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„Auf einmal bist du ganz allein“
13.12.09

„Auf einmal bist du ganz allein“

Angebot von Stadt und Caritasverband Offenbach unterstützt alleinerziehende Frauen

Hier unterhält sich Fatma Akgül (links) mit Paula Kuhn, Leiterin des Vorleseprojekts „Botschafterinnen für das Kinderbuch“, das im Alleinerziehenden-Café gastierte. Foto: Paavo Ondreka

Von Paavo Ondreka

Offenbach. Erziehung, Beruf, alltägliche Sorgen – wer das alles alleine stemmen muss, ist froh über Hilfe von außen. Bei dem Angebot „Café und Mehr, ein Ort für alleinerziehende Frauen“, lernen Mütter, Wege aus der Isolation zu finden. Caritasverband und Stadt kooperieren bei dem Projekt.

Fatma Akgül ist froh, dass sie an diesem Tag den Weg in das Caritas- Café für alleinerziehende Frauen in Offenbach gefunden hat. Die 45-Jährige zieht ihren Sohn Celil-Basaran seit beinahe zehn Jahren allein groß. Die ständige Sorge um das finanzielle Auskommen und das Wohlergehen ihres Kindes haben die Mutter zermürbt. Seit fünf Jahren ist die ehemalige Kinderbetreuerin Früh-Rentnerin. Depressionen plagen sie. „Es gibt Tage, da will ich gar nicht raus“, sagt sie.

Akgül sitzt zusammen mit einem Dutzend weiteren Frauen in einem wohnzimmergroßen Raum im Hochparterre des Caritashauses St. Josef in Offenbach. Kaffee und Kuchen sind gratis, Kerzenlicht und Weihnachtssterne auf den Tischen verbreiten eine heimelige Atmosphäre.

„Die Frauen, die zu uns kommen, fühlen sich oft isoliert und wissen nicht, wo sie hingehen können“, sagt Projektleiterin Melanie Lediger vom Caritasverband Offenbach. Dies gelte besonders für alleinerziehende Migrantinnen, die häufig keine Familie oder Bekannten vor Ort haben, sagt die Sozialpädagogin.

Ihr Mann setzte sich ab, sie blieb allein zurück

Fatma Akgül kann das bestätigen. Vor zehn Jahren setzte sich ihr Mann in die Türkei ab. Als sich die Mutter dazu entschied, in Offenbach zu bleiben, fingen die Schwierigkeiten an: „Auf einmal bist du ganz allein.“ Auch wenn man sich häufig sage, „das schaffst du allein“, steht für sie fest: „Der Mensch braucht jemanden, nicht materiell, sondern vor allem seelisch.“

Um Menschen wie Fatma Akgül zu unterstützen, hat der Caritasverband Offenbach zusammen mit der Stadt Offenbach im Oktober dieses Jahres „Café und Mehr“, einen offenen Treff für alleinerziehende Frauen, ins Leben gerufen.

Alleinerziehende werden in Erziehungsfragen gestärkt

Dieses Projekt sowie 15 weitere über das Stadtgebiet verteilte Projekte sind Teil der städtischen Initiative „Stärken vor Ort“. Die Gelder für Angebote, die vor allem auf die sprachliche und berufliche Integration von Migrantinnen abzielen, stammen aus dem Europäischen Sozialfonds. Ziel des zwei Mal wöchentlich stattfindenden Treffs für alleinerziehende Frauen ist es, einen Austausch zwischen den Besucherinnen zu ermöglichen. Wenn es gewünscht wird, informieren die Caritas-Mitarbeiterinnen über weitere Beratungs- und Hilfsangebote.

Um die Alleinerziehenden in Erziehungsfragen zu stärken, hat der Caritasverband für die Besucherinnen des offenen Treffs zudem eine Themenreihe aufgelegt. „Kindern Grenzen setzen“ und „Wie bewältigen Kinder eine Trennung/Scheidung?“ waren zwei Informationsrunden überschrieben.

Besonders gut besucht war ein Vorleseprojekt der „Botschafterinnen für Kinderbücher“, das im Rahmen der Themen-Cafés stattfand. Bei dem vom Offenbacher Freiwilligenzentrum getragenen Projekt gehen Frauen auf eine mehrwöchige Lesereise.

Ähnlich wie beim Alleinerziehenden-Café des Caritasverbands sollen damit die Teilhabe-Möglichkeiten von Migrantinnen, Alleinerziehenden und Arbeitssuchenden an der Gesellschaft gestärkt werden. „Wir wollen die Frauen motivieren, sich über weitere Bildungsbausteine, etwa Sprachkurse, zu informieren“, sagt Paula Kuhn, Leiterin des Vorleseprojekts.

Vom Mut der Vorleserin sichtlich beeindruckt

Arife Yesilyourt, eine der Vorleserinnen, ist nach dem Auftritt im Alleinerziehenden-Café überglücklich. „Ich kann hier meine Deutschkenntnisse verbessern und ich habe Kontakt mit Leuten. Wenn das Projekt fortgesetzt wird, mache ich wieder mit.“

Und auch die alleinerziehende Mutter Fatma Agkül ist nach der Lesung vom Mut ihrer Landsfrau, vor Publikum in einer ihr nicht vertrauten Sprache vorzulesen, sichtlich beeindruckt. Ihrem Sohn, sagt Agkül, habe sie früher immer vorgelesen. Jetzt überlegt sie, ob sie bei dem Vorleseprojekt mitmachen soll. „Das wäre schön. Ich käme dann öfter raus“, sagt sie und beginnt in einem der Kinderbücher, die auf den Café-Tischen liegen, zu blättern.

Am 17. Dezember lädt der Caritasverband zum Themencafé unter dem Motto „Milchschnitte & Co. – Zahngesundheit bei Kindern“ ein. Beginn: 9.30 Uhr.

Zur Sache

Kraft im Alltag

Der Caritasverband Offenbach lädt alleinerziehende Frauen zwei Mal pro Woche ins Caritashaus St. Josef in die Kaiserstraße 69 nach Offenbach ein. Bei Kaffee und Kuchen können die Mütter Kraft für den Alltag schöpfen und sich miteinander austauschen. Das Angebot, das auch Kinderbetreuung umfasst, ist kostenlos.

„Café und Mehr“ hat dienstags zwischen 15 und 17 Uhr sowie donnerstags zwischen 9.30 und 11.30 Uhr geöffnet.

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