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Vater unser für den Frieden
31.10.10

Vater unser für den Frieden

Bischof Algermissen pilgert mit Dechanten nach Israel – Babywäsche für Kinder in Bethlehem

 

Ausgabe 44 vom 31. Oktober

Vor dem Kinderkrankenhaus in Bethlehem: Markus Blümel, Mario Kawollek, Christof Steinert, Stefan Buß, Markus Günther, Thomas Maleja, Jörg-Stefan Schütz, Dr. Marzouqa, Andreas Weber, Heinz Josef Algermissen, Harald Fischer, Dr. Schweitzer, Franz Langstein, Gerhard Stanke, Winfried Hahner, Karlheinz Diez, Rudolf Hofmann, Bernhard Klatt, Dagobert Vonderau und Christian Sack (von links).

Kein Baum spendet Schatten: Mitglieder der Pilgergruppe wandern durch die Wüste Juda. Fotos (3): privat

Vaterunser-Kirche auf dem Ölberg in Jerusalem.

Sie gingen durch die Wüste Juda und am See Genezareth entlang, aßen mit einer palästinensischen Familie zu Abend. Dechanten und ihre Stellvetreter pilgerten mit Bischof Heinz Josef Algermissen ins Heilige Land. Dechant Markus Blümel (Dekanat Hünfeld – Geisa) hat seine Eindrücke aufgeschrieben.

Am Tag der Abreise bat mich unser Bischof am Frankfurter Flughafen, den Reisebericht zur Pilgerfahrt zu schreiben. Da kam mir der Gedanke, dies anhand jenes Gebetes zu tun, das uns der Herr mit dem Blick auf die Stadt Jerusalem zu beten lehrte (Lukas 11, 1 – 4)

Der Weg durch Israel ist ein Hinkommen zu den Wurzeln, es ist die Begegnung mit dem lebendigen Gott. Dechant Harald Fischer aus Kassel betonte jene „Verheutigung“ der heiligen Schrift, die ganz konkret das „Jetzt“ im Blick behält. Fischer plante und organisierte mit Pfarrer Thomas Maleja (stellvertretender Dechant des Dekanats Neuhof-Großenlüder) die Fahrt. Mit den Dechanten unterwegs waren Weihbischof Karlheinz Diez, Generalvikar Gerhard Stanke, Prälat Rudolf Hofmann und Monsignore Christof Steinert.

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name

Steht man inmitten der jüdischen Beter an deren heiligster Stätte, der Westmauer des Tempels von Jerusalem, so kann man die Verehrung nachvollziehen, die seit Jahrtausenden Jahwe, dem Gott des Volkes Israel zuteil wird. Das „Schma Israel“ – „Höre Israel“ (Deuteronomium 6, 4 – 5) ist das Gebet, welches von manchen orthodoxen Juden in kleinen Kästchen auf der Stirn getragen wird. Es ist die beständige Erinnerung an die Gegenwart des Schöpfergottes.

Als Ort des Gebets ist dieser Teil Jerusalems die bildhafte und konkrete Konfrontation mit den großen monotheisten Weltreligionen. Dies wird deutlich, wenn zu gleicher Zeit Juden an der Klagemauer stehen, Moslems sich in der Al–Aqsa–Moschee zum Mittagsgebet versammeln und Christen hier das Wirken Jesu betrachten.

Nicht ohne Spannung bleibt diese Tatsache. Davon erfuhren wir am ersten Tag im Gespräch mit Abt Benedikt Lindemann, der dem Konvent der Benediktiner auf dem Zionsberg vorsteht. So gering der Abstand zwischen Tempelplatz und Klagemauer ist, so breit und unüberwindlich scheint der Graben, der augenblicklich Israelis und Palästinenser voneinander trennt. „Betet für den Frieden im Heiligen Land“, war der eindringliche Wunsch des Abtes zum Abschluss unseres Besuches auf dem Zion. Ein Palästinenser und ein Israeli, Mitglieder der Friedensbewegung „competence of peace“ berichteten uns von ihren Bemühungen um Verständigung und Frieden. Deutlich wurde die Resignation und Enttäuschung bei deren wertvollen Bemühungen.

