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Spüren lassen: Hier wirst Du gebraucht
03.01.10

Spüren lassen: Hier wirst Du gebraucht

Warum werden die ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Kirche immer wichtiger? – Fragen an den Vorsitzenden des Katholikenrats Richard Pfeifer

 

Ausgabe 1 vom 3. Januar

St.-Ulrich-Kirche in Hünfeld: Vor einigen Wochen wurden diese Jugendlichen von Bischof Algermissen gefirmt. Werden sie sich gewinnen lassen, Aufgaben in ihrer Kirchengemeinde zu übernehmen? Foto: Uli Beinhauer

Richard Pfeifer Foto: privat

Ohne ehrenamtliche Mitarbeiter in der Kirche läuft es nicht rund, sagt Richard Pfeifer. Darum wird der Katholikenrat im Jahr 2010 das Thema „Ehrenamt“ besonders in den Blick nehmen. Dietmar Kuschel hat beim Vorsitzenden des Laiengremiums nachgefragt.

Herr Pfeifer, ehrenamtliche Mitarbeiter in Gemeinden und kirchlichen Verbänden gab es doch schon immer. Warum werden sie immer wichtiger?

„Schon immer“ ist sehr weit gefasst, ich möchte diesen Zeitraum auf die letzten 50 Jahre beschränken. Vor dem Konzil beschränkte sich ehrenamtliche Mitarbeit weitestgehend auf praktische Tätigkeiten, wie Küster-, beziehungsweise Hausmeisterdienste oder die Mitarbeit im Kirchenvorstand. Da war unsere Kirche noch Volkskirche und wirkte kraft Amtes in die Gesellschaft.

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) erhielten die ehrenamtlichen Laien Mitverantwortung, an der Sendung der Kirche mitzuwirken. Inzwischen suchen sich die Menschen aus dem übergroßen Angebot an Religionen, Pseudoreligionen, Sekten und Weltanschauungen heraus, was ihnen am besten zusagt. Da ist es wichtig, dass die Menschen durch glaubwürdige Beispiele in ihrem persönlichen Umfeld erfahren, welche segensreiche Wirkung der Glaube an Jesus Christus und die Angebote unserer Kirche für den Einzelnen haben. In diesem Sinne wirken Laien durch gelebtes Christsein auf vielfältige Weise in unserer Gesellschaft. Kirchlich Ehrenamtliche bezeugen durch ihr Engagement ihren Glauben, sie sind dadurch Multiplikatoren ihres Glaubens – man kann auch sagen Missionarinnen und Missionare. Solch ein Bekenntnis wird für die Zukunft unserer Kirche immer wichtiger.

Wo sehen Sie vom Katholikenrat einen besonderen Bedarf an ehrenamtlichen Mitarbeitern?

Ich möchte da nichts bevorzugen. Ehrenamtliche Mitarbeit wird auf allen Feldern unseres kirchlichen Wirkens gebraucht. Wir müssen möglichst allen Talenten ein Betätigungsfeld anbieten, wenn sie im Weinberg des Herrn arbeiten möchten.

Nicht immer klappt die Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen reibungslos. Was ist da zu tun?

Wo Menschen zusammenarbeiten gibt es leider auch immer Meinungsverschiedenheiten, die sich sogar zu Konflikten entwickeln können. Wichtig ist, dass bei solchen Meinungsverschiedenheiten keine Verletzungen geschehen – dies sollte unter Christen eigentlich selbstverständlich sein. Solche Konflikte sind auch immer eine sehr gute Chance, die eigene Position zu überprüfen und einen gemeinsamen Lösungsweg zu finden.

Wenn es ganz schwierig wird, sollte man sich an die Schlichtungsstelle unseres Bistums wenden. Sie ist mit Priestern und Ehrenamtlichen besetzt.

Sie sprechen häufig von Zeichen der Wertschätzung. Was meinen Sie damit?

Die Menschen können heute aus einem Überangebot an ehrenamtlichen Aufgaben wählen, was ihren Neigungen entspricht oder was ihnen wichtig ist, sei es im Sport, in der Politik, im kulturellen Bereich oder bei außerkirchlichen Sozialeinrichtungen. Ein ganz wichtiges Entscheidungskriterium ist, ob und wie ihr Einsatz eine entsprechende Wertschätzung erfährt. Ehrenamtliche engagieren sich dort, wo sie spüren, hier werde ich gebraucht, hier will man meine Mitarbeit und hier kann ich auch meine Erfahrung einbringen. Die Betonung liegt auf dem „Spüren“, Menschen registrieren das Gewolltsein sehr sensibel. Plakative Äußerungen reichen dazu nicht aus!

Wie lässt sich das „Klima“ in einer Gemeinschaft verbessern?

