Die Kirchenzeitungen für die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz
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Vor den Restauratoren kommen die Vermesser
15.08.09

Manch ein Dombesucher traute in den vergangenen Tagen seinen Augen nicht: Da schwebten ein Mann in einem orangenen T-Shirt und ein gleichfarbiger Kasten mit vier schwarzen Armen durch den hinteren Teil des Doms. Dann und wann veränderten Mensch und Maschine mittels einer Arbeitsbühne ihre Position in luftiger Höhe. Und in den Pausen zwischen den Ortsveränderungen zuckten helle Blitze durch das Halbdunkel.

„Was wir hier machen, ist eine Verbindung aus Fotografie und Vermessungstechnik“, erklärt Eckhard Gerteis, der Mann auf der Hebebühne. Vor 13 Jahren hat der ausgebildete Fotograf zum ersten Mal mit der Spezialkamera ein Teilstück des Mainzer Doms vermessen.

Fotogrammetrie heißt die Technik, mit deren Hilfe dreidimensionale Pläne des Willigis- Doms hergestellt werden. Diese dienen der Dokumentation von Schäden. Auch Baumaßnahmen werden darin eingetragen. Knapp zwei Drittel der Bischofskirche sind inzwischen fotogrammetrisch erfasst.

Diesmal lautet Gerteis Auftrag, vor der Ostkrypta Daten zu sammeln, mit deren Hilfe ein Querschnitt vom nördlichen bis zum südlichen Seitenschiff erstellt werden kann. „Das ist Grundlage für viele nachfolgende Arbeiten.“

Bevor Gerteis auf den Auslöser seiner Spezialkamera drückt, muss er seine Position im Dom bestimmen. „Den ganzen Dom durchzieht ein Netz an Messpunkten“, erklärt der 44-Jährige. Zwei davon reichen aus, um den Standort der Kamera exakt zu bestimmen. Zusammen mit der Meereshöhe ergibt das ein dreidimensionales Kordinatensystem, in das sich Mensch und Maschine nur noch einzuklinken brauchen.

Gerteis’ Kollegin, Vermessungstechnikerin Eva-Maria Vogelbacher, hat zudem am Mauerwerk des Doms kleine Aufkleber mit Fadenkreuzen angebracht und eingemessen. Diese sind hinterher auch auf den Fotos zu sehen.

Eckhard Gerteis fotografiert die Mess-Abschnitte zwei Mal aus leicht versetzten Positionen. Dadurch ergibt sich bei der Auswertung der Bildpaare ein Stereo-Effekt. Dieser ist notwendig, um auf den Plänen die dritte Dimension darstellen zu können.

Bei der Auswertung der Stereobilder an einem Spezialgerät fährt Vogelbacher mit einem Lichtpunkt die Umrisse von Steinen, Metallteilen und unbeweglichen Objekten nach. Nur die Konturen erscheinen später auf dem vom Computer berechneten Querschnitt.

Der Dombesucher, der diesem Schauspiel beiwohnte, merkt sich zumindest eine Sache: Bevor die Restauratoren loslegen können, haben die Vermessungstechniker alle Hände voll zu tun.

Paavo Ondreka

© Annegret Burk