Dein Reich komme, dein Wille geschehe

Mit dem Besuch der Verkündigungskirche in Nazareth sowie den Hirtenfeldern und der Geburtskirche in Bethlehem wird für uns als Christen deutlich, dass Gott Wort hält (Johannes 1,1-3) und mit der Menschwerdung Jesu ein berührbares und verlässliches Zeichen seiner Nähe schenkt. Um heute zum „Stern von Bethlehem“, jener Stelle in der Kirche, die mit dem Ort der Geburt des Herrn in Verbindung gebracht wird, zu gelangen, muss der Besucher zunächst eine hohe Absperrmauer passieren. Was es bedeutet dahinter zu leben, wurde uns eindrücklich geschildert im Gespräch mit der Chefärztin des Kinderkrankenhauses von Bethlehem, Frau Dr. Hiyam Marzouqa. Ein sichtbares Zeichen unserer Verbundenheit mit der wichtigen Arbeit in diesem Krankenhaus setzte eine großzügige Spende von 50 000 Euro, die Dechant Harald Fischer zusammen mit Babywäsche und Süßigkeiten aus seiner Pfarrei überreichte. Zum Abendessen lud uns die einheimische christliche Familie Mukarker nach Beit Jala in ihre Wohnung ein. Die Beschreibung der Mutter über ihren persönlichen Lebensweg stimmte uns zutiefst nachdenklich.

Lebenswege sind oft Leidenswege. Vom Ölberg in Jerusalem, wo Jesus seine Jünger das Gebet des Herrn lehrte (Vaterunser-Kirche) und über die Bewohner der Stadt seine Tränen vergoss, führte uns das Evangelium in den Garten Getsemani. „Gat-shemanim“ heißt hebräisch: Ölkelter. „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, sprach der Herr an diesem Ort, bevor er der aufgebrachten Menge und seinen Peinigern ausgeliefert wurde.

Bischof Algermissen betete mit uns den Kreuzweg auf der Via Dolorosa. An deren sechster Station hatten wir bereits tags zuvor bei den Kleinen Schwestern die heilige Messe gefeiert. Dabei nahm Generalvikar Gerhard Stanke Bezug auf den Liebesdienst der heiligen Veronika. Das Antlitz Christi im Leidenden erkennen, sei Gabe und Aufgabe zugleich. „Gelebte Caritas gehört nicht nur zu den Grundvollzügen unserer Kirche, sondern ist Auftrag an jeden von uns ganz persönlich. Dem leidenden Christus Ansehen schenken, verkörpert das gereichte Schweißtuch im doppelten Wortsinn.“

Beim Besuch des Hügels Golgota in der Grabeskirche erahnt man die Vielfalt der christlichen Kirchen, von denen jede ein Stückchen dieses heiligen Ortes für sich beansprucht, um des Todes und der Auferstehung Jesu zu gedenken. Die Messe hier gehört zu den Höhepunkten jeder Pilgerreise.

Unser tägliches Brot gib uns heute

Das Gästehaus des deutschen Vereins vom heiligen Land in Tabgha war unsere Unterkunft für die Zeit in Galiläa. Es steht in unmittelbarer Nähe jener Stelle, an der Jesus die Hungrigen speiste. (Markus 6, 32 – 44) Tröstung und Zuversicht schenkte er der Menschenmenge mit den Seligpreisungen. (Matthäus 5, 1 – 12) Die Stelle der „Bergpredigt“ kennzeichnet heute eine Kapelle, die mit ihrer Kuppel und ihrem Kolonnaden-Umgang zu einem Teil der Landschaft geworden ist.

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir ver- geben unseren Schuldigern

Ein Besuch in Israel ist unbedingt verbunden mit einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad wa-Shem. Der hebräische Ausdruck bedeutet sinngemäß: Denkmal und Name. Dies wird zurückgeführt auf den Propheten Jesaja, wo es heißt: „Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals ausgetilgt wird.“ (56, 5) Die Erinnerung an den Tod von über sechs Millionen Juden in der Zeit der Nazidiktatur wird hier in beklemmender Weise wach gehalten. Das Fazit eines jeden Besuchers, der angesichts dieses Verbrechens nur noch schweigen kann, muss die Ablehnung jeder Art von Menschenverachtung und Gewalt sein.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen

Der Glaube fordert den Menschen heraus. Im wahrsten Sinne des Wortes muss man seine Begrenztheit verlassen, um frei und offen zu sein für das Wort Gottes und sein Heilshandeln unter uns. Der gemeinsame Weg in die Wüste Juda an den Rand des Wadi al Qelt lässt erahnen, in welch lebensfeindlicher Umgebung Menschen damals wie heute unterwegs sein können. Sich seiner Schwächen und Fehler bewusst zu sein und Erlösungsbedürftigkeit zu spüren, kann die Wüste schenken. Mit dem Blick auf den Berg der Versuchung Jesu und der Betrachtung des Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte“) hielten wir eine Zeit der Stille und des persönlichen Gebetes.

Gestärkt durch die geistlichen Impulse und Gottesdienste, zog unsere Gruppe ein Resümee: es ist notwendig, als demütige und die Anliegen der Menschen von Heute hörende Kirche auch weiter pilgernd unterwegs zu sein.

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