Das Klima einer Gemeinschaft wird bestimmt durch permanente Offenheit, Ehrlichkeit, Fairness, gegenseitigem Respekt und dem Zulassen anderer Meinungen. Dieses Klima basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Vertrauen kann man bekanntlich nicht verordnen, es muss mühsam erworben und stetig gepflegt werden.

Dies gilt insbesondere für junge Menschen, die bezüglich des Klimas in einer Gemeinschaft oder Gruppe überaus sensibel sind. Dieses wahrgenommene Klima ist dann das Kriterium, ob man sich in dieser Gemeinschaft oder Gruppe ehrenamtlich engagiert.

Ist es sinnvoll, Menschen zu suchen, die nur eine begrenzte Zeit ehrenamtlich mitarbeiten?

Es ist unumgänglich und auch kein Problem, wenn Ehrenamtliche „nur“ für ein Projekt oder eine zeitlich begrenzte Aufgabe mitarbeiten. Ich sehe darin den Vorteil, dass sich damit insbesondere junge Menschen mit neuen Ideen gewinnen lassen, die dann auch sehr motiviert Aufgaben übernehmen.

Können ehrenamtliche Mitarbeiter hauptamtliche ersetzen?

Wenn es darum geht, Wortgottesdienste zu leiten, den Rosenkranz vorzubeten, Kranke zu besuchen, Messdienerstunden oder Kinder- beziehungsweise Jugendgruppen zu leiten, Erstkommunionkinder oder Firmlinge vorzubereiten, dann kann dies sehr wohl von Ehrenamtlichen übernommen werden.

Die Verwaltung einer Pfarrgemeinde kann auf jeden Fall ehrenamtlich geleistet werden, damit darf man heute eigentlich keinen Priester mehr von seinen seelsorglichen Aufgaben fernhalten.

Die Feier der Eucharistie und das Spenden von Sakramenten sind nach wie vor unseren hauptamtlichen Priestern vorbehalten. Ich sehe unsere Priester als persönlich von Gott Berufene, die unseren Glauben kraftvoll vorleben, die ihre Gemeinden zusammenhalten und unserem Glauben, zusammen mit den haupt- und ehrenamtlich Engagierten, eine Zukunft geben.

Manche kirchlichen Verbände bilden ihre ehrenamtlichen Mitarbeiter umfassend aus. Ich nenne zwei Beispiele: der Sozialdienst katholischer Frauen und die Telefonseelsorge. Sollte diese Form der Ausbildung Schule machen?

Natürlich! Es gehört dazu, dass man auch die Ehrenamtlichen für ihre Aufgaben befähigt. Nur mit Kompetenz macht eine Aufgabe auch Freude und hat den zu erwartenden Erfolg. Unser Seelsorgeamt hat vor kurzem das Angebot an Fortbildungen für Ehrenamtliche im Bistum Fulda herausgegeben. Es ist ein sehr breites Angebot, auch in den einzelnen Regionen unseres Bistums, und ich wünsche mir, dass es von vielen angenommen wird.

Von den Verantwortlichen sollte geprüft werden, ob es wirklich notwendig ist, für die Kurse Gebühren zu erheben, stellen doch die Ehrenamtlichen für die jeweilige Fortbildung und ihr ehrenamtliches Engagement ihre Zeit, ihre Erfahrung und ihre Motivation kostenlos ihrer Kirche zur Verfügung.

Manche ehrenamtliche Mitarbeiter in der Kirche vermissen eine beständige Begleitung von hauptamtlichen Kräften. Wie bewerten Sie diese Klagen?

Alles Wirken für unseren Glauben und unsere Kirche kann letztlich nur in einem Team geschehen. Dies gilt für die Hauptamtlichen genauso wie für die Ehrenamtlichen. Nach meiner Erfahrung ist die Basis erfolgreicher Teamarbeit das gegenseitige Informieren und Abstimmen. In der Gemeinde findet dieses gegenseitige Vergewissern im Pfarrgemeinderat statt. Das ist der Platz, die einzelnen Projekte, Arbeitskreise und Aktivitäten in der Pfarrgemeinde zu begleiten und bei Problemen oder Fragen Lösungen zu finden. In der Kategorialseelsorge, zum Beispiel in der Krankenhausseelsorge, muss dies innerhalb dieses Seelsorgeteams geschehen.

Auch ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen brauchen eine sensible personelle und insbesondere eine seelsorgliche Begleitung sowie Raum und Zeit, wo sie für ihre Aufgaben Kraft tanken können. Die Seelsorge der sich für Glaube und Kirche einsetzenden Ehrenamtlichen sollte mit die vornehmste Aufgabe unserer Priester sein.

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