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Überzeugte bringen Kirche weiter
27.06.10

Überzeugte bringen Kirche weiter

Mainzer Pastoraltheologe Pater Sievernich sprach vor über 170 Geistlichen – Priestertag in Fulda

 

Ausgabe 26 vom 27. Juni

Aussprache nach dem Vortrag: Professor Sievernich (rechts) und Generalvikar Stanke (links) vor 170 Geistlichen im Fuldaer Stadtsaal. Fotos (3): Uli Beinhauer

Nicht ohne Humor: Professor Sievernich (links) bringt Generalvikar Stanke zum Lachen und die Zuhörer im Saal.

Pause: Die Möglichkeit der Begegnung für die Geistlichen ist ein wesentlicher Bestandteil des Priestertags, der alljährlich stattfindet.

Fulda (dk). Obwohl die Kirche in der Bevölkerung rapide an Ansehen zu verlieren scheint, malte der Referent nicht schwarz vor 170 Geistlichen im Fuldaer Stadtsaal.

Professor Michael Sievernich rief die Seelsorger dazu auf, „eine neue Aufmerksamkeit für die Gaben der einzelnen Personen“ zu entwickeln, um die vorhandenen humanen und spirituellen Schätze ins Spiel zu bringen. Der Mainzer Professor für Pastoraltheologie sieht eine „einmalige Chance, einen Prozess der Reform in Gang zu setzen, der auch eine spirituelle Erneuerung beinhaltet und die passiven Mitglieder mit ihren Talenten ernst nimmt und vor ihre Verantwortung stellt.“ Der Jesuitenpater legte in seinem Vortrag über die „Neuevangelisierung in der späten Moderne“ dar, dass die Kirche für ihren missionarischen Auftrag den zeitgenössischen Zusammenhang sehen müsse, da ihre Symbole und Gesten „nicht mehr ohne weiteres“ verstanden würden.

Neue religiöse Landschaft herausgebildet

Nach Sievernich hat sich eine neue religiöse Landschaft dadurch herausgebildet, dass die kirchenbezogene Religiosität zurückgegangen ist. Es gebe aber auch eine gegenläufige Tendenz einer „religiösen Revitalisierung“. Neue Religionsformen seien oft auf unmittelbare Lebensbedürfnisse zugeschnitten, die aber „nicht mehr am moralischen Kanon des Christentums orientiert“ seien.

Pater Alfred Delp habe bereits 1941 festgestellt: im „Missionsland Deutschland“ sei eine neue Inkulturation erforderlich. In der religiösen Landschaft seien „neue Phänomene und Figuren“ aufgetaucht. Eines der genannten Beispiele Sievernichs: die Entstehung neuer christlicher Gruppierungen außerhalb des klassischen Pfarreimodells. Die Jugend, „der eigentliche Schatz der Gesellschaft und der Kirche“, weise neue Einstellungen auf, die eine zunehmende Familienorientierung und mehrheitlich konfessionelle Bindung ebenso beinhalteten wie eine überraschende Kirchenakzeptanz. Viele Jugendlichen meinten, die Kirche müsse sich ändern, wenn sie eine Zukunft haben wolle. Die Kirche habe oft keine Antworten auf ihre Fragen.

Neben den „klassischen Typus des praktizierenden Katholiken“ seien neue „Figuren“ getreten. Professor Sievernich charakterisierte sie. Da sei der „Bastler“, der sich auf verschiedene Art mit Teilaspekten – emotional, kulturell, humanitär, politisch, humanistisch oder ästhetisch – des Christentums identifiziere. „Diese sechs Typen der religiösen Zugehörigkeit geben ein hilfreiches Instrument der Wahrnehmung und Deutung an die Hand, um die heutige junge Generation besser zu verstehen“, zeigte sich der Referent überzeugt. Die Figur des „Pilgers“ pflege eine mobil, autonom, freiwillig, individuell geprägte religiöse Kultur.

Seelsorge für Fernstehende und Ungläubige

Als weiteren Typ charakterisierte er den „Konvertiten“, der in der Kirche eine neue Heimat suche beziehungsweise zu ihr zurückkehre. All dies mache deutlich, dass die zukünftige Sozialform des Christentums diversifiziert (ausgefächert) werden müsse. Eine „neue evangelisierende Pastoral“ müsse sich diesem Umfeld anpassen, also nicht nur die klassische, sondern auch die Seelsorge an Fernstehenden, Nichtpraktizierenden und Un- beziehungsweise Halbgläubigen betreiben.

Generalvikar Gerhard Stanke ging in seiner Begrüßung der in der Orangerie versammelten Geistlichen auf die Herausforderungen an die Kirche ein. Er erinnerte an den vom Bischof von den Gemeinden erbetenen „Brief der Hoffnung“. Besonders begrüßte Stanke die diesjährigen Jubilare unter den Geistlichen sowie die aus dem Bistum Fulda stammenden Missionare, die neugeweihten Priester und Diakone und die Pensionäre.

Zitiert

„Wer dem Zeitgeist nachläuft, ist schnell Witwe.“
„Schönheit ist ein Weg zu Gott.“
„Exorzismus ist: Beten auf Teufel komm raus.“
Professor Michael Sievernich

Zur Sache

Priester zu „neuer Demut gerufen“

Die Zahl der Gläubigen in der katholischen Kirche sei kleiner geworden und werde es in Zukunft noch deutlicher sein, auch dadurch, dass Menschen enttäuscht die Kirche verließen. Davon zeigte sich Bischof Algermissen im Dom überzeugt. Er dankte den über 170 Priestern und Diakonen für ihre Bereitschaft, Jesus Christus zu suchen und ihn „in ihrer Mitte wohnen zu lassen“ sowie die Menschen immer wieder zu dieser Mitte mit hinzuziehen. Nur überzeugte Priester könnten die Kirche weiterbringen, wie Papst Benedikt XVI. zum Ende des Priesterjahrs in Rom betont habe. Macht und Einfluss der Kirche hätten abgenommen, und die Priester seien „zu neuer Demut gerufen“. Nichts sei schlimmer in der Kirche als „laue, graue und kraftlose Mittelmäßigkeit“, insbesondere bei Amtsträgern, mahnte der Bischof. „Die Mitte unseres Glaubens ist kein kleinster gemeinsamer Nenner, den irgendwie die meisten noch mitmachen können, sondern eine Fülle, die es immer neu zu ermessen gilt.“ In der Eucharistie versammle der Priester die Menschen zur Mitte und lasse Christus in ihr Innerstes gelangen; im Bußsakrament trage er dazu bei, dass Menschen mit sich und Gott ins Reine kämen; in der Krankensalbung richte er wie Jesus den Kranken im Herzen wieder auf.

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