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Fürsorge gilt zuerst dem Opfer
07.03.10

Fürsorge gilt zuerst dem Opfer

Wie werden Vorwürfe sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Geistliche geprüft?

 

Ausgabe 10 vom 7. März

Anne Schmitz Foto: privat

Die bekannt gewordenen Fälle von sexuellem Missbrauch an Schülern in kirchlichen Einrichtungen bewegen sehr viele Menschen. Wie geht die Kirche vor, wenn einem Geistlichen oder einem kirchlichen Mitarbeiter vorgeworfen wird, einen Minderjährigen sexuell missbraucht zu haben? Fragen an Anne Schmitz. Die Diplom-Theologin ist seit dem 1. November 2003 Beauftragte der Diözese Fulda für die Prüfung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Geistliche oder kirchliche Mitarbeiter.

Was unternehmen Sie, Frau Schmitz, wenn Sie als Beauftragte erfahren: dem Geistlichen X oder dem kirchlichen Mitarbeiter Y wird vorgeworfen, sich an einem Kind oder Jugendlichen sexuell vergangen zu haben?

Die Fürsorge der Kirche gilt zuallererst dem Opfer. Daher ist in jedem Fall erst einmal sicherzustellen, dass das mögliche Opfer und der mögliche Täter getrennt werden. Es wird Sorge getragen, dass ein Verdächtigter nicht weiterhin mit einem Opfer in der Pfarrei, in der Jugendarbeit, im Religionsunterricht oder sonst wo zusammentrifft, also das Opfer vor eventuell weiteren Übergriffen geschützt wird. Danach wird in ersten Gesprächen mit den Betroffenen ausgelotet, was an diesem Verdachtsfall de facto dran ist. Danach wird die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es ist mir in diesem Zusammenhang wichtig, an die Unschuldsvermutung zu erinnern. Sie gilt, unabhängig von allen zu ergreifenden Maßnahmen so lange, bis das Gegenteil erwiesen ist. Denn wir machen auch die Erfahrung, dass an sehr emotional vorgetragenen Verdachtsfällen nichts dran ist und ein Geistlicher oder kirchlicher Mitarbeiter umfassend rehabilitiert wird.

Sie als Beauftragte haben einen Arbeitsstab mit Fachleuten zur Seite. Wer arbeitet mit?

Es sind Fachleute aus dem psychologischen, sozialpädagogischen, juristischen und moraltheologischen Kontext. Es sind also alle Fachrichtungen vertreten, die die notwendigen Kompetenzen einbringen und aus ihrem Focus heraus wichtige Hinweise liefern. Sie stehen mir beratend zur Seite.

In welcher Weise hilft die Kirche den Opfern?

Üblicherweise ist es eine psychotherapeutische Hilfe, die die Kirche vermittelt. Daneben gibt es Gesprächsangebote, die auch in einen ganzen Gesprächsprozess münden können. Ganz wichtig ist den Betroffenen daneben eine Entschuldigung, die das Vergehen klar benennt und die Verletzungen des Opfers wahr- und ernst nimmt.

Auch im Fall dieser besonders verwerflichen Straftaten gilt sicher das Wort: Vorbeugen ist besser als heilen. Wie wird im Bistum vorgebeugt, um einen Missbrauch möglichst zu verhindern?

Mit der Einführung der Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz im Jahr 2002 hat auch die Prävention eine neue Gewichtung erfahren. Sie wird in der Diözese Fulda regelmäßig in der Priesterausbildung während des Pastoralkurses zum Inhalt gemacht. Da geht es etwa darum, ein wirklich angemessenes und gutes Verhalten Kindern und Jugendlichen gegenüber bewusst zu machen, ohne dabei in eine ungesunde Distanz zu geraten.

Das Thema Missbrauch und dessen Prävention ist aber auch Gegenstand in anderen kirchlichen Gremien und Räten und in der Jugendarbeit. Auch das Schutzkonzept gegen Kindeswohlgefährdung für Kindertageseinrichtungen im Bistum Fulda ist ein wichtiger Baustein in der Prävention und geht weit über die gesetzliche Verpflichtung hinaus.

Die vielen Priester und andere kirchliche Mitarbeiter, die gut und zuverlässig ihren Dienst tun, könnten jetzt unter einen Generalverdacht geraten ...

Diese Gefahr besteht in der Tat, und manche Polemik aus den Medien heizt diesen Generalverdacht noch ein. Das ist eine fatale Entwicklung. Denn die allermeisten Priester und kirchlichen Mitarbeiter versehen ihren Dienst äußerst zuverlässig und sind ebenso entsetzt über die jetzt bekannt gewordenen Vorfälle. Sie pauschal mit Vorurteilen zu belegen, ist unfair und diffamierend. Glaubt man den publizierten statistischen Zahlen, sind kirchliche Mitarbeiter, ob Priester oder Laien, im Vergleich zu anderen Berufsgruppen, gering betroffen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die katholische Kirche die Institution ist, die sich den Anschuldigungen wirklich offen stellt.

Interview: Dietmar Kuschel

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