gemischten Gefühlen entgegen. „Der Zivildienst hat – trotz seines Zwangs-charakters – vielen jungen Männern ermöglicht, sich persönlich weiter zu entwickeln, sich sozial und beruflich zu orientieren“, sagt Diözesancaritasdirektor Thomas Domnick. Davon habe die ganze Gesellschaft profitiert.

Von der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) erhofft sich Domnick mehr zivilgesellschaftliches Engagement in allen Altersgruppen.

Mehr gesellschaftliches Engagement

Die Sorge, dass für die zuletzt 219 besetzten Zivildienstplätze im Bistum nicht genügend Freiwillige gefunden werden, teilt Domnick nicht. „Natürlich werden wir zu Beginn nicht alle Plätze besetzen können. Aber nach spätestens drei Jahren ist zu erwarten, dass sich das neue Angebot herumgesprochen und etabliert hat.“ Dann erwartet Domnick, dass jährlich bis zu 240 Freiwillige in katholischen Einrichtungen im Bistum Mainz arbeiten werden. Grund für diesen Optimismus sieht Domnick auch deshalb, weil der neue Dienst potenziell alle Menschen anspreche und nicht nur die Gruppe der jungen Männer. Heribert Gabel, Referent für Zivildienst und Freiwilligendienste beim Caritasverband für die Diözese Mainz, ist davon überzeugt, dass ein solches Engagement außerdem dabei helfen kann, berufliche Perspektiven zu klären.

Zur Sache

Freiwilliger Dienst

  • Der zum 1. Juli 2011 geplante Bundesfreiwilligendienst (BFD) richtet sich an Männer und Frauen aller Altersgruppen, die sich für das Allgemeinwohl engagieren wollen.
  • Der Dienst dauert ähnlich wie beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) zwischen sechs, zwölf und 18 Monaten. Auch er wird pädagogisch begleitet.